Willkommen im Land der Liebe
hat er sich geweigert, überhaupt Geld anzunehmen. Er ist sehr dankbar, dass du unter meinem Schutz stehst. Aber das mindert nicht die Gefahr, in der er sich befindet.“
Sie schüttelte den Kopf und wusste nicht mehr, was sie glauben sollte. „Warum ist er dann nie damit zum Sultan gegangen? Warum hat er den Sultan nicht um Hilfe gebeten?“
„Weil Abizhaid ihn seit über zehn Jahren erpresst.“
„Womit denn nur?“
„Vor vielen Jahren hat dein Vater einer Frau gegenüber Informationen ausgeplaudert – einer Frau, die er liebte und von der er glaubte, dass sie ihn auch liebte. Das führte zu einem Anschlag auf das Leben des Sultans. Dabei wäre Malik beinahe gestorben.“
In Keiras Magen drehte sich alles. „Wer war diese Frau?“
„Eine von Abizhaids Ehefrauen.“
Sie umklammerte den Haltegriff noch fester. „Weißt du dasmit Sicherheit?“
„Ich hatte seit langem einen Verdacht, den dein Vater mir jetzt bestätigt hat. Wir haben sehr lange miteinander gesprochen. Er ist erleichtert, dass jetzt alles vorbei ist und er nicht mehr mit dieser schweren Belastung leben muss.“
„Er wird dir also helfen?“
„Ja, er hat angeboten, gegen Abizhaid auszusagen. Wobei er sich vollkommen im Klaren darüber ist, was für ein großes Risiko er damit eingeht. Doch dazu ist er bereit, um Abizhaid endlich für seine Verbrechen zu bestrafen und dem Sultan sowie den Völkern von Baraka und Ouaha ein Leben in Sicherheit zu ermöglichen. Er selbst hätte dann die Chance, endlich wieder ein normales Leben ohne Schuldgefühle und Angst zu führen.“
„Wird Dad nach seiner Aussage ins Gefängnis müssen?“
„Vielleicht, aber wie ich Malik kenne, wird er deinen Vater begnadigen. Doch zuerst müssen wir Abizhaid gefangen nehmen, und dabei wird Scheich Tair mir helfen.“
Am Horizont tauchte plötzlich ein einzelner Reiter auf einem Pferd auf und näherte sich der Karawane in atemberaubender Geschwindigkeit. Kalens Augen verengten sich. „Das werden wohl keine guten Neuigkeiten sein.“
Leider hatte er recht. Der Reiter berichtete von einem Überfall aus dem Hinterhalt, bei dem einige von Tairs Männern getötet und der Scheich selbst verletzt worden war.
„Und was ist mit Abizhaid?“, fragte Kalen den jungen Berber.
„Als ich aufgebrochen bin, war es noch nicht ganz sicher, aber möglicherweise konnte er fliehen.“
Kalen fiel aus dem Arabischen in die Berbersprache und redete eindringlich auf den Boten ein. Der nickte und preschte wieder davon, aber nicht in die Richtung, aus der er gekommen war, sondern nach Zefrou, dessen Mauern schon in der Entfernung auftauchten.
„Er holt einen Arzt“, erklärte Kalen.
„Willst du Tair denn nicht helfen? Ich dachte, er wäre dein Freund …“
„Natürlich ist er das, sogar ein langjähriger Freund. Aber du bist meine Ehefrau, und ich werde nicht von deiner Seite weichen, bevor ich dich nicht in Sicherheit in meiner kasbah weiß.“
Eine halbe Stunde später lag Zefrou vor ihnen. Den ersten Eindrücken nach hatte Keira den Verdacht, dass sich hier in den letzten tausend Jahren kaum etwas verändert hatte. Die aus Holz und Lehmziegeln erbaute Stadt zeigte deutliche Spuren von Sonne, Wind und Regen, und auf den Straßen fuhren keine Autos, sondern Esel- und Ochsenkarren. Männer und Frauen trugen gleichermaßen jellabas mit Kapuzen.
Vor einem eindrucksvollen, wenn auch etwas heruntergekommen wirkenden Gebäude hielten sie an. Von außen aus demselben roten Lehm erbaut wie alle anderen Häuser der Stadt, bot das Innere jedoch eine Überraschung und ließ den Besucher an maurische Eleganz und Luxus denken. Der Empfangsraum war mit Stuck und aufwendigen Mosaikfliesen gestaltet, die in Rosé und Ocker verputzten dicken Lehmwände sorgten für eine angenehme Kühle.
Keira verbeugte sich vor den Gastgebern, einem Ehepaar, das sich von Scheich Nuris Besuch geehrt fühlte. Normalerweise galt das Teetrinken als beruhigendes Ritual, auf das die Berber stolz waren, aber jetzt spürte Keira Kalens Ungeduld während der Zeremonie. Er war besorgt und wollte weiterziehen, wollte sie in sein Schloss in Sicherheit bringen, damit er Tair zu Hilfe eilen konnte.
Gleichzeitig war er entschlossen, den Besuch respektvoll zu Ende zu bringen. Nach dem Tee bedankte er sich für die Gastfreundschaft und sagte: „Wir sollten jetzt gehen. Es wird spät.“
Als sie aus dem kühlen Haus zurück in die spätnachmittägliche Sonne traten, sagte Keira leise: „Du bist besorgt wegen
Weitere Kostenlose Bücher