Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten
würde natürlich nie einen Ton sagen, dazu ist er viel zu ritterlich. Mr. Dalziel, er – konnte Ihnen nicht sagen, wo er am Montagabend war – weil er – bei mir war.»
Mrs. Smith-Lemesurier verstummte mit einem kleinen Seufzer. Sergeant Dalziel, für den das Geständnis zu diesem Zeitpunkt kein Element der Überraschung mehr enthielt, nickte väterlich.
«Aha, ja, wenn das so ist. Das wäre natürlich ein guter Grund für ihn, den Mund zu halten, ein sehr überzeugender Grund. Können Sie mir sagen, Mrs. Smith-Lemesurier, um welche Zeit Mr. Graham zu Ihnen gekommen und wann er wieder gegangen ist?»
Die Dame zerknüllte das dünne Taschentüchlein zwischen kleinen, plumpen Händen.
«Gekommen ist er zum Abendessen, so gegen acht Uhr, und gegangen ist er nach dem Frühstück. Das muß kurz nach neun gewesen sein.»
Der Sergeant machte sich Notizen auf einem Blatt Papier.
«Und hat ihn niemand kommen oder gehen sehen?»
«Nein. Wir waren – sehr vorsichtig.»
«So. Wie ist er gekommen?»
«Ich glaube, er hat gesagt, daß ihn ein Freund nach Newton Stewart mitgenommen hat.»
«Welcher Freund war das?»
«Ich weiß nicht – das hat er nicht gesagt. O Mr. Dalziel, müssen Sie das denn wissen? Mein Mädchen kann Ihnen sagen, wann er gekommen ist. Muß diese andere Person da wirklich noch hineingezogen werden?»
«Vielleicht nicht», sagte der Sergeant. «Und gegangen ist er wieder nach neun Uhr? Das kann Ihr Mädchen auch bezeugen, nehme ich an?»
«Ja, natürlich.»
«Und er war die ganze Zeit bei Ihnen im Haus?»
«Er war – die ganze Zeit unter meinen Augen», ächzte Mrs. Smith-Lemesurier, erneut von der Peinlichkeit ihres Geständnisses übermannt.
Der Sergeant betrachtete die zuckenden Schultern der Dame und gab sich einen Ruck.
«Und wie kommen Sie auf die Idee, Madam, daß diese Geschichte Mr. Graham ein Alibi für den Mord an Campbell gibt, der mit eingeschlagenem Schädel am Dienstag um zwei Uhr nachmittags gefunden wurde?»
Mrs. Smith-Lemesurier gab einen kleinen Schrei von sich.
«Oh!» Sie starrte ihn mit wildem Blick an. «Das hab ich nicht gewußt. Ich dachte – sehen Sie doch mal diese schreckliche Zeitung an. Da steht, daß Mr. Graham nicht sagen wollte, wo er die Nacht davor war. Ich hab gedacht – o nein, sagen Sie mir jetzt nicht, daß ihm das am Ende gar nicht hilft!»
«Soweit will ich nicht gehen», sagte der Sergeant, «aber Sie sehen ja selbst, daß damit noch lange nicht alles klar ist. Mr. Graham war zwei Tage weg. Sie wissen nicht, wohin er von Ihnen aus gegangen ist?»
«Nein – nein, ich habe keine Ahnung. O mein Gott! Warum bin ich überhaupt hierhergekommen? Ich war so sicher, daß Sie für den Montag abend ein Alibi von ihm haben wollten.»
«Ja nun, es ist natürlich alles zu was gut», tröstete der Sergeant.
«Sehr wahrscheinlich wird er uns, wenn er hört, daß die Geschichte von Montag nacht heraus ist, auch den Rest erzählen. So, und jetzt bringe ich Sie mit meinem Wagen nach Hause und rede mal mit Ihrem Mädchen, nur so zur Bestätigung. Trocknen Sie Ihre Augen, Madam. Ich werde kein Wort mehr als nötig sagen. War sehrrr tapfer von Ihnen, daß Sie mit Ihrer Geschichte zu mir gekommen sind, und Sie können sich auf meine Diskrrretion verlassen.»
Die Aussage des Mädchens deckte sich Wort für Wort mit der ihrer Herrin – wie der Sergeant auch nicht anders erwartet hatte.
Die Frau gefiel ihm nicht recht – so ein verschlagenes ausländisches Wesen, fand er –, aber er konnte ihre Aussage nicht in einem einzigen wichtigen Punkt erschüttern.
Das Ganze war besorgniserregend. Kaum war dieser infernalische Artikel in der Zeitung erschienen, da hatte er schon damit gerechnet, daß ihm ein Alibi präsentiert würde. So etwas hatte er auch zu dem Unglücksraben Duncan gesagt. Aber warum gerade dieses Alibi? Was die Frau erzählt hatte, war an sich nicht unwahrscheinlich, weder was Jock Graham noch was Mrs. Smith-Lemesurier betraf, aber – wozu ein Alibi nur für Montag abend? Er las noch einmal den Zeitungsausschnitt. «– Mr. J. Graham, der bekannte Künstler, der sich lachend weigerte, zu sagen, wo er sich zwischen Montag abend und Mittwoch morgen aufgehalten hatte.» Nein, daraus konnte niemand ableiten, daß der Montag abend der entscheidende Zeitraum war. Wimsey mußte geredet haben. Der Himmel wußte, was er im Laufe seiner inoffiziellen Ermittlungen alles ausgequasselt hatte. Oder wenn es nicht Wimsey war – Wenn es nicht Wimsey
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