Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wind Die Chroniken von Hara 1

Wind Die Chroniken von Hara 1

Titel: Wind Die Chroniken von Hara 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
Vom Netzwerk:
verwandelte, die zum Himmel aufstieg, kurz am höchsten Punkt verharrte und dann auf die Leichen der Bergbewohner zustürzte. Kaum schlug die Kugel auf, platzte sie und verspritzte nach allen Seiten eine smaragdgrüne Flamme.
    »Der Nekromant aus Sdiss!«
    War es also doch ein Hinterhalt gewesen! Vermutlich hatte der Sdisser, den Ta-ana bei den Soldaten aus Nabator gesehen hatte, die Fremden ebenfalls bemerkt und entschieden, sie aufzuhalten, damit sie die Burg der Sechs Türme nicht alarmierten.
    »Weg hier! Rasch!« Da-tur hoffte inständig, die Falle sei noch nicht zugeschnappt und sie würden den starken Klauen des Nekromanten noch einmal entwischen.
    »Komm wieder rauf!«, rief Ta-ana vom Felsvorsprung aus.
    Da-tur drehte sich zurück – und rettete sich mit einem Sprung auf den Sims: Die Toten vom Lagerfeuer hatten sich erhoben. Und stellten sich als außerordentlich flink heraus. Die Kundschafter schafften es kaum, sich gebührend auf die Begegnung mit ihnen vorzubereiten.
    Zwei stürzten sich auf Da-tur, einer auf Ga-nor, der vierte auf Ta-ana. Sie jagte der Ausgeburt der Magie einen Pfeil ins Gesicht, was der Kreatur jedoch keineswegs ihre Schnelligkeit nahm.
    Die vom Mondlicht beleuchteten Fratzen mit den gebleckten Zähnen und den in einem grünen Feuer lodernden Augen hätten jeden das Fürchten gelehrt. Da-tur durchbohrte einem von ihnen die Brust, auch das ohne die geringste Wirkung. Ga-nor, der seinen Angreifer bereits ausgeschaltet hatte, übernahm nun einen von Da-turs Gegnern.
    »Du musst den Kopf abhauen!«, schrie er, während er dem anderen Untoten das Bein abhackte.
    Daraufhin holte Da-tur aus, hieb seinem Gegenüber den halben Schädel ab und eilte Ta-ana zu Hilfe. Dann war alles im Nu vorbei.
    Die beiden Männer atmeten schwer. Ta-ana hockte am Boden und riss mit zitternden Händen die Pfeile aus der Leiche, die sich jetzt endgültig nicht mehr regte. Da-tur zog sie mit einer entschlossenen Bewegung hoch. »Vergiss die Pfeile! Wir müssen so schnell wie möglich aus dieser Schlucht raus!«
    So rasch sie konnten, folgten sie dem Bach. Die Schlucht wurde immer enger, bald schluckten die Felsen den Himmel fast ganz. Wolken schoben sich vor den Mond, ihnen blieb nur das Sternenlicht. In der Dunkelheit war lediglich das schwere Keuchen der drei Späher, das Rauschen des Baches und das zunehmende Tosen eines Flusses zu hören. Nach einer Ewigkeit befahl Da-tur endlich, Rast einzulegen. Sofort streckte sich Ga-nor auf der Erde aus und presste das Ohr an den Boden.
    »Nichts«, verkündete er, als er wieder aufstand. »Aber wir sitzen in der Falle!«
    Niemand widersprach. Man müsste ein Mungo sein, um diese lotrechten Felsen zu erklimmen. Ihre Feinde bräuchten bloß auf beiden Seiten Posten aufgestellt zu haben, und die drei säßen fest.
    »Wir müssen zum Fluss!«, sagte Ta-ana. »Über das Wasser schaffen wir es.«
    »Dann los«, befahl Da-tur.
    Es kostete sie große Mühe, aus dem Fluss mit seiner starken Strömung herauszuwaten. Tief in der Nacht brachten es nur Selbstmörder oder Irbiskinder fertig, ein Bad in dem kalten, reißenden Wasser zu nehmen, wobei sich Erstere das Genick brachen, Letztere überlebten. Nachdem die drei Kundschafter mehr als eine halbe Stunde geschwommen waren, dürften sie die Gefahr allerdings auch weit hinter sich gelassen haben.
    Am Ufer rangen alle drei nach Atem. Ta-ana wrang sich sofort die Haare aus und legte eine neue Sehne in den Bogen aus Eibenholz ein. Anschließend entnahm sie einem Lederfutteral die Pfeile, die in ölgetränktes Papier eingeschlagen waren. Ohne Pfeil und Bogen, das wussten alle, wären sie hier und jetzt dem Tod geweiht.
    Ga-nor hatte Wasser geschluckt und musste erst einmal husten.
    Der Wind vertrieb die Wolken, sodass der Mond wieder am Himmel zu sehen war. In seinem Licht machten die Irbiskinder die fahlen, majestätischen Ruinen Gerkas aus, der Berghauptstadt einer ehemaligen Imperialprovinz. Die Menschen hatten sie verlassen, als der Krieg der Nekromanten ausgebrochen war. Seitdem waren mehr als fünfhundert Jahre ins Land gezogen, doch nach Gerka, in die Stadt der Tausend Säulen, war das Leben nie zurückgekehrt. Die Jahrhunderte hatten die einstige Perle des Hochgebirges in ein totes Königreich verwandelt – das nur noch einen Gast kannte: den kalten Wind. Allabendlich kam er von den schneebedeckten Gipfeln herab, um in den verlassenen Gemäuern wehmütig zu heulen. Das hatte Gerka einen zweiten Beinamen eingetragen: Stadt der

Weitere Kostenlose Bücher