Wind Die Chroniken von Hara 1
weiterhin ein Rätsel, wo sich die Wege von Moltz und unserem Herrn Medikus gekreuzt hatten.
»Wann nehmt ihr die Sache in Angriff?«, fragte Moltz schließlich.
»Sobald wir uns umgesehen haben.«
»Schiebt es nicht auf die lange Bank. Man könnte euch erkennen. Falls ihr Hilfe braucht, steht euch Stumpf zur Verfügung. Zu jeder Tages- und Nachtzeit.«
»Das wissen wir zu schätzen. Und vielen Dank für das Essen«, sagte ich, stand auf und nickte Stumpf zum Abschied zu. »Wir melden uns bei dir, sobald ich mir einen Eindruck von der Lage verschafft habe.«
»Habt ihr ein Quartier für die Nacht?«
»Ja.«
Allerdings würden wir den beiden nicht sagen, wo.
»Stumpf, begleite unsere Gäste hinaus«, verlangte Moltz. »Ich werde für das Gelingen eures Vorhabens beten.«
Und auch diesmal war mir schleierhaft, ob Moltz im Scherz oder im Ernst sprach.
Der Wein in dem Kristallglas funkelte rot wie Blut. In Vorfreude auf den herben, ausgeprägten Geschmack reifer Beeren nippte Moltz daran. Eigentlich mochte die gute Bäckersfrau keinen Wein, aber heute verlangte es sie nach etwas Starkem, weshalb sie ihn nicht einmal mit Wasser verdünnte. Doch obwohl der Wein von vorzüglicher Qualität war, verzog sie das Gesicht, als habe sie Essig getrunken.
Trocken. Sie konnte trockenen Wein nicht ausstehen. Noch dazu roten. Wie brachte Stumpf diese Plörre – die zwar fünf Soren die Flasche kostete, aber dennoch ein Gesöff blieb – nur hinunter? Angewidert stellte sie das Glas auf den Tisch zurück, überlegte es sich dann jedoch anders und stürzte den Wein in einem einzigen Schluck hinunter. Diesmal ohne eine Miene zu verziehen. Das hätte sie besser nicht getan. Tief in ihrem Inneren glomm ein Feuer auf.
Die Tür öffnete sich, und Stumpf kam zurück. Er wirkte beunruhigt und nahm ihr gegenüber Platz, doch die gute Bäckersfrau schwieg beharrlich weiter, ohne den Mann, mit dem sie seit zwanzig Jahren zusammenlebte, eines Blickes zu würdigen.
»Das hab ich ja noch nie erlebt«, brach Stumpf schließlich das Schweigen. »Seit wann trinkst du Wein?«
»Spar dir deinen Spott, dafür ist jetzt nicht der rechte Moment!«
»Oh, wenn du mich fragst, könnte der Moment gar nicht geeigneter sein. Denn uns allen wird schon bald die Lust an solchen Plänkeleien vergehen. Sie sind übrigens weg, falls du das wissen willst.«
»Nein.«
»Wieso bist du so mürrisch?«, fragte er. »Im Grunde ist es doch ganz glimpflich abgegangen.«
»Stimmt. Die beiden hätten auch weniger gefällig und umgänglich sein können.«
»Der Graue hat keinen Grund, dir irgendwas zu verübeln. Außerdem würde ich ihm nicht raten …«
»Und Lahen?«, fiel sie ihm ins Wort. »Wie willst du sie aufhalten, wenn sie auf die Idee kommt, dein Hirn zu verschmurgeln?«
»Hat sie ja nicht.«
»Weil sie keinen Grund hatte. Wie jeder verständige Mensch greift sie nur im Notfall zu solchen Maßnahmen. Da ich die beiden jedoch nicht an die Wand gedrückt habe, konnten sie sich friedfertig geben.«
»Trotzdem bist du beunruhigt.«
»Sie wissen etwas über den Jungen.«
»Wie kommst du darauf?«, fragte Stumpf und langte nach der Flasche.
»So stur, wie der Graue ist, hätte er sonst darauf gedrungen, dass ich ihm Rede und Antwort stehe.«
»Vielleicht ist er mit den Jahren etwas klüger geworden«, gab Stumpf zu bedenken. »Oder es ist ihm im Grunde egal.«
»Bei seinem Misstrauen?«, schnaubte sie. »Ich bitte dich, red keinen Unsinn. Nein, er will unbedingt wissen, warum Shen Knuth begleitet hat. Und weshalb wir den dreien einen Mann mitgegeben haben, der nicht in der Gilde ist.«
»Meiner Ansicht nach hast du dich doch gut aus der Affäre gezogen.«
»Nur habe ich nicht damit gerechnet, dass der Graue weiß, dass der Junge nicht zur Gilde gehört«, sagte sie seufzend und stand auf. »Das war ein Fehler.«
»Du bedauerst, dich auf diese Sache eingelassen zu haben?«
»Nur eine Närrin hätte sich dieser Bitte widersetzt. Schließlich hat man mir klar zu verstehen gegeben, welch fatale Folgen es haben könnte, sollte ich nicht kooperieren. Und zwar nicht nur für mich, sondern auch für dich. Mir blieb also gar nichts anderes übrig, als mich auf die Geschichte einzulassen.«
»Warum wollten die den Jungen überhaupt mit auf diese Reise schicken? Wenn er noch nicht mal ein Gijan ist? Haben sie uns nicht vertraut?«
»Frag sie das doch selbst!«
»Nein danke. Ich werde auch ohne eine Antwort auf diese Frage ruhig schlafen. Was ist, wenn
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