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Wind Die Chroniken von Hara 1

Wind Die Chroniken von Hara 1

Titel: Wind Die Chroniken von Hara 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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niemals nach ihrer Vergangenheit, und sie fing auch von sich aus nie ein entsprechendes Gespräch an. Meiner Ansicht nach dürfte sie jedoch ziemlich düster gewesen sein, ihre Vergangenheit, ein weiterer Grund, sie nicht damit zu quälen. Abgesehen davon scherte es mich einen feuchten Kehricht, was sie früher getan hatte. Ich nahm die Tatsache, dass Lahen über die Gabe verfügte, einfach hin – und Schluss. Ich liebte sie und vertraute ihr. Wir waren nicht nur Freunde und Kollegen, sondern auch ein Paar. Letzteres wusste niemand außer Moltz. Aber der stellte keine unbequemen Fragen und mischte sich nicht in anderer Leute Angelegenheiten ein.
    »Da! Ich sehe sie! Halte dich bereit!«
    Ohne jede Hast zog ich die wollenen Handschuhe aus, steckte sie hinter den Gürtel und streifte mir die Schießhandschuhe über. Danach hob ich den Bogen auf, der ein Zuggewicht von sage und schreibe einhundertachtzig Pfund hatte. Ich stemmte die untere Schulter der Waffe auf den Boden, presste mich auf die obere und spannte mit aller Kraft die Sehne. Über eine Woche lang hatte ich dieses Monstrum eingeschossen und wusste daher, dass ein Pfeil mühelos ein zweihundert Yard entferntes Eichenbrett durchbohrte. Zu bedauerlich, dass ich ihn hier zurücklassen musste. Aber die Freude, mich nach dem Mord mit diesem Ding auf der Straße blicken zu lassen, würde ich niemandem machen …
    »Ich bin bereit.«
    »
Sie kommen raschen Schrittes die Straße hinunter. In einer Minute haben sie dich erreicht.«
    »Gut.«
    »Warte auf mein Signal!«
    Erst nachdem ich genickt hatte, fiel mir ein, dass Lahen mich ja nicht sehen konnte.
    »Es sind sechs Personen bei ihr. Zwei Glimmende und vier Gardisten des Statthalters, zwei davon mit Armbrüsten.«
    »Mir bereiten eher die Glimmenden Sorge.«
    Erneut wogte eine warme Welle über mich hinweg.
»Zerbrich dir über die nicht den Kopf. Die übernehme ich.«
    Ich schnaubte. Lahen blieb der schwierigste Teil unseres Unternehmens vorbehalten, nämlich diese beiden Hexen auszuschalten, um anschließend den Schutzschild, den sie über unserm Ziel gewirkt hatten, wegzuziehen. Nicht für lange. Nur für drei, vielleicht vier Sekunden. Das reichte für den Schuss.
    Mit einem Mal gerieten die Schneeflocken in Aufruhr: Der Wind hatte gedreht. Schlecht.
    »Der Wind hat sich gedreht«,
teilte Lahen mir ebenfalls mit.
»Er kommt jetzt aus Nordwest. In Böen. Vier Finger nach oben.«
    Vier Finger. Das war noch schlechter als befürchtet. Das rückte das Zielen fast in die Nähe eines Glücksspiels. Offenbar war es an der Zeit, Meloth anzuflehen, er möge dafür sorgen, dass der Wind keine weiteren Überraschungen bereithielt. Immerhin erwies sich das Gewicht des Pfeils einmal mehr als Vorteil.
    »Gut. Danke.«
    »Noch zwanzig Sekunden.
Sie sind gerade am Schatzamt.«
    Ich achtete auf einen gleichmäßigen Atem. Ein, aus. Das war ein ganz gewöhnlicher Schuss. Mehr nicht. Solange ich denken kann, schieße ich mit Pfeil und Bogen. Hinter mir liegt der Krieg im Sandoner Wald. Der ist eine Herausforderung gewesen. Aber das hier? Hier stürmt niemand mit einem Schwert auf dich zu. Du musst bloß anlegen, zielen und das tun, wofür du bezahlt wurdest.
    Ich hob den Pfeil mit der weißen Spitze aus einem mir unbekannten Material vom Boden auf und überprüfte noch einmal die Befiederung. War sie noch intakt?
    Den Pfeil hatte mir ein Mann des Auftraggebers überbracht, zusammen mit dem Geld. Als Lahen diese Waffe erblickt hatte, hatte sie sich kategorisch geweigert, sie auch nur anzufassen. Ihre Erklärung erschöpfte sich darin, dass ein solcher Pfeil dazu gemacht sei, in einem Menschen die Grundlage seiner Gabe zu töten, seinen Funken zu löschen und die Seele selbst zu vernichten. Danach stand auch ich diesem Utensil skeptisch gegenüber. Der Auftrag verlangte jedoch glasklar, der Schuss habe mit diesem Pfeil zu erfolgen. So fand ich mich wohl oder übel damit ab.
    »Wir treffen uns im Hafenviertel, an der verabredeten Stelle. Wenn ich in einer Stunde nicht da bin, geh ohne mich.«
    »Du weißt genau, dass ich das nicht tue.«
    Wir hatten vereinbart, die Stadt nicht auf dem Weg zu verlassen, den der Auftraggeber für uns vorgesehen hatte. Schließlich sollte er (oder sie) am Ende doch nicht der Versuchung erliegen, sich seines Werkzeugs zu entledigen. Deshalb hatte Lahen einen eigenen Plan ausgearbeitet. Niemand außer mir und ihr ahnte, wohin wir uns nach dieser Aufgabe begeben wollten. Für alle würden der Graue und

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