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Will & Will

Will & Will

Titel: Will & Will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Green , David Levithan
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ganz so hab ich mir das schwul-sein nicht vorgestellt.
    zum glück schickt tiny mir ungefähr alle fünf minuten eine sms. keine ahnung, wie er das im unterricht hinkriegt, ohne dabei erwischt zu werden. vielleicht versteckt er das handy ja in seinen bauchfalten oder so was. wie auch immer, ich bin ihm jedenfalls total dankbar. denn es fällt schwer, das leben zu hassen, wenn einen jemand immer wieder aus dem sumpf herausreißt und dinge schreibt wie
     
    GLÜCKLICHE SCHWULE GRÜSSE! ICH DENK AN DICH
    oder
    ICH WILL DIR EINEN PULLI STRICKEN. WELCHE FARBE?
    oder
    HAB WAHRSCHEINLICH GRADE EINEN MATHE-TEST VERSAUT, WEIL ICH ZU VIEL AN DICH GEDACHT HAB
    oder
    WAS REIMT SICH AUF STÖSSCHEN?
    dann
    KOMM AUF MEIN SCHÖSSCHEN!
    dann
    ICH SPIEL MIT DIR!
    dann
    UNZUCHT IM VISIER
    dann
    VIEHZUCHT IM UNTIER
    dann
    JETZT IST ES 4 – DIE SZENE, IN DER OSCAR WILDES GEIST MICH IM TRAUM BESUCHT.
     
    ich kapier nur ungefähr die hälfte von dem, was tiny mir da dauernd schreibt, und normalerweise würde mich das wahnsinnig
machen. aber bei ihm ist mir das egal. vielleicht versteh ich es ja irgendwann besser. und wenn nicht, sich all dem einfach so hinzugeben, macht spaß. der große starke kerl verwandelt mich in einen softie. schon echt verrückt, irgendwie.
    und dann textet er mich mit allen möglichen fragen zu – wie es mir geht, was ich gerade mache und wann wir uns wiedersehen. ich muss automatisch wieder an isaac denken – mit ihm war es fast genauso. nur dass jetzt mit tiny die distanz fehlt. diesmal hab ich das gefühl, genau zu wissen, mit wem ich mich unterhalte. denn bei tiny, jedenfalls kommt es mir so vor, weiß man genau, woran man ist. er hält mit nichts hinter dem berg. so möchte ich auch gern sein. nur bitte ohne deswegen ungefähr dreihundert pfund zulegen zu müssen.
     
    nach dem unterricht fängt maura mich am schließfach ab.
     
    maura: simon hat erzählt, dass du dich geoutet hast. du bist jetzt offiziell schwul. und dass du in chicago ›jemanden kennengelernt‹ hast.
     
    ich schulde maura nichts. schon gar keine erklärung.
     
    maura: was läuft da ab, will? warum hast du ihm das erzählt?
     
    weil ich jemanden kennengelernt habe, maura.
     
    maura: sprich mit mir.
     
    niemals. ich werde die zugeschlagene tür meines schließfachs
für mich sprechen lassen. ich werde das geräusch meiner sich entfernenden schritte für mich sprechen lassen. ich werde die tatsache, dass ich mich nicht noch mal nach dir umdrehe, für mich sprechen lassen.
    merkst du jetzt, maura. du bist mir scheißegal.
     
    an diesem abend chatten tiny und ich vier stunden lang ununterbrochen. mom lässt mich in ruhe und erlaubt mir sogar, endlos lang aufzubleiben.
    jemand mit einem gefakten profil hinterlässt auf meiner myspace-seite einen kommentar, in dem er mich als schwuchtel beschimpft. ich glaube nicht, dass es maura ist. jemand anders aus der schule muss das mitgekriegt haben.
    als ich auf die ganzen nachrichten gucke, die ich gespeichert habe, sehe ich, dass isaacs gesicht durch ein graues kästchen
    mit einem roten x ersetzt worden ist.
    ›profil gelöscht‹, steht darunter.
    was er mir geschrieben hat, ist noch da, aber ihn selbst gibt es nicht mehr.
     
    am nächsten tag schauen mich ein paar leute in der schule merkwürdig an, und ich wüsste gern, ob es wohl noch zu rekonstruieren ist, über wie viele ecken der klatsch von derek oder simon schließlich bei dem hochaufgeschossenen, rotznasigen kerl gelandet ist, der mich gerade anstarrt. kann aber genauso gut sein, dass er mich schon immer so angestarrt hat und ich es nur nicht bemerkt habe. aber eigentlich sollte mir das auch scheißegal sein.
     
    maura lässt sich nicht blicken, aber vermutlich plant sie ihren
nächsten vorstoß. ich würde ihr am liebsten sagen, dass es den aufwand nicht lohnt. vielleicht sollte unsere freundschaft einfach nicht länger als ein jahr dauern. vielleicht reichte das, was uns zueinander hingezogen hatte – die trauer, die düsternis, der sarkasmus – für eine tiefere verbindung nicht aus. das verrückte daran ist, dass ich isaac vermisse, aber nicht sie. obwohl ich weiß, dass sie isaac war. nichts von all unseren gesprächen zählt mehr. es tut mir aufrichtig leid, dass sie zu so kranken mitteln zuflucht nehmen musste, um von mir endlich die wahrheit zu erfahren – wahrscheinlich wären wir jetzt miteinander besser dran, wenn wir niemals befreundet gewesen wären. ich werde nichts unternehmen, um sie zu bestrafen – ich

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