Will & Will
unbedingt.
vaterkomplex: wir müssen.
grauingrau: wahnsinn wahnsinn wahnsinn!
vaterkomplex: es wird also geschehen?
grauingrau: jetzt gibt es kein zurück mehr.
vaterkomplex: ich bin so aufgeregt …
grauingrau: und ängstlich
vaterkomplex: … und ängstlich
grauingrau: … aber vor allem aufgeregt?
vaterkomplex: aber vor allem aufgeregt.
es wird geschehen. ich weiß, es wird geschehen.
zu meiner großen freude, zu meinem großen schrecken, machen wir ein datum aus.
freitag. in sechs tagen.
nur noch sechs tage.
in sechs tagen wird mein leben vielleicht endlich richtig anfangen.
das ist so krass.
und das krasseste daran ist: ich bin so aufgeregt, dass ich am liebsten sofort isaac davon erzählen möchte. obwohl er der einzige mensch ist, der bereits weiß, was sich da endlich ereignet hat. nicht maura, nicht simon, nicht derek, nicht meiner mutter – niemandem in der ganzen weiten welt, nur
isaac. er ist die quelle meines glücks und zugleich derjenige, mit dem ich dieses glück teilen möchte.
ich kann gar nicht anders, ich muss daran glauben, dass das ein zeichen ist.
Fünftes Kapitel
Es ist eines von den Wochenenden, an denen ich das Haus nicht verlasse, außer um mit Mom zum Einkaufen zu fahren. Normalerweise hab ich nichts gegen solche Wochenenden, aber diesmal hoffe ich insgeheim, dass vielleicht Tiny Cooper und/oder Jane anrufen und ich einen Anlass habe, meinen neuen Ausweis zu benutzen, den ich im Regal zwischen den Buchseiten von Verführung versteckt habe. Aber keiner ruft an, weder Tiny noch Jane, sie sind noch nicht einmal online, und draußen ist es kälter als ein nackter Affenarsch am Nordpol, deshalb bleib ich einfach nur zu Hause und hole meine Hausaufgaben nach. Ich mach erst Mathe, und als ich damit fertg bin, sitze ich noch ungefähr drei Stunden lang vor dem Buch und versuche zu verstehen, was ich da eigentlich gerade gerechnet habe. Diese Sorte von Wochenende ist das – die Sorte Wochenende, an der du so viel Zeit hast, dass du die Fragen und Antworten so durchdringst, dass du anfängst, dich in die Ideen dahinter zu vertiefen.
Und dann, am Sonntagabend, als ich gerade vor dem Computer sitze, um nachzugucken, ob irgendwer online ist, taucht plötzlich der Kopf meines Vaters in meiner Tür auf. »Will«, sagt er, »hast du mal eine Sekunde Zeit, damit wir uns im Wohnzimmer unterhalten können?«
Ich fahre im Schreibtischstuhl herum und stehe auf. Mir wird etwas mulmig, denn das Wohnzimmer ist nicht immer ein Ort, an dem es viel zu lachen gibt. Dort wird einem erzählt, dass es den Weihnachtsmann nicht gibt, dort sterben
Großmütter, dort holt man sich das Stirnrunzeln wegen schlechter Schulnoten ab und dort bekommt man erklärt, dass der Brummi eines Mannes in die Garage einer Frau fährt und dann wieder rückwärts raus und dann wieder rein und so weiter, bis ein Ei befruchtet ist…
Mein Dad ist sehr groß und sehr dünn und sehr kahlköpfig und er hat lange dünne Finger, mit denen er auf die Armlehne unseres Sofas mit dem großen Blumenmuster klopft. Ich sitze ihm gegenüber in einem riesigen, viel zu dick gepolsterten, viel zu grünen Sessel. Das Fingerklopfen geht noch ungefähr vierunddreißig Jahre weiter, aber er sagt nichts, und dann sage ich schließlich: »Hallo, Dad.«
Er hat immer so eine steife, eindringliche Art zu reden, mein Dad. Er spricht mit einem, als müsste er einem mitteilen, dass man Krebs im Endstadium hat – was ja auch zu seinem Job gehört, das muss er da ziemlich oft machen, deshalb wundert es mich gar nicht. Er blickt mich also mit diesem intensiven, traurigen Krebs-im-Endstadium-Blick an und sagt: »Deine Mutter und ich machen uns Gedanken über deine Zukunft.«
Und ich sage: »Äh, ach so. Also, ich hab mir gedacht, dass ich heute früh ins Bett gehe. Und danach einfach weiter in die Schule. Nächsten Freitag will ich auf ein Konzert, das hab ich Mom schon gesagt.«
Er nickt. »Ja, aber danach.«
»Danach? Also, du meinst, aufs College gehen und einen Beruf haben und heiraten und dir Enkelkinder schenken und keine Drogen nehmen und glücklich bis ans Ende der Tage leben und all das?«
Er lächelt beinahe. Es ist extrem schwierig, meinen Vater zum Lächeln zu bringen. »Es gibt da eine Etappe in diesem gesamten Prozess, die deine Mutter und mich an diesem speziellen Punkt deines Lebens besonders interessiert.«
»Das College?«
»Das College«, sagt er.
»Da brauchst du dir erst nächstes Jahr Gedanken zu machen«,
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