Wind des Südens
mürrische Haltung der Mannschaft ihm gegenüber, als hätte er die Jungs absichtlich in Gefahr gebracht. Die Wahrheit war schließlich, dass er sie, auch wenn er gelegentlich zur Peitsche greifen und ihnen lautstark und grob die Panik austreiben musste, doch sicher durch eine Situation geführt hatte, in der andere Kapitäne vielleicht versagt hätten. Er hatte mit dem Bootsmann über die mürrische Stimmung gesprochen, die immer noch über dem Schiff lag.
»Was zum Teufel ist los mit denen? Bring sie auf Vordermann! Die Sonne scheint, und bis Brisbane haben wir jetzt ruhige See.«
»Ich weiß nicht. Sie sind immer noch voller Angst nach den Erlebnissen im Chinesischen Meer, glauben, das Schiff wäre verdammt und die Götter ließen es auf ein verstecktes Riff auflaufen. Ein abergläubischer Haufen!«
»Dann sag Tom, er soll sie bei der Stange halten. Wenn nötig, soll er ihnen die Rationen kürzen.«
Während der Bootsmann zustimmend nickte, wusste Loveridge, dass es sinnlos war, Tom Ingleby, seinem Zweiten Offizier, zu befehlen, die Mannschaft mit der Peitsche zur Ordnung zu rufen. Tom war ein guter Seemann, aber ein schwacher Mensch. Nicht gerade eine Respektsperson. Es würde Matt Flesser, dem Bootsmann, überlassen bleiben, die elenden Jammergestalten, die nicht begriffen, dass die Pechsträhne vorüber war, ins Joch zu zwingen.
Wie auch immer, Loveridge konnte sich angesichts des bedeutenden Passagiers an Bord keine missmutige Mannschaft erlauben, und so beschloss er, es allen recht zu machen, indem er verkündete, dass bei Nacht nicht gesegelt würde. Während der Dunkelheit sollte das Schiff vor Anker liegen, geschützt vor den scharfen Klauen der Korallen.
Loveridge selbst fühlte sich besser nach diesem Entschluss. Der Albtraum der Atlanta -Katastrophe würde ihn plagen bis an sein Lebensende. Er war erst siebzehn gewesen, gemeiner Matrose, als sie zuschanden kam, weil ihr Kapitän den Rat, bei Nacht die Meerenge von Bass zu meiden, in den Wind geschlagen hatte … Judd klang noch immer das Krachen berstenden Holzes in den Ohren, als das Schiff den Felsen rammte, das Schreien und Rufen und das ungestüme Eindringen des Wassers, als trieben sie durch einen stockdunklen Tunnel, in dem die Menschen umherflogen wie Kieselsteine.
Er hatte sich aus der Tiefe hochgekämpft und Luft geschnappt, wenigstens das, und war dann blindlings geschwommen, bemüht, den Kopf über den erbarmungslos wogenden Wellen zu halten, ohne zu wissen, wohin er strebte, ob ans Ufer oder aufs Meer hinaus, was ihm aber seltsamerweise gleichgültig war. An Land wäre er gerannt, in panischer Angst vor einer Macht, die sein junges Leben bedrohte, davongerannt. Um Abstand zu gewinnen.
Judd Loveridge gehörte zu den vier Überlebenden des Schiffsunglücks, das zweiunddreißig Männern den Tod gebracht hatte. Sein Vater, Captain Arnold Loveridge, war mit seinem Schiff untergegangen.
Nicht alle Passagiere waren mit der neuen Regelung einverstanden. Horwood beklagte sich über den Zeitverlust.
»Ich halte das für eine Überreaktion, Captain. Ich verlange, dass dieses Schiff heute Nacht und in den folgenden Nächten weitersegelt. Unvorstellbar, bei solch ruhiger See zu trödeln.«
Der Kapitän ließ Horwood ausreden, gab eine ausweichende Antwort und zuckte mit den Schultern, als der Direktor davonstürmte. Die Riffe und Inseln vor dieser Küste waren noch nicht exakt kartiert, und er schätzte sich glücklich, dass sie ohne Zwischenfälle so weit gekommen waren. Seit sie von der Torres-Straße aus in diese Gewässer gekommen waren, rechnete er jede Minute damit, das gefürchtete Scharren und Knirschen der Katastrophe zu vernehmen, und nachdem er nun seinen Entschluss gefasst hatte, verspürte er große Erleichterung und gönnte es sich, den prachtvollen Ausblick zu genießen. Die kleinen Inseln glichen Edelsteinen, gefasst in saphirblaues Wasser, und er nahm sich vor, diese Beschreibung in sein Logbuch einzutragen.
Es sollte der letzte Eintrag sein.
Lyle Horwood war, als er sich zum Dinner umkleidete, übelster Laune, nestelte an seiner Krawatte und beschwerte sich, dass sein Hemd zu steif gestärkt sei.
»Warum überprüfst du das nicht, wenn der Junge meine Hemden aus der Wäscherei
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