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Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten

Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten

Titel: Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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natürlich schon hundertmal da entlanggefahren, aber jedesmal sehe ich wieder etwas, was ich bis dahin noch nie gesehen habe. Das hat natürlich den Vorteil, daß ich immer wieder überrascht sein kann.»
    «Gewiß; gegen Langeweile sind Sie gefeit. Aber manchmal hat ein Blick fürs Detail auch seine Vorteile. Zum Beispiel wenn man jemandem eine schöne, plausible, weitschweifige Lüge auftischen will.»
    «Oh!» machte Strachan. «Doch, in diesem Fall ja – unter solchen Umständen.»
    «Nehmen wir doch nur mal Ihre kleine Geschichte mit dem Golfball», sagte Wimsey. «Wieviel glaubhafter wäre sie gewesen, wenn sie mit ein paar soliden, nachprüfbaren, wohldosierten Details garniert gewesen wäre. Es war natürlich von vornherein keine besonders gute Lüge, weil wirklich ein viel zu langer Zeitraum darin offenblieb, aber nachdem Sie sich nun darauf eingelassen hatten, hätten Sie wirklich mehr daraus machen sollen.»
    «Ich weiß nicht, was Sie meinen», sagte Strachan steif. «Wenn Sie an meinen Worten zweifeln –»
    «Natürlich zweifle ich daran. Ich glaub’s Ihnen keine Sekunde. Und da bin ich nicht allein. Erstens haben Sie nämlich Ihrer Frau nicht die gleiche Geschichte erzählt wie mir. Das war unvorsichtig. Wenn Sie schon lügen, sollte es wenigstens immer dieselbe Lüge sein. Dann haben Sie zu erwähnen vergessen, an welchem Loch sie gerade spielten, als es passierte. Es hat noch nie einer eine Golfgeschichte zum besten gegeben, ohne sie mit allen geographischen und historischen Details abzusichern. Das war psychologisch schwach von Ihnen. Drittens haben Sie behauptet, Sie wären den ganzen Vormittag auf dem Golfgelände gewesen, ohne daran zu denken, daß es jede Menge Zeugen geben könnte, die aussagen würden, daß von Ihnen weit und breit nichts zu sehen war, ja daß Sie sogar Tom Clark angewiesen hatten, an diesem Morgen die Grüns zu walzen. Er war genau zwischen zehn und elf am neunten Grün und kann beschwören, daß Sie nicht da waren, und falls Sie später hingegangen wären, hätten Sie das kaum ‹nach dem Frühstück› genannt. Außerdem –»
    «Hören Sie mal», sagte Strachan mit gerunzelter Stirn. «Was zum Teufel denken Sie sich eigentlich dabei, so mit mir zu reden?»
    «Ich frage mich ja nur», sagte Wimsey, «ob Sie für Ihr blaues Auge vielleicht doch noch eine andere Erklärung anbieten möchten. Ich meine, wenn Sie es mir jetzt erzählen möchten und es handelte sich um – na, sagen wir, um eine kleine häusliche Auseinandersetzung oder so, dann – äh – müßte ich es ja nicht unbedingt weitererzählen, Sie verstehen?»
    «Nein, ich verstehe überhaupt nichts», sagte Strachan. «Das ist eine bodenlose Unverschämtheit.»
    «Sagen Sie so was nicht», flehte Wimsey. «Hören Sie, alter Freund, Ihre mitternächtlichen Umtriebe gehen mich gar nichts an. Wenn Sie vielleicht auf Abwegen waren oder so –»
    «Wenn Sie weiter in diesem Ton mit mir reden, drehe ich Ihnen den Hals um!»
    «Um Himmels willen!» rief Wimsey. «Nun drohen Sie doch nicht schon wieder!»
    Strachan stierte ihn an, und langsam färbte sich sein Gesicht von der Stirn bis zum Hals puterrot.
    «Wollen Sie mir etwa unterstellen», fragte er gepreßt, «daß ich etwas mit dem Mord an Campbell zu tun hätte?»
    «Ich unterstelle niemandem, daß er ihn ermordet hat», sagte Wimsey begütigend, «noch nicht.» Er sprang plötzlich auf und stand unbeweglich auf dem Felsen, den Blick von Strachan abgewandt und übers Meer gerichtet. Die Wolken hatten sich zu einer drohenden Masse zusammengeballt, und die Wogen wälzten sich grün und gelb heran und zeigten kleine weiße Zähne aus Schaum.
    «Aber ich unterstelle Ihnen», sagte er, indem er sich plötzlich wieder umdrehte und sich gegen den Wind stemmte, um das Gleichgewicht zu behalten, «ich unterstelle Ihnen, daß Sie sehr viel mehr darüber wissen, als Sie der Polizei gesagt haben. Halt! Tun Sie das nicht! Sie Narr, Sie machen sich doch unglücklich! »
    Er fing Strachans Handgelenk, als die Faust an seinem Ohr vorbeizischte.
    «Mann, Strachan, hören Sie doch mal zu. Ich weiß ja, daß ich ein verlockender Anblick bin, wenn ich hier so stehe. Himmel noch mal, deswegen hab ich mich doch hierhergestellt. Ich bin zwar kleiner als Sie, aber ich könnte Sie mit einer einzigen Handbewegung ins Jenseits befördern. Stehen Sie still! So ist es besser. Denken Sie niemals zwei Minuten weiter? Glauben Sie wirklich, Sie könnten auf diese plumpe Art alles aus der Welt

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