Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten
meine Arbeit, und auf die gute Absicht kommt es schließlich an, nicht wahr?»
Sergeant Dalziel bot seiner Besucherin einen Stuhl an und milderte seinen rauhen Ton, als er sie fragte, womit er ihr dienen könne.
Mrs. Smith-Lemesurier kramte eine Weile in ihrem Handtäschchen herum und brachte endlich den Ausschnitt aus dem Glasgow Clarion zum Vorschein, der Konstabler Duncan soviel Umstände und Vorwürfe eingetragen hatte.
«Ich wollte nur fragen», sagte sie, indem sie ihre vergißmeinnichtblauen Augen bittend zu dem Polizistengesicht aufschlug, «ob es für diese – schrecklichen Unterstellungen hier – irgendeine Grundlage gibt.»
Sergeant Dalziel las den Artikel so gründlich durch, als ob er ihn zum erstenmal sähe, und antwortete vorsichtig: «Tja, hm, das könnte schon sein.»
«Sehen Sie», sagte Mrs. Smith-Lemesurier, «hier steht, daß der M-m-mord von einem Künstler begangen worden sein muß. W-w-wie kommen sie dazu, so etwas zu schreiben?»
«Nun ja», meinte der Sergeant, «ich will nicht sagen, daß nicht das eine oder andere wirklich für diese Annahme sprechen könnte.»
«Ach!» machte die Dame. «Ich hatte gehofft – ich dachte – ich hab mir vorgestellt, daß dieser Reporter sich das alles vielleicht nur aus den Fingern gesaugt hat. Das sind doch so schreckliche Leute. Hat er diesen Hinweis wirklich – von der Polizei bekommen?»
«Das würde ich nicht unbedingt sagen», antwortete der Sergeant. «Er kann es vielleicht von irgendeiner anderen verantwortungslosen Person aufgeschnappt haben.»
«Aber die Polizei vermutet das?» ließ sie nicht locker.
«Das würde ich nicht sagen», meinte Sergeant Dalziel, «aber wenn man bedenkt, daß der Verstorbene selbst ein Künstler war und die meisten seiner Bekannten Künstler sind, ist die Möglichkeit natürlich immer gegeben.»
Mrs. Smith-Lemesurier spielte mit dem Verschluß ihres Handtäschchens herum.
«Und dann», sagte sie, «ist auch noch von Mr. Graham die Rede.»
«So ist es», sagte der Sergeant.
«Aber es ist doch gewiß nicht –» die blauen Augen suchten wieder den Blick des Sergeant – «es kann doch nicht sein – daß Sie wirklich Mr. Graham für so etwas Schreckliches im Verdacht haben?»
Sergeant Dalziel räusperte sich.
«Ach, nee, das nicht», sagte er. «Es ist natürlich immer verdächtig, wenn ein Verbrechen geschehen ist und einer nicht sagen will, wo er um die Zeit war. Ich will nicht sagen, daß hier, wie man so sagt, ein starrrkes Verrrdachtsmoment vorrrliegt, aber ein allgemeiner Verdacht ist sozusagen nicht auszurrräumen.»
«Ach so. Sagen Sie bitte, Mr. Dalziel – wenn jemand – angenommen, jemand kann diesen – allgemeinen Verdacht gegen Mr. Graham ausräumen – es müßte doch nicht sein, daß – daß diese Aussage an die Öffentlichkeit gebracht wird?»
«Das kommt ganz darauf an», sagte Dalziel und nahm seine Besucherin etwas näher in Augenschein, «was für eine Art von Aussage das ist. Wenn es so ist, daß die Möglichkeit einer Beteiligung des betrrreffenden Herrrn dadurch ausgeschaltet wird, und wenn es Beweise dafür gibt, und wenn die Sache dadurch nie vor Gerrricht kommt – dann brauchte davon garrr nichts an die Öffentlichkeit zu kommen.»
«Aha! Also dann, in diesem Falle – Mr. Dalziel, ich kann mich doch gewiß auf Ihre Diskretion verlassen? Es ist so schwer, es Ihnen sagen zu müssen – stellen Sie sich nur vor –, aber Sie werden sicher verstehen – wenn jemand so allein ist wie ich, daß – ach Gott! Ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll.»
Mrs. Smith-Lemesurier nahm ein hauchdünnes Taschentüchlein zur Hand und verhängte vorübergehend das Licht der Vergißmeinnichtaugen.
«Ach je», meinte der Sergeant freundlich, «Sie brauchen sich nun wirrrklich nicht zu genieren. In unserem Beruf kommt uns so vieles zu Ohren, da denken wir uns garrr nichts dabei. Außerdem», fügte er hilfreich hinzu, «ich bin ein verheirateter Mann.»
«Ich weiß nicht, ob das es nicht noch schlimmer macht», blökte Mrs. Smith-Lemesurier. «Aber ich glaube», fuhr sie mit einem verstohlenen Blick über den Rand des Taschentuchs fort, «daß Sie bestimmt ein freundlicher und verständnisvoller Mensch sind und es nicht schwerer für mich machen werden, als unbedingt sein muß.»
«Bestimmt», sagte der Sergeant. «Genieren Sie sich nur nicht, Mrs. Smith-Lemesurier. Erzählen Sie mir’s nur, ganz als wenn ich Ihr Vater wäre.»
«Danke, das will ich tun. Mr. Graham
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