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Willküra (German Edition)

Willküra (German Edition)

Titel: Willküra (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucia Hodinka
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Willkürherrscher.«
    »Aber auch nicht gut?«
    »Aber auch nicht gut, Willkürherrscher«, hatte Fürchtedich IX. bestätigt. »Kommt ganz drauf an, Willkürherrscher.«
    Mit dieser Verwirrung hatte Fürchtedich IX. den Willkürherrscher durch das Arbeitszimmer geführt, um ihm danach den Bohnengarten zu zeigen, der ihm eine Herzensangelegenheit war, und den er immer mit dem Adjektiv »schön« in einem Atemzug nannte. Dort hatte er vom Willkürherrscher einen lebenslangen Zutritt erbeten, inklusive der Erlaubnis, sich im Bohnengarten fortan als Gärtner betätigen zu dürfen.
    »Irgendeinen Job brauchen wir Willkürherrscher ja auch, wenn wir mit unserem Amt hier fertig sind, Willkürherrscher«, hatte er den Willkürherrscher aufgeklärt.
    Der Willkürherrscher hatte ihm die Bitte schnell gewährt und gehofft, dass damit das Gespräch beendet sein würde, denn er empfand es als sehr anstrengend, mit jemandem zu reden, der am Ende eines jeden Satzes, also eigentlich andauernd, den Namen seines Gesprächspartners laut nannte. Das war sicher keine unbewusste Handlung, sondern eine unangenehme Rest-Erscheinung des Versuchs, Sympathien des Gegenübers durch die möglichst häufige Verwendung seines Namens zu gewinnen: Persönliche Ansprache, Verbundenheitsgefühl, Möglichkeit zur Manipulation.
    Blöd, wenn man Tricks benutzt, die in jedem Handbuch stehen, dachte der Willkürherrscher. Und dann auch noch Tricks, die nerven. Nicht sehr Ziel führend!
    Er war froh, dass er selbst sich zu Beginn seiner Herrschaft solchen Handbüchern und Schulungen verweigert hatte und sie nur insofern nutzte, als er sich mit ihrer Hilfe darüber informierte, was gerade Trend war und warum Menschen redeten und handelten, wie sie es taten.
    Der Willkürherrscher schaute nun den Willkürherrschaftlichen Arbeitstisch an. Eigentlich war es Gerolats Aufgabe, den grünen Einschaltknopf auf dem Willkürherrschaftlichen Arbeitstisch zu drücken. Dafür war er ja eigens eingearbeitet worden. Aber jetzt war Gerolat nicht da. Und auf die Schnelle fiel dem Willkürherrscher kein anderer ein, der das hätte übernehmen können, also versuchte er es selbst.
    »Ich brauche doch keinen Kurs, oder gar ein Zeugnis, das beweist, dass ich einen Knopf an- und ausschalten kann!«, sprach sich der Willkürherrscher Mut zu und drückte.
    Der Schreibtisch summte kurz auf, wurde erst rot, dann grün und dann fuhr an der Seite ein riesiger Diamant hoch.
    »Ha, war doch sehr einfach! Wenn es als Willkürherrscher nicht zu meinen Aufgaben gehören würde, Arbeit zu delegieren, könnte ich das glatt immer selber machen.«
    »Soll Gerolat als überflüssig markiert und aus dem System entfernt werden?«, fragte das System, oder man könnte auch sagen, fragte der Tisch mit seiner maschinengenerierten Stimme.
    »Erst mal nicht«, antwortete der Willkürherrscher. »Jetzt gibt es nämlich Wichtigeres.«
    Obwohl keine Antwort kam, bemerkte der Willkürherrscher die positive Erwartungshaltung des Tischs, gleich etwas Wichtiges zu tun.
    »Es geht um ein Buch. Irgendwelche Erklärungen über Handlungen des Unbewussten«, sagte der Willkürherrscher sich am Kopf kratzend. »Nein, ich mach es direkt mal generell: es geht um Ratgeber-Literatur.«
    Ein fast freudiges Piepsen kam als Antwort.
    Der Willkürherrscher stellte sich in Pose: ein Bein nach vorn, Brust raus, Bauch rein, Schulter nach hinten, Kinn und Nase hoch in die Luft, überheblicher Augenaufschlag.
    »Soll ich eine dramatisierende Melodie anspielen, die die kommende Botschaft in ihrer Wichtigkeit unterstreicht?«, fragte der Tisch aufgeregt, wie es ihm im Rahmen seiner maschinellen Stimme möglich war.
    »Nein. Tisch, lenk mich jetzt nicht ab. Also …«
    Eine dramatisierende Melodie ertönte und der Willkürherrscher erschrak.
    »Entschuldigung, ich fand, das passt so gut!«, juchzte der Tisch fast.
    »Herrje, ja, dann mach es aber wenigstens leiser.«
    Die Melodie wurde gedämpft und der Willkürherrscher stellte sich wieder in die überhebliche Pose.
    »Ich veranlasse, nein«, verbesserte er sich sofort, »ich willküre folgendes: Von nun an dürfen keine Bücher mehr verkauft werden, die behaupten, den Menschen Rat zu geben. Das ist Verdummung und Fehlleitung. Jeden Rat, den die Menschen brauchen, können Sie an unserem Hofe bekommen. Wir haben hier eigens fünfhundert Ratgeber angestellt, die im Keller auf Anfragen warten, die sollen auch beschäftigt sein. Jede Form von neuer Ratgeber-Literatur muss fortan erst

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