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Wind & Der zweite Versuch

Wind & Der zweite Versuch

Titel: Wind & Der zweite Versuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Hammerschmitt
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Allernötigste. Kleingeld.«
    Sie schnaubte und drehte sich um, um aus dem Fenster zu sehen. Brav, dachte Goddard, brav gelernte Empörungsshow. Wernher von Braun war ihr größter Prophet, die Nr. 2 in ihrer technologischen Religion, gleich hinter Jesus Christus, von dem ein ultraradikaler Flügel der Sekte, der sich »Das Schwert Gottes« nannte, behauptete, daß er in Wirklichkeit eine Frau gewesen sei. Wegen der langen Haare. Es war schon witzig. Da stand diese Abgesandte der christlichen Raumfahrt vor ihm und beschwerte sich über die Folgen des Bürgerkriegs, den doch ihre Gesinnungsgenossen vor dreißig Jahren erst so richtig angeheizt hatten mit ihrer Forderung nach einem reinen, christlichen Amerika. Sicher, die CSS war erst nach dem Bürgerkrieg entstanden, aus einem kleinen, unbedeutenden Zirkel von Spinnern, die die Stimme Gottes aus den Bauplänen der Raketen des letzten Jahrhunderts vernommen hatten, aber die meisten dieser Leute waren im Bürgerkrieg Mitglieder der militantesten christlichen Terroreinheiten gewesen, wie zum Beispiel der Engel des Herrn oder der Kreuzfahrer des heiligen Grals. Und das Schwert Gottes stand bruchlos in dieser Tradition der blutigen Ekstase. Goddards Kollegen vom FBI lasteten diesen Leuten ca. fünfzig Morde an Homosexuellen, Juden, Muslimen, Buddhisten, Intellektuellen und anderen an, die ihnen offenbar nicht gepaßt hatten, quer durch die Staaten Nordamerikas, und es gab Hinweise darauf, daß einiges von dem Kleingeld, das diese Leute verbrauchten, aus Europa kam. Genauer gesagt aus Rom. Goddard wußte, daß Diskussionen mit diesen Leuten zwecklos waren. Er würde einfach still bleiben. Goddard sah genauer hin und mußte sich selbst zugeben, daß die Frau einen sehr schönen Hintern hatte. In diesem Augenblick fegte Deborah herum und tat so, als wolle sie ihn fixieren. Goddard ließ sich auf diese Kinkerlitzchen nicht ein und sah nun seinerseits aus dem Fenster. Die Startanlagen von Cape Canaveral in schwerem Regen. Rostiges Rot, weiße und schwarze Markierungsstreifen, vom Wasser getunkte, teilweise beschädigte Fahrbahnen, im fernen Dunst verschwindende technische Strukturen, gigantisch.
    »Goddard wollen Sie also heißen. Wie St. Goddard, einer unserer Heiligen. Ich weiß, was Sie und ihre Organisationen wollen. Sie wollen einen starken Staat, Sie wollen wieder Geld und Macht und Mittel wie vor dem Bürgerkrieg. Bei welcher Truppe sind Sie eigentlich? CIA, FBI, NSA oder was sonst?«
    Goddard sah sie lächelnd an.
    »Ist ja auch egal«, sagte Deborah. »Ihr wollt alle das eine. Die Wiedervereinigung. Aber wenn die Menschen kein Symbol der Einheit, keinen Fluchtpunkt für ihre Sehnsucht nach Sicherheit und Verläßlichkeit haben, wenn wir ihnen keine Show bieten, dann wird ihnen das, was sie jetzt haben, lieber sein, oder die Spaltungstendenzen setzen sich sogar noch fort, siehe Alaska. Da draußen wird ein solches Symbol von unseren Technikern zusammengebaut. Wir arbeiten Tag und Nacht. Wir nützen alte Technik, wir nützen neue Technik. Wir haben eingespart, was nur einzusparen war. Aber wenn Apollo II einen Sinn haben soll, dann muß es hier stattfinden. Wir müssen die Saturn V hier zusammenbauen. Wir müssen sie hier starten. Sagen Sie das ihren Auftraggebern und den Wüstenscheichs und den Kaffern im Busch. Sagen Sie ihnen, daß sie diesen beschissenen Staat nicht bekommen, wenn sie weiterhin so geizig sind. Beschaffen Sie uns das Geld für die deutschen Triebwerke.«
    Und sie funkelte ihn böse an. Goddard lächelte.
    »Und was wollt ihr eigentlich?« fragte er sie.
    »Davon verstehen Sie nichts. Beschaffen Sie uns das Geld.«
    Und die Tür schlug hinter ihr zu.
     
    Pierre schob den Wagen leise aus dem Versteck heraus, und die Anspannung gab ihm die Kraft, das Gefährt ohne Probleme und ohne großes Keuchen vorwärtszubewegen, hinaus aus der als Gartenhaus getarnten Garage, in der es zwei Monate lang auf seinen Einsatz gewartet hatte. Die dreirädrige Konstruktion rollte erfreulich leicht, das viele Ganja für das Spezialöl hatte sich also doch gelohnt. Es war leicht genug, um den Kies auf dem Weg durch sein Gewicht nicht zum Knirschen zu bringen, aber auch stabil genug, um zwei erwachsene Piloten zu tragen. Bei Trockenproben hatte es ihn und Fifi jedenfalls ausgehalten, und sie waren nicht zimperlich damit umgegangen. Der Rahmen bestand aus Carbonlaminaten, aus denen man normalerweise Ultraleichtflugzeuge herstellte, alles an dem Gefährt und der

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