Wilsberg 14 - Wilsberg und der tote Professor
tippte mir mit dem Zeigefinger auf die Brust. »Und nun verschwinde mit deiner kleinen Schlampe, Freundchen!«
Ich packte seinen Arm mit beiden Händen, drehte ihn mit einer raschen Bewegung um, sodass mir Kohlmann zwangsläufig den Rücken zuwenden musste, und drückte den Arm so weit den Rücken hinauf, bis es knackte und Kohlmann vor Schmerz aufjaulte. Dann gab ich dem Mann einen kräftigen Stoß. Der Manager schoss durch die kleine Diele in den nebenan gelegenen Wohnraum und wäre mit Sicherheit auf dem frisch verlegten Laminat gelandet, wenn ihn nicht ein Polstersessel daran gehindert hätte. Ich folgte ihm in den Raum, der unangenehm nach Farbe und Leim roch.
Kohlmann rappelte sich auf und rieb sich seine malträtierte Extremität. »Das werden Sie bereuen, Wilsberg.«
»Für Sie immer noch Herr Wilsberg«, knurrte ich.
Er sah mir an, dass ich große Lust hatte, ihn zu verprügeln, und schwieg.
Franka führte die apathische Sekretärin zu uns.
»Ist Ihnen eigentlich klar, was Sie sich da einbrocken?«, fragte ich Lansing. »Wenn Kohlmann als Mörder verurteilt wird, sind Sie wegen Mittäterschaft dran. Das kann Ihnen locker drei bis vier Jahre Gefängnis einbringen.«
»Halt den Mund, Marion!«, japste Kohlmann. »Er blufft nur.«
»Sind Sie sicher?«, höhnte ich. »Es gibt eine Zeugin, Herr Kohlmann – Ihre eigene Frau. Sie hat versucht, Sie am letzten Dienstag um siebzehn Uhr, also zur Tatzeit, telefonisch zu erreichen. Da hat Frau Lansing noch geantwortet, Sie, Kohlmann, hätten eine halbe Stunde zuvor die Firma mit unbekanntem Ziel verlassen. Und Ihr Handy war ausgeschaltet.«
»Das ist nicht wahr«, stammelte Kohlmann. »Meine Frau hat nicht angerufen.«
Lansing schossen die Tränen in die Augen. »Ich wollte es dir sagen, aber ...«
Geschlagene zehn Sekunden lang starrte der Manager mit offenem Mund seine Sekretärin an. Dann war die Botschaft bei ihm angekommen.
»Es ist nicht so, wie Sie denken«, sagte er matt. »Ich kann das erklären.«
»Bitte!«, zeigte ich mich nun auch großzügig.
»Ich war im Aegidiimarkt. Aber nur, weil ich in dem Jagdgeschäft im Erdgeschoss Munition kaufen wollte. Ich habe Marions, ich meine, Frau Lansings Wagen genommen, da ich wegen eines defekten Rücklichts meinen Wagen zur Werkstatt bringen musste. Und dummerweise hatte ich mein Handy im Wagen liegen lassen. Das ist alles. Ich habe Kaiser nicht umgebracht.«
Ich holte mein Handy aus der Tasche.
»Warten Sie!«, sagte Kohlmann. »Ich mache Ihnen ein Angebot.«
Ich lächelte. »Es gibt auch Angebote, die man ablehnen kann.« Dann rief ich Stürzenbecher an.
»Deine Methoden mögen nicht immer astrein sein, aber in diesem Fall will ich nicht meckern«, sagte Stürzenbecher.
Wir standen in seinem Büro im Polizeipräsidium. Der Hauptkommissar schaute von mir zu Franka und zuckte mit den Schultern. »Wir haben die Sekretärin natürlich routinemäßig befragt, da hat sie noch behauptet, Kohlmann sei in der Firma gewesen. Also«, er klopfte mir auf die Schulter, »du hast was bei mir gut. Beinahe hätte ich dich ja tatsächlich verhaftet.«
Die Tür zum Nachbarzimmer war geöffnet und ich hörte, wie nebenan Viola Kohlmann die Begrüßung von Kommissarin Brünstrup erwiderte.
»Ein Teil von Kohlmanns Geschichte stimmt sogar«, fuhr Stürzenbecher mit gedämpfter Stimme fort. »Er war tatsächlich in dem Waffengeschäft. Der Verkäufer hat ihn auf einem Foto wieder erkannt.«
»Er war zur Tatzeit in dem Waffengeschäft?«, fragte ich verwundert.
»Kurz davor, natürlich. Darauf muss man erst mal kommen.«
»Aber das war doch völlig blöd von ihm.«
»Wer sagt denn, dass Mörder schlau sind?«, konterte der Hauptkommissar. »Darüber mache ich mir keine Gedanken. Er hat ein Tatmotiv. Er war zur Tatzeit am Tatort und er kann schießen. Selbst wenn er nicht gesteht, kriegen wir ihn in einem Indizienprozess dran.«
Stürzenbecher brachte uns zur Tür.
Ich hörte, wie Viola Kohlmann mit genervter Stimme sagte: »Das habe ich doch schon alles zu Protokoll gegeben.«
»Vorschrift«, sagte Kommissarin Brünstrup.
»Also gut. Meine Mutter heißt Margrit Baumann. Ich bin in Hiddingsel geboren und mein Vater ist immer noch unbekannt.«
»Das müssen wir feiern«, schlug Franka vor. »Was hältst du von einem Bier?«
»Gute Idee«, sagte ich.
Die Sonne verschwand gerade glutrot am Horizont und es war warm genug für ein Bier im Freien. Wir fuhren zum Hafen und setzten uns an einen Tisch mit
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