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Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten

Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten

Titel: Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers & Jill Paton Walsh
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Möglichkeiten, nach Hause zu kommen, Mylady, und eine davon war sicherer als die andere. Ich sollte diesen Weg nehmen. Inzwischen bin ich davon überzeugt, Mylady, dass es ein Täuschungsmanöver mir gegenüber war, aber in der Hitze des Gefechts war mir der Gedanke nicht gekommen. Man hatte nur wenig Zeit, einen Entschluss zu fassen.»
    «Er hat Sie hereingelegt?» Verwunderung lag in ihrer Stimme. Die Beziehung zwischen Herr und Diener, die sie so lange beobachtet hatte, zuweilen sogar mit einem eifersüchtigen Stich, schien dergleichen geradezu auszuschließen.
    «Er schlug vor, wir sollten eine Münze werfen, um zu entscheiden, wer welche Route nimmt, Mylady. Ich sagte Zahl, und er sagte mir, Zahl habe gewonnen. Ich habe aber die Münze selbst gar nicht gesehen. Erst später fiel mir dann ein …»
    «Eine sehr gerechte Methode, um zwischen zwei Männern, die beide Kinder haben, zu einer Entscheidung zu kommen, Bunter. Ich bin sicher, dass Peter nicht gemogelt hat. Kann ich Sie danach fragen, wie es ihm ging, als Sie ihn zum letzten Mal gesehen haben, in welchem Land es auch gewesen sein mag?» «Er war in bemerkenswert heiterer Stimmung, Mylady. Er sagte, Sie seien eine außergewöhnlich kluge Frau, endlich habe er Ihnen gegenüber den Spieß umgedreht und der Spielstand sei damit sozusagen ‹Love all›.» «Bitte?»
    «Ich vermute, Mylady, er bezog sich damit auf die Schwierigkeiten, die sich ergeben können, wenn man jemandem das Leben gerettet hat. Darf ich mich bei dieser Gelegenheit bei Ihnen bedanken, Mylady, auch im Namen meiner Frau und meines Sohnes?» «Ach, Unsinn, Bunter. Nein, das dürfen Sie nicht.» «Da ist noch eine Kleinigkeit, Mylady. Ich kann mich nicht mehr genau entsinnen, wie ich gestern Abend entkleidet in mein Bett gefunden habe.»
    «Das weiß ich auch nicht mehr, Bunter.» Harriet schaute ihm, ohne mit der Wimper zu zucken, in die Augen. «Ich weiß es wirklich nicht. Ich mache mich jetzt auf den Weg nach Talboys. Lassen Sie von sich hören.»

    Der Bahnhof Liverpool Street war im Belagerungszustand. Scharen von Uniformierten wimmelten geschäftig durcheinander. Harriet fühlte sich an einen Ameisenhaufen erinnert und war gleich darauf selbst in größter Eile, denn die Tafel kündigte die Abfahrt ihres Zuges in wenigen Minuten an. Mit nicht mehr als ihrem Einkaufsnetz und der Gasmaske beladen, zwängte sie sich durchs Gedränge und fand einen Sitzplatz in der ersten Klasse. Die übrigen Wagen waren überfüllt. In ihrem Abteil priesen verblichene Plakate Ferien an, die nunmehr gänzlich ausgeschlossen waren, sonniges Bournemouth, die Norfolk Broads, zur Jagd nach Frankreich. Zur Jagd nach Frankreich? Fiel es denn niemandem ein, die Plakate mit der Weltlage in Einklang zu bringen? Harriet ließ das Fenster herunter, um sich hinauszulehnen und einen letzten Blick auf das zurückbleibende London werfen zu können. Viele Menschen erwischten den Zug nicht mehr oder konnten in letzter Sekunde aufspringen. Unter den Letzteren bemerkte sie ein Gesicht, das sie kannte: Flight Lieutenant Brinklow spurtete den Bahnsteig entlang, als der Zug sich bereits mit einem Ruck in Bewegung gesetzt hatte. Der Offizier riss die Tür ganz am Ende des letzten Wagens auf, nachdem der Schaffner seine Fahne schon gesenkt hatte und der Pfiff ertönt war, und zog sich hinauf. Hatte Mrs. Ruddle nicht gesagt, dass er nur jemanden in London an seine Zähne ließ? Harriet hoffte, dass der Nobelzahnarzt ihn von seinen inzwischen legendären Schmerzen befreit hatte. Sie machte es sich auf ihrem Sitz bequem und begann zu lesen.
    Es war unmöglich, sich zu konzentrieren. Die Vorstellung ließ sie nicht los, wie sie in Talboys eine Tür öffnen und auf den heimgekehrten Peter treffen würde. Wie sie im selben Moment wieder in den Armen ihres Mannes liegen würde, wenn Hope Bunter am Audley Square eintraf. Hans nimmt sein Gretchen, Je der sein Mädchen …
    Bedauerlicherweise war das heutzutage keineswegs gewährleistet. Auf dem Bahnhof in Great Pagford kaufte sich Harriet eine Zeitung. Ein Luftangriff in Schottland hatte das erste zivile Todesopfer auf britischem Boden gefordert. Und als sie zu Hause ankam, fand sie dort weder Peter vor noch eine Nachricht von ihm oder über ihn.

    Mrs. Trapp war überaus erfreut über die Neuigkeiten von Bunter. «Er ist ein guter Diener, Mylady, und das in einer Welt, die wenige davon hat. Und was noch ungewöhnlicher ist, man schätzt ihn für seine Dienste. Ich freue mich, dass wir

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