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Willenlos

Willenlos

Titel: Willenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erwin Kohl
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Dunkelheit in sein Bewusstsein trat. Sah den zögernden Blick, die schwermütige Langsamkeit, mit der List den Flachmann an den Mund geführt hatte, spürte den hämmernden Schlag seines Herzens. Es war äußerst riskant gewesen, die doppelte Menge zu geben, aber es blieb keine Zeit, Danzers Auto stand schon auf dem Parkplatz. 30 Minuten joggte er. Jeden Tag, immer um dieselbe Zeit. Danach folgten Dehnübungen an der Bank in der Nähe des Parkplatzes, jeden Tag, außer am Wochenende. Noch acht Minuten verblieben, kleine kalte Perlen hatten sich auf seiner Stirn gesammelt. Lists Körper erwies sich als robust, er wankte, fiel aber nicht. Nach drei Minuten war der Richter wieder in Trance. Noch ein letzter Test. Er hatte ihm befohlen, die Hose zu öffnen und seinen Schwanz herauszuholen. Der hochangesehene Richter war der Anweisung wie selbstverständlich gefolgt.
    Geübt hatte er die Aktion zum Glück schon vorher. Viermal hatte der Richter benötigt, um den Kopf schnell genug nach hinten zu reißen und den Kugelschreiber mit dem nötigen Druck und der Geschwindigkeit an seiner Kehle entlangzuführen. Das musste reichen, selbst Hornbach, dieses Weichei, hatte es begriffen. Wenn auch erst beim sechsten Versuch.
     
    »Ich habe dir bereits ein Dutzend Mal gesagt, wie gefährlich es ist.«
    Auf der Stirn des älteren Mannes formten sich Zornesfalten.
    »Ist nichts passiert.«
    Er zuckte zusammen, als sein Gegenüber mit der flachen Hand auf den Tisch schlug. Die Gläser mit dem fruchtigen Rotwein wackelten bedenklich.
    »Du verdammter Idiot! Wenn der draufgegangen wäre, hätte es eine Obduktion gegeben. Was das bedeutet, brauche ich wohl nicht näher auszuführen. Dieser verdammte Versager gehört in den Knast. Du hast versprochen, das zu regeln. Dafür erwartet dich eine fürstliche Belohnung, hast du das vergessen?«
    »Nein.«
    Wie könnte er das vergessen, diesen Traum, den er bereits aufgegeben hatte. Für den er teuer bezahlen musste, der ihm aber bis an das Ende seiner Tage ein Leben an der Sonnenseite versprach.
    »Dann streng dich gefälligst an!«
    Er biss sich auf die Lippen. Er brauchte ihn und sein Teufelszeug. Noch einmal. Eine Chance gab es noch. Danach müsste auch der einfältigste Bulle die Serie erkennen. Verärgert dachte er zurück. Er hatte alle Zeitungsartikel aufgehoben, obwohl er sie spätestens nach dem Fall Dahlmann am liebsten vor Wut zerrissen hätte. Sie glaubten tatsächlich an Einzeltaten, obwohl er sich solche Mühe gegeben hatte. Wie hatte er die Polizei derart überschätzen können? Der Abstand zwischen Rieger und Dahlmann war einfach zu lang, das war nicht eingeplant. Er hatte damals noch geglaubt, den Bullen würde ein Blick in irgendeine Datenbank reichen, um den Zusammenhang zu erkennen.
    Die Vorgehensweise ändern, würde bedeuten, alles zu gefährden. Beim nächsten Mal mussten sie es einfach sehen, das Risiko wurde immer größer, drohte ihm mit seinen mächtigen Klauen.
     
     

33
    Blitze zuckten im Minutentakt, die Scheibenwischer kämpften fast chancenlos gegen die Wassermassen an, schaufelten sie literweise von der Scheibe, ohne dass die Sicht spürbar besser wurde. Daniel hatte das Kinn auf die Brust gelegt und schwieg. Als Joshua seinen Kollegen vor wenigen Minuten abgeholt hatte, waren die Folgen der temperamentvollen Beschäftigung der Kinder vom Vortag noch deutlich erkennbar gewesen. Melissas Körpersprache war ein einziges, sichtbares Schuldgefühl. Joshua fand keine Erklärung dafür, aber in diesem Moment hatte er gehofft, dass ihre Beziehung die stürmische Anfangsphase überstehen würde. Seit er Melissa kannte, war Daniel nicht mehr so steif und umständlich. Es kam Joshua vor, als habe Melissa ihn mit ihren Kindern mitten ins Leben gestoßen.
    »Kopf hoch, Alter. Das überstehst du.«
    Behäbig drehte Daniel den Kopf, sah Joshua mit herunterhängenden Mundwinkeln an.
    »Mit zwei Rabauken in dem Alter kauft man sich keine teure Glasvitrine, das lernst du auch noch.«
    »Du hast gut reden, hast ja keine Vitrine.«
    »Das nicht. Dafür hat David mit sechs Jahren herausgefunden, wie schön Stones-LPs im Garten fliegen. Besonders elegant flogen die seltenen Liveaufnahmen.«
    Daniel wurde lockerer, nickte zustimmend.
    »Muss mich wohl erst daran gewöhnen …«, er zögerte, »ist nicht leicht.«
     
    Im Büro angekommen, war von ihren Schreibtischen wenig zu sehen. Meterhoch türmten sich Akten. Ein Praktikant stieß Joshua die Tür in den Rücken. Mit

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