Willenlos
gelegentlich bei schweren Schlafstörungen eingesetzt.«
Fluchend schmiss Daniel das Telefon auf den Schreibtisch.
»Möchte wissen, wann diese Handwerker endlich mit der Arbeit anfangen.«
Karin und Joshua tauschten einen Blick, sie hatten Daniel selten so aufgebracht erlebt.
»Letzten Samstag wollte Melissa mit den Kindern in die neue Wohnung ziehen«, klärte Daniel die Kollegen, mittlerweile gelassener, auf.
»Das neue Badezimmer sollte längst fertig sein. Stattdessen gab’s einen Wasserrohrbruch. Jetzt muss alles neu verlegt werden, vorgestern sollte die Wohnung endlich bezugsfertig sein. Pustekuchen – die Firma bekommt das Material nicht.«
»Ziehen sie halt später ein.«
Karin konnte die Aufregung des Kollegen nicht verstehen.
»Ging nicht, die alte Wohnung ist schon bezogen.«
»Du hast doch eine Riesenwohnung«, schmunzelte Joshua. Karin pflichtete ihm bei.
»Da wohnen sie auch jetzt. Aber es ist nicht einfach«, Daniel wurde verlegen, »Melissa hilft nachmittags in einem Café aus, na ja … die Jungen sind richtige Rabauken.«
Joshua musste sich ein Lachen verkneifen. Daniels Wohnung erweckte jederzeit den Eindruck, als habe sich kurz zuvor eine sechsköpfige Putzkolonne darin ausgetobt. Alles hatte eine übergründliche Ordnung. Während einer Krise mit Janine hatte Joshua mal einige Tage dort übernachtet. Daniel war stinksauer aufgrund eines Wasserfleckens auf dem Sofa gewesen, den Joshua nicht beseitigt hatte.
»Auf dem Sessel im Wohnzimmer prangt seit gestern so ein großer Schokoladenfleck.«
Daniel bildete mit Daumen und Zeigefinger einen Kreis von der Größe eines Zehncentstücks, es hörte sich aber an, als habe der Fleck die Ausmaße einer mittleren Pizza.
»Ich habe mir heute Morgen im Internet einen Spezialreiniger bestellt, hoffentlich bekomme ich ihn damit heraus.«
»Du tust mir richtig leid«, spöttelte Joshua auf dem Weg zum Konferenzraum.
Jack eröffnete die Sitzung mit guten Nachrichten. Staatsanwalt Bornmeier hatte die Öffentlichkeitsfahndung zugelassen. Kopien der Fotos waren per Fax an die großen Tageszeitungen und die Fernsehanstalten geschickt worden. Die Bilder waren von so schlechter Qualität, dass vermutlich eine Vielzahl falscher Hinweise eingehen würde, überlegte Joshua. Auf der Leinwand hinter Jack erschien ein Phantombild. Joshua nahm die Kopie mit den Fotos aus Meerbusch und Recklinghausen und verglich sie damit. Kinn und Wangenknochen des Mannes auf dem Phantombild waren ausgeprägter, aber gewisse Merkmale wie die schmale, längliche Nase stimmten überein.
»Dieses Phantombild«, begann Jack, »wurde nach den Angaben des Zeugen Florenz List angefertigt. List saß dem Mann kurz vor der Tat in einem Restaurant inKaiserswerth gegenüber.«
Joshua beobachtete Oskar Zimmer. Bei dem Ausdruck ›Zeugen‹ zuckten die Wimpern des Duisburger Kommissars. Joshua fiel auf, dass sie nicht den geringsten Beweis für dessen Unschuld hatten, List also immer noch als Tatverdächtiger in Untersuchungshaft saß. Eine Tatsache, die nicht nur dem Image des Richters großen Schaden zufügte, sondern auch für sinkenden Respekt sorgen dürfte. Jack übergab das Wort an Rafael Gamerschlag.
»Ich habe gestern bis spät in den Abend Gerichtsakten gewälzt.«
Ein breites ›Ooooh‹ tönte ihm entgegen, was Gamerschlag für einen Augenblick verunsicherte.
»Also gut, zur Sache: Es gab im fraglichen Zeitraum zwischen 1989 und 1993 insgesamt fünf Prozesse in der für uns interessanten Konstellation, sprich an dem die Herren«, er faltete umständlich mit einer Hand einen Zettel auseinander, »Thalbach, List, Dahlmann, Hornbach, Rieger und Danzer beteiligt gewesen waren. In allen fünf Fällen kam es zu einem Schuldspruch mit Haftstrafen für die Angeklagten. Eine der verurteilten Personen, Bernd Eckers, befindet sich derzeit in der JVA Düsseldorf. Alle anderen sind mittlerweile aus der Haft entlassen. Die entsprechenden Gerichtsprotokolle werden gerade kopiert.«
Das Personal des ›Jailhouse‹ in Bochum hatte den Mann auf den Fotos nicht identifizieren können; der Bedienung des Cafés, in dem Hornbach darauf wartete, seinen Sohn abholen zu können, war der Mann bekannt vorgekommen. Mehr hatte die junge Frau nicht sagen können. Das restliche Personal hatte ihn noch niemals gesehen. In Kaiserswerth war der dubiose Unbekannte nur an diesem Abend gewesen, um sich mit Florenz List zu treffen.
Joshua berichtete von dem Gespräch mit
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