Wind Der Zeiten
bitte euch,
gewährt den Mackenzies unsere Gastfreundschaft. Ihnen ist ein schreckliches Unrecht geschehen. Reagiert besonnen, auch wenn sie sich zu Provokationen hinreißen lassen sollten. Wenn es Gott gefällt, werden wir die Täter bald gefasst haben. « Und dann hob er die Faust und rief: »Gemeinsam sind wir stark!«
Eine kluge Ansprache zum richtigen Zeitpunkt. Aber welch pathetischer Abschluss. Gerade wollte ich eine entsprechende Bemerkung zu Alan machen, als alle wie aus einem Munde die letzten Worte wiederholten und er mit dröhnender Stimme antwortete: Díleas gu bràth! , was ich mir nach einigem Überlegen mit Für immer treu! übersetzte.
Das klang sehr nach einem Schlachtruf, und als ich Alan auf dem Heimweg darauf ansprach, bestätigte er mir, dass dies schon seit Jahrhunderten der Wahlspruch aller MacCoinnaich-Chiefs war, wann immer sie in den Krieg zogen.
Schweigend stapfte ich neben ihm den Berg zum Castle hinauf und betete dabei das erste Mal seit langer Zeit. Nicht für mich, nicht einmal für uns, und auch zu keinem bestimmten Gott. Aber ich betete dafür, dass es gelingen möge, den Frieden wiederherzustellen und die Übeltäter zu überführen.
Im Herrenhaus stand ein leichtes Mittagessen für uns bereit. Die beiden Brüder blieben anschließend im Speisezimmer, während Mary und ich uns, ganz der Etikette entsprechend, zurückzogen. Sie schaute verlegen und behauptete, sie fühle sich nicht besonders wohl. Und obwohl ich mich dafür schämte, freute ich mich und empfahl ich ihr, etwas zu schlafen.
Welch eine Erleichterung, nicht mehr länger die Rolle einer wohlerzogenen Lady spielen zu müssen. Ich fand Mary zwar eigentlich ganz nett, aber so richtig konnte ich noch
nicht mit ihr warm werden. Es gab einfach zu vieles, das uns trennte.
Kaum war sie die Treppen hinauf verschwunden, sauste ich wie der Blitz durch die Halle, am Wachposten vorbei, grüßte ihn kurz und sprang die Stufen hinunter über den Hof zur Küche. Als ich dort durch die Tür lugte, summte es wie in einem Bienenstock. Die Mädchen sangen und lachten, während die Köchin mal einer gierigen Hand einen Klaps verpasste, mal ein Gericht, das zu verderben drohte, rettete und dabei unentwegt vor sich hin murmelte. Hier war deutlich zu spüren: Morgen war Mittsommer, ein ganz besonderes Jahresfest, und außerdem feierten Mòrag und Duncan Hochzeit. Die Traumhochzeit schlechthin, wie es schien.
»Ach Mädchen, ich weiß gar nicht, wo mir der Kopf steht«, begrüßte mich die Köchin und kam ganz nahe. »Mòrag ist schrecklich durcheinander. Das Beste wäre, du gehst zu ihr nach Hause und beruhigst sie ein wenig.« Nachdem sie mir noch einmal versprochen hatte, dass sie mein Hochzeitsgeschenk, eine große Torte, nicht vergessen würde, lief ich durch das Wäldchen, um meiner Freundin beizustehen. Angus kam mir auf halbem Wege entgegen und stöhnte: »Die Frauen sind verrückt geworden. Sieh zu, dass du ihnen ein wenig Verstand einhauchst.« Und ehe ich etwas antworten konnte, war er schon im Laufschritt gen Herrenhaus verschwunden.
Tatsächlich weinte meine Freundin, und ihre Mutter Dolina lief wie ein aufgescheuchtes Huhn um sie herum, als ich durch die Tür trat. »Joanna!«, rief sie. »Sag du meinem Kind, dass sie die schönste Braut sein wird, die Gleann Grianach je gesehen hat. Ich weiß mir nicht mehr zu helfen.«
Ich ging zu Mòrag und nahm sie in den Arm. »Was ist denn passiert?«
»Mein Kleid ist scheußlich, meine Haare sind widerspenstiger als ein junges Zicklein und«, hier senkte sie ihre Stimme, »ich bin so pelzig.«
Beinahe hätte ich gelacht, aber dann wurde mir klar, dass zumindest diese Sorge meine Schuld war. Ich hatte ihr erzählt, dass sich die Frauen meiner Zeit die Beine und Achselhöhlen rasierten, weil Körperbehaarung als unästhetisch galt. Mehr als einmal hatte ich mit ihr gemeinsam dafür gesorgt, dass Alan meine glatte, haarlose Haut bewundern konnte. Ob Duncan ebenso entzückt sein würde, wusste ich nicht, aber ihren Wunsch erfüllte ich ihr trotzdem gern.
»Zeig mal dein Kleid«, verlangte ich, und sie verschwand gehorsam im Schlafzimmer. Ihre Mutter rang die Hände. »Sie ist unausstehlich.«
»Sie hat Angst.«
»Ach, meine Kleine hätte doch keinen besseren Mann als Duncan finden können. Ich bin zu alt für so was.«
»Unfug, Dolina«, widersprach ich, und sie lächelte mich schelmisch an: »Aber du, Joanna, du kannst ruhig ein wenig über unsere Hochzeitsbräuche lernen. Nimm
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