Wimsey 11 - Der Glocken Schlag
»Wenn Sie noch ein Wort sagen, dann – O mein Gott! So war es nicht, Mylord. Sie hat nie etwas gewußt. Ich hab's gewußt. Soviel will ich Ihnen sagen, aber mehr nicht. Nur das. Bei meiner Seligkeit, sie hat nie ein Wort davon gewußt.«
»Bei Ihrer Seligkeit?« meinte Wimsey. »Na, na! Aber Sie haben es gewußt, und mehr haben Sie uns nicht zu sagen?«
»Nun hören Sie mal zu«, sagte der Polizeidirektor, »ein bißchen weiter müssen Sie schon gehen, mein Junge. Wann haben Sie es erfahren?«
»Als die Leiche gefunden wurde«, antwortete Thoday.
»Da hab ich's gewußt.« Er sprach langsam, als müsse sich jedes Wort mit Gewalt aus ihm befreien. Dann fuhr er etwas schneller fort: »Da habe ich gewußt, wer er war.«
»Warum haben Sie uns nichts davon gesagt?« wollte Blundell wissen.
»Was denn, damit alle Welt wußte, daß Mary und ich nicht gültig verheiratet waren? So dumm möchte ich auch mal sein.«
»Aha«, meinte Wimsey. »Aber warum haben Sie dann nicht gleich geheiratet?«
Thoday rutschte unruhig auf seinem Stuhl herum.
»Nun, sehen Sie, Mylord – ich hatte gehofft, Mary würde es nie erfahren. Es war so furchtbar hart für sie, nicht? Und die Kinder. Das hätten wir nie wiedergutmachen können. Also hab ich mich entschlossen, erst gar nichts zu sagen und die Sünde – wenn es eine Sünde war – auf mich zu nehmen. Ich wollte ihr nicht noch mehr Kummer machen. Verstehen Sie das denn nicht? Na ja, und – wie sie's dann rausbekommen hat, indem sie diesen Zettel sah –« Er unterbrach sich und begann noch einmal von vorn: »Sehen Sie, seit dem Tag, an dem sie die Leiche gefunden haben, bin ich ganz durcheinander und nervös gewesen, und ich glaube, ich hab mich ziemlich komisch benommen, und das hat sie gemerkt – und wie sie mich dann gefragt hat, ob der Tote vielleicht Deacon war, tja, dann hab ich es ihr so gesagt, wie es war, und so ist dann alles gekommen.«
»Und woher wußten Sie, wer der Tote war?«
Langes Schweigen.
»Er war nämlich fürchterlich entstellt«, fuhr Wimsey fort.
»Sie haben gesagt, Sie glauben – er ist – er ist im Gefängnis gewesen«, stammelte Thoday, »und da hab ich mir gesagt –«
»Einen ganz kleinen Moment«, unterbrach ihn der Polizeidirektor. »Wann haben Sie Seine Lordschaft das je sagen hören? Weder bei der ersten gerichtlichen Untersuchung noch bei der zweiten ist so etwas je gesagt worden, weil wir besonders darauf geachtet haben, nichts dergleichen zu sagen. Also?«
»Ich hab was darüber von Emily aus dem Pfarrhaus gehört«, sagte Thoday bedächtig. »Sie hat zufällig etwas mitgehört, was Seine Lordschaft zu Mr. Bunter gesagt hat.«
»Ach, hat sie das?« brauste Mr. Blundell auf. »Ich möchte wissen, wieviel sie noch zufällig mitgehört hat. Nun zu dieser Bierflasche. Wer hat ihr gesagt, sie soll die Fingerabdrücke davon abwischen – nun?«
»Das hat sie nicht böse gemeint«, sagte Will. »Das war nur Neugier. Sie wissen ja, wie die Mädchen sind. Anderntags ist sie hergekommen und hat Mary alles erzählt. Ganz erledigt war sie.«
»Was Sie nicht sagen!« bemerkte der Polizeidirektor ungläubig. »Das ist also Ihre Version. Na schön. Nun zurück zu Deacon. Sie haben also gehört, daß Emily gehört haben will, wie Seine Lordschaft mit Bunter darüber gesprochen hat, daß der Tote im Gefängnis gewesen sei. War es so? Und was haben Sie da gedacht?«
»Ich hab mir gedacht, das muß Deacon sein. Ich hab gesagt, da ist doch dieser Satan wieder aus seinem Grab aufgestanden, um uns noch einmal Scherereien zu machen, das hab ich gesagt. Wohlgemerkt, ich hab's nicht genau gewußt, aber das hab ich mir gesagt.«
»Und was glaubten Sie, weswegen er gekommen war?«
»Woher sollte ich das wissen? Ich hab eben gedacht, er ist wiedergekommen, sonst nichts.«
»Sie haben gedacht, er ist wegen der Smaragde gekommen, nicht?« sagte der Polizeidirektor.
Wills gehetzter Blick verriet jetzt zum erstenmal echte Überraschung und Interesse. »Die Smaragde? Hinter denen war er her? Sie meinen, er hatte sie doch? Also, wir haben immer gemeint, der andere – dieser Cranton – hatte sie.«
»Sie wußten nicht, daß sie in der Kirche versteckt waren?«
»In der Kirche ?«
»Wir haben sie am Montag dort gefunden«, erklärte Seine Lordschaft freundlich. »Unterm Dach versteckt.«
»Unterm Kirchendach? Also das hat er … Die Smaragde gefunden? Gott sei Dank! Jetzt kann wenigstens keiner mehr behaupten, Mary hätte was damit zu tun
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