Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten
er.
«Bunter», sagte Wimsey, «dieser Fall ähnelt einer Romanhandlung von Wilkie Collins, in der alles, was die Geschichte zu einem vorzeitigen glücklichen Ende bringen könnte, immer um Sekunden zu spät geschieht.»
«Ja, Mylord.»
«Das Ärgerliche daran ist dies, Bunter: Es wirft unsere Theorie völlig über den Haufen und setzt offenbar Farren außer Verdacht.»
«Ganz recht, Mylord.»
«Und sofern Ihre Freundin Betty nicht lügt, ist auch Gowan entlastet.»
«Dies scheint der Fall zu sein, Mylord.»
«Denn wenn er sich den ganzen Montag abend und Dienstag vormittag zu Hause versteckt gehalten und an den Folgen eines Unfalls darniedergelegen hat, kann er nicht am Minnoch gesessen und Bilder gemalt haben.»
«Verstehe vollkommen, Mylord.»
«Aber erzählt diese Betty uns die Wahrheit?»
«Auf mich machte sie den Eindruck eines ehrlichen jungen Mädchens, Mylord. Aber Sie erinnern sich vielleicht, daß sie ja erst am Dienstag nach dem Lunch gesehen hat, wie Alcock des Blaubarts Zimmer betrat, falls mir der neckische Ausdruck gestattet ist, und daß sie den Kranken ja persönlich erst am Mittwochmorgen gesehen hat.»
«Stimmt», sagte Wimsey nachdenklich. «Wir haben keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß er am Dienstag überhaupt zu Hause war. Man muß Alcock noch einmal ausfragen. Und nach meinem Eindruck ist Alcock ein Mann von großem Listenreichtum und Scharfsinn.»
«So ist es, Mylord. Und was hinzukommt: Alcock ist auch verschwunden.»
Chefinspektor Parker
Das Geheimnis des Autos löste sich auf völlig einfache Weise. Der Wagen wurde vor einem kleinen Hotel in Brig of Dee gemeldet, einem Dorf wenige Meilen von Castle Douglas entfernt, mehr auf Kirkcudbright zu. Als die Polizei hinkam, traf sie die Herren Alcock und Hammond friedlich beim Lunch an. Ihre Geschichte war unkompliziert. Mr. Gowan habe ihnen von London aus geschrieben, sie sollten doch in seiner Abwesenheit einen Tag Urlaub machen, und er habe ihnen erlaubt, den Wagen zu benutzen. Sie hätten sich auf einen kleinen Angelausflug geeinigt, und auf dem seien sie nun. Sie seien spät aufgebrochen, da Hammond noch etwas am Motor habe reparieren müssen. Die vermummte Person, die in den Wagen stieg, sei Alcock persönlich gewesen. Selbstverständlich könne der Inspektor Mr. Gowans Brief sehen. Hier sei er, geschrieben von Mr. Gowans Club aus, dem Mahlstick Club, auf Briefpapier des Clubs und aufgegeben am Mittwoch in London.
Bunters Geschichte wurde von Alcock rundweg abgestritten. Diese Betty sei eine einfältige und hysterische junge Person, die sich ziemlich viel Unsinn einbilde. Es sei schon wahr, daß Mrs. Alcock ihr verboten habe, den unbenutzten Teil des Hauses zu betreten. Betty vertrödle dort allzugern ihre Zeit. In einer Rumpelkammer da oben würden viele alte Illustrierte aufbewahrt, und immer schleiche sich das Mädchen dorthin, um darin zu lesen, statt seinen Pflichten im Haushalt nachzugehen. Mrs. Alcock habe sie deswegen schon früher zur Rede stellen müssen. Am Dienstag, ja, da sei er (Alcock) wirklich mit heißem Wasser oben gewesen. Einer von den Hunden habe sich in einer Karnickelschlinge verletzt. Er habe ihm in dem unbenutzten Zimmer ein Lager gemacht und die Wunden mit Desinfektionsmittel ausgewaschen. Mrs. Alcock werde der Polizei den Hund zeigen, wenn sie Wert darauf lege. Was die angebliche Erscheinung am Mittwochmorgen angehe, sei es ja offensichtlich, daß hier das Mädchen einem Alptraum zum Opfer gefallen sei, ausgelöst durch seine lächerlichen Phantastereien von Leichen. Es gebe keinen Kranken und habe auch nie einen gegeben. Mr. Gowan sei, wie schon einmal gesagt, am Montagabend mit Wagen von Kirkcudbright fortgefahren, um den Zug um 20 Uhr 45 zu bekommen. Die Person, die Bunter am Donnerstagabend in den Wagen habe steigen sehen, sei Alcock gewesen. Hammond und Mrs. Alcock könnten das alles bestätigen.
Sie konnten es und taten es. Der verletzte Hund wurde vorgeführt und litt in der Tat an einer häßlichen Abschürfung am Bein, und Betty mußte bei eingehender Befragung zugeben, daß sie schon öfter Ärger bekommen habe, weil sie in der Rumpelkammer die Illustrierten las.
Dagegen wiederum stand die Aussage eines Garagenbesitzers in Castle Douglas, daß ein Herr, der seinen Namen mit Rogers angegeben habe, ihn gestern abend angerufen habe, er brauche einen schnellen Wagen, um den Express zwei Minuten nach Mitternacht in Dumfries zu erreichen. Er habe einen Vierzehn-PS-Talbot
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