Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Will & Will

Will & Will

Titel: Will & Will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Green , David Levithan
Vom Netzwerk:
einen davon treffen würde. Schließlich sagt er: »Ja.«
    »Du hast den Typen noch nie gesehen?«, sage ich.
    »Nein«, sagt er, »aber ich kenne ungefähr tausend Fotos von ihm.«
    »Er ist fünfundfünfzig«, sage ich in einem Tonfall, der keinen Zweifel zulässt. »Er ist ein Perverser. Lass dir das mal von Will zu Will gesagt sein: Dieser Isaac ist nie und nimmer der, für den du ihn hältst.«
    »Er ist wahrscheinlich nur – ich weiß nicht, vielleicht hat er ja im Bus einen anderen Isaac getroffen und ist irgendwo in einer anderen schrägen Parallelwelt hängen geblieben.«
    »Und warum hat er dir dann vorgeschlagen, dass ihr euch bei Frenchy’s treffen sollt?«
    »Gute Frage. Warum geht man in einen Sexshop?« Er wirft mir fast so was wie ein Grinsen zu.
    »Okay, Punkt für dich«, sage ich. »Ja, stimmt natürlich. Aber dahinter steckt eine ganze Geschichte.«
    Ich warte eine Sekunde, ob Will Grayson mich nach meiner Geschichte fragt, tut er aber nicht. Egal, ich erzähl sie ihm einfach. Ich erzähle ihm von Jane und Tiny Cooper und den Maybe Dead Cats und von »Annus Miribalis« und von der
Zahlenkombination von Janes Schließfach und von dem Copyshop-Typen, der nicht richtig lesen kann, und ab und zu kann ich ihm sogar ein Lachen entlocken, aber meistens schaut er nur zu Frenchy’s und wartet immer noch auf Isaac. Seiner Miene nach zu urteilen, wechselt seine Stimmung zwischen Hoffnung und Wut. Eigentlich hört er mir fast gar nicht zu, was aber ganz in Ordnung ist, weil ich meine Geschichte nur erzähle, um sie zu erzählen, und zwar einem Fremden, denn das ist der einzige sichere Weg, um über etwas zu reden, nämlich alles einem Fremden zu erzählen, und die ganze Zeit umklammere ich in meiner Hosentasche mein Handy, damit ich ganz sicher sein kann, den Vibrationsalarm zu spüren, falls jemand anruft.
    Und dann erzählt er mir von Isaac, dass sie seit einem Jahr miteinander befreundet sind und dass er ihn schon lang mal treffen wollte, denn in dem Vorort, in dem er wohnt, gibt es einfach niemanden wie Isaac, und mir dämmert ziemlich schnell, dass Will Grayson diesen Isaac nicht nur platonisch mag. »Also jetzt erklär mir mal, welcher perverse Fünfzigjährige so was machen würde«, sagt Will. »Welcher Perverse verbringt ein Jahr seines Lebens damit, mit mir im Internet endlose Gespräche zu führen und mir alles über sich zu erzählen, während ich ihm alles über mich erzähle? Nur dass bei ihm alles ein Fake ist und bei mir alles aufrichtig und wahr? Und wenn ein perverser Fünfzigjähriger so was tatsächlich tun sollte, warum taucht er dann nicht im Frenchy’s auf, um mich zu vergewaltigen und zu ermorden? Sogar in einer total unmöglichen Nacht ist so was total unmöglich.«
    Ich grüble eine Sekunde darüber nach. »Ich weiß es nicht«,
sage ich dann. »Menschen können schon verdammt seltsam sein, falls du das noch nicht bemerkt haben solltest.«
    »Ja.« Er blickt jetzt nicht mehr zu Frenchy’s, sondern stiert nur noch vor sich hin. Ich schiele zu ihm rüber und bin mir sicher, dass auch er zu mir rüberschielt, aber ansonsten schauen wir uns nicht an, sondern starren auf denselben Fleck Asphalt auf der Straße, während die Autos an uns vorbeifahren. Mein Gehirn versucht, das alles zu verarbeiten, versucht, den Sinn hinter den vielen Unwahrscheinlichkeiten und merkwürdigen Zufällen, die mich hierhergeführt haben, zu entdecken, hinter all dem Wahr-und-Falsch-Kuddelmuddel. Und so schweigen wir beide eine Weile, so lange, dass ich schließlich mein Handy aus der Tasche ziehe und draufgucke und sehe, dass tatsächlich niemand angerufen hat, und es zurückstecke. Da bemerke ich, dass Will seinen Kopf endlich vom dem Fleck Asphalt weg- und zu mir hindreht. Und er sagt: »Was, glaubst du, hat das zu bedeuten?«
    »Was?«, frage ich.
    »So viele Will Graysons gibt es auch wieder nicht«, sagt er. »Es muss was zu bedeuten haben, dass ein Will Grayson einem anderen Will Grayson in einem Sexshop begegnet, in dem beide Will Graysons nichts zu suchen haben.«
    »Willst du damit sagen, dass Gott die beiden minderjährigen Will Graysons aus dem Großraum Chicago zur selben Zeit zu Frenchy’s geführt hat?«
    »Nein, du Blödmann«, sagt er, »aber es muss doch irgendwas bedeuten.«
    »Ja«, sage ich. »Es fällt schwer, an solche Zufälle zu glauben, aber an etwas anderes zu glauben fällt mir noch schwerer.« Und genau in diesem Augenblick kommt Leben in mein
Handy, und während ich es aus

Weitere Kostenlose Bücher