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Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten

Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten

Titel: Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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geschlossen zu sein, denn obwohl Elizabeth direkt vor seinen Augen stand, fragte der Mann mit gedämpfter Stimme: ‹Sind Sie das, Alcock?› Sie antwortete nicht, und gleich darauf zog sich die Erscheinung in ihr Zimmer zurück und schloß die Tür. Dann hörte sie wie wild die Glocke läuten. Sie rannte in blinder Angst die Treppe hinunter und begegnete Alcock, der aus seinem Schlafzimmer kam. Viel zu erschrocken, um darüber nachzudenken, was sie tat, stieß sie hervor: ‹Was war das? Was war das?› Und Alcock antwortete: ‹Das müssen diese verfluchten Mäuse sein, die mit den Klingeldrähten spielen. Gehen Sie wieder zu Bett, Betty.› Da fiel ihr ein, daß sie ja eigentlich Schelte verdiente, weil sie den oberen Flur betreten hatte, und verzog sich in ihr Zimmer, um den Kopf unter der Bettdecke zu verbergen.»
    «Das Beste, was sie tun konnte», sagte Wimsey.
    «Sehr richtig, Mylord. Als sie dann im Laufe des Vormittags noch einmal über alles nachdachte, kam sie zu dem sehr vernünftigen Schluß, daß es sich bei der Person, die sie gesehen hatte, vielleicht doch nicht um eine lebende Leiche, sondern lediglich um einen kranken Mann handelte. Sie war jedoch völlig sicher, daß sie das Gesicht dieses Mannes noch nie in ihrem Leben gesehen hatte. Jetzt bemerkte sie auch, daß bei jeder Mahlzeit mehr Lebensmittel verschwanden, als sie selbst und die Alcocks verzehrten, und das fand sie sehr tröstlich, denn, wie sie dazu bemerkte, Tote essen nicht.»
    «Wie wahr», meinte Wimsey. «Schon Chesterton sagte: ‹Lieber lebendig als tot.›»
    «Sehr wohl, Mylord. Ich habe dem jungen Mädchen so gut zugeredet, wie ich konnte, und ihr angeboten, sie bis zu Mr. Gowans Haus zu begleiten. Sie erklärte mir jedoch, daß man ihr erlaubt habe, die Nacht bei ihrer Mutter zu verbringen.»
    «Wahrhaftig?» fragte Wimsey.
    «So ist es. Ich habe sie also nach Hause begleitet und bin dann in die High Street zurückgekehrt, wo ich Mr. Gowans Limousine vor der Tür stehen sah. Das war um fünf vor elf. Ich hatte den Eindruck gewonnen, Mylord, daß irgend jemand im Begriff stand, heimlich Mr. Gowans Haus zu verlassen, und daß Elizabeth nur deshalb für die Nacht beurlaubt worden war, damit sie nicht Zeugin der Vorgänge würde.»
    «Ich halte diesen Schluß für zulässig, Bunter.»
    «Ja, Mylord. Ich habe mir die Freiheit genommen, mich an der Straßenecke nahe bei Mr. Gowans Haus zu verstecken, wo eine kleine Treppe zum Fluß hinunterführt. Bald darauf kam eine große Gestalt, dicht verhüllt in Schal und Mantel und den Hut tief ins Gesicht gezogen, aus dem Haus. Von dem Gesicht konnte ich überhaupt nichts sehen, aber ich bin sicher, daß es die Gestalt einer männlichen Person war. Er wechselte leise ein paar Worte mit dem Chauffeur, und dabei drängte sich mir der Eindruck auf, daß der Sprecher Mr. Gowan persönlich war.»
    «Gowan? Wer ist denn dann der geheimnisvolle Fremde?»
    «Kann ich nicht sagen, Mylord. Das Auto fuhr fort, und ich sah auf die Uhr und stellte fest, daß es drei Minuten nach elf war.»
    «Hm», machte Wimsey.
    «Ich war zu dem Schluß gekommen, Mylord, daß Mr. Gowan doch nicht am Montagabend von Kirkcudbright abgereist war, wie von Alcock behauptet, sondern daß er sich in seinem eigenen Haus versteckt gehalten und sich um den Kranken gekümmert hat, den Elizabeth gesehen hatte.»
    «Das wird ja immer sonderbarer», fand Wimsey.
    «Ich bin hierher zurückgeeilt», sagte Bunter, «und habe im Fahrplan nachgesehen und festgestellt, daß um zwei Minuten nach zwölf von Dumfries ein Zug nach Carlisle und weiter nach Süden fuhr. Es erschien mir denkbar, daß Mr. Gowan ihn entweder in Dumfries oder in Castle Douglas nehmen wollte.»
    «Haben Sie gesehen, daß Gepäck herausgebracht wurde?»
    «Nein, Mylord; aber das könnte ja schon vorher in den Wagen geladen worden sein.»
    «Könnte es natürlich. Haben Sie die Polizei benachrichtigt?»
    «Ich hielt es für das beste, Mylord, mich in Anbetracht der etwas delikaten Umstände direkt mit Sir Maxwell Jamieson in Verbindung zu setzen. Ich bin in die Shelkirk Arms gelaufen und habe von dort aus angerufen.»
    «Da müssen Sie an mir vorbeigelaufen sein», sagte Wimsey.
    «Ich war gerade zum Polizeirevier gerannt, aber Inspektor MacPherson war nicht da.»
    «Ich bedaure außerordentlich, Eure Lordschaft verfehlt zu haben. Ich habe Sir Maxwell von den Vorgängen in Kenntnis gesetzt und ihn dann so verstanden, daß er sofort in Castle Douglas und

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