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Wimsey 09 - Mord braucht Reklame

Wimsey 09 - Mord braucht Reklame

Titel: Wimsey 09 - Mord braucht Reklame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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nahm widerspruchslos noch einen Whisky an, dann sagte er: «Nun, auf eine Art bin ich eigentlich froh. Wenn meine Frau und das Kind nicht wären – o Gott!» Er schlug die Hände vors Gesicht, und Wimsey ging ans Fenster und blickte auf die Lichter des Piccadilly, die blaß durch die sommerliche Abenddämmerung schimmerten. «Ich war ein Vollidiot», sagte Tallboy.
    «Das sind die meisten von uns», sagte Wimsey. «Es tut mir entsetzlich leid, alter Freund.»
    Er kam zurück und sah auf ihn herab.
    «Hören Sie», sagte er, «Sie brauchen mir überhaupt nichts zu erzählen, wenn Sie nicht wollen. Aber wenn Sie wollen, sollten Sie wissen, daß es im Grunde nichts mehr ändert. Ich meine, wenn Sie das Gefühl haben, sich etwas von der Seele reden zu müssen, glaube ich nicht, daß es für Sie noch irgendwelche Konsequenzen haben kann.»
    «Ich möchte es Ihnen erzählen», sagte Tallboy. «Sie ver
    stehen es vielleicht. Es ist mir klar, daß alles aus ist, irgendwie.» Er überlegte. «Sagen Sie, wie sind Sie eigentlich auf diese Sache gekommen?»
    «Durch den Brief von Victor Dean. Erinnern Sie sich? Den er Mr. Pym zu schicken gedroht hat. Er hat ihn Ihnen doch gezeigt?»
    «Das kleine Schwein. Ja, er hat ihn mir gezeigt. Hat er ihn nicht vernichtet?»
    «Nein.»
    «Aha. Nun, ich erzähle am besten ganz von vorn. Angefangen hat die Geschichte vor etwa zwei Jahren. Ich war sehr knapp bei Kasse und wollte heiraten. Ich hatte auch Geld bei Pferderennen verloren, und es sah gar nicht gut für mich aus. Da habe ich in einem Restaurant diesen Mann getroffen.»
    «In welchem Restaurant?»
    Tallboy nannte den Namen. «Er war ein ganz gewöhnlicher Mann, so in mittleren Jahren. Ich habe ihn seitdem nie wieder gesehen. Aber wir kamen ins Gespräch über dies und das und wie knapp das Geld sei und so weiter, und ich erwähnte zufällig, wo ich arbeitete. Danach schien er über etwas nachzudenken und fragte mich alles mögliche, wie die Inserate zustande kämen und wie sie an die Zeitungen geschickt würden und so weiter, und ob ich in der Lage sei, die Schlagzeilen im vorhinein zu erfahren. Ich sagte, natürlich, über einige Kunden wisse ich bestens Bescheid, zum Beispiel über Nutrax, aber über andere nicht. Da erwähnte er den Nutrax-Zweispalter im Morning Star und fragte, wann ich die Schlagzeile davon wisse, und ich sagte, Dienstag nachmittag. Da fragte er mich plötzlich, ob ich 1000 Pfund im Jahr nebenher gebrauchen könnte, und ich sagte: ‹Ob ich sie brauchen kann? Sagen Sie mir, wo sie liegen.› Dann kam er mit seinem Vorschlag heraus. Es klang ganz harmlos. Das heißt, es war zwar offensichtlich nicht ganz astrein, aber nichts Kriminelles, wie er es schilderte. Er sagte, wenn ich ihm jeden Dienstag den ersten Buchstaben der Überschrift für den folgenden Freitag mitteilen könnte, würde ich gut dafür bezahlt. Natürlich habe ich mich zuerst geziert und von Vertrauensbruch und so weiter gesprochen, und er hat sein Angebot auf 1200 Pfund erhöht. Es klang sehr verführerisch, und ich konnte beim besten Willen nicht sehen, wie es der Firma schaden könnte. Also habe ich ja gesagt, und wir haben einen Code vereinbart –»
    «Das weiß ich alles», sagte Wimsey. «Er war sehr raffiniert und einfach. Ich nehme an, er hat Ihnen gesagt, daß die Adresse lediglich eine Deckadresse sei.»
    «Ja. War sie es nicht? Ich habe mir das Haus einmal angesehen; es ist ein Tabakwarenladen.»
    Wimsey nickte. «Ich war da. Es ist nicht direkt eine Deckadresse in dem Sinne, wie Sie meinen. Hat dieser Mann Ihnen keinen Grund für seine etwas absonderliche Bitte genannt?»
    «Doch, und natürlich hätte ich mich daraufhin gar nicht erst mit ihm einlassen dürfen. Er sagte, er schließe gern mit seinen Freunden alle möglichen Wetten zu diesem und jenem ab, und nun sei er auf die Idee gekommen, um den Anfangsbuchstaben des wöchentlichen Nutrax-Inserats zu wetten –»
    «Ah, verstehe. Dann konnte er die Wette gewinnen, sooft er wollte. Klingt einleuchtend; nicht kriminell, nur gerade unsauber genug, um auf Diskretion zu bestehen. War es das?»
    «Ja. Ich bin darauf eingegangen … Ich saß so in der Klemme … Es gibt keine Entschuldigung für mich. Und ich hätte mir wohl auch denken müssen, daß eigentlich mehr dahintersteckte. Aber ich wollte nicht nachdenken. Außerdem hatte ich zuerst sowieso angenommen, er wolle mich nur auf den Arm nehmen, aber da ich nichts dabei riskierte, habe ich die ersten beiden verschlüsselten Briefe

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