Wind Die Chroniken von Hara 1
ich habe ja stets gesagt, dass der Graue und Lahen ein schönes Paar sind. Das seine Arbeit obendrein ganz meisterlich ausführt! Erinnert ihr euch noch an die guten alten Zeiten? Goldene Jahre waren das!«
Wir verstanden die Anspielung sofort. Lahen holte aus dem geschulterten Beutel das vorbereitete Säckchen und legte es auf den Tisch. Fünfzehn Münzen zu hundert Soren, das war der Anteil, den Moltz für unseren letzten Auftrag erwarten durfte. Auch wenn die Gilde mir diese Arbeit nicht vermittelt und deshalb im Grunde keinen Anspruch auf ein Zehntel des Honorars anmelden konnte – aber hier sollten wir lieber keinen falschen Geiz an den Tag legen. Besser, wir zahlten und sicherten uns auf diese Weise ein einvernehmliches Verhältnis. Anderthalb tausend Soren. Manch einer erwirtschaftete in fünf Leben keine solche Summe. Was jedoch am erstaunlichsten war: Mir tat es um das Geld nicht einmal leid.
Moltz nahm das Säckchen an sich, knüpfte es auf und lugte hinein. »Das Leben dieser Schreitenden hat ja einiges gekostet. Als ich von der Geschichte gehört habe, war mein erster Gedanke: Wie dumm von euch. Aber da wusste ich noch nicht, wie viel ihr für den Mord erhalten würdet. Im Übrigen habt ihr die Sache ganz hervorragend über die Bühne gebracht. Und auch euren Abgang macht euch so schnell niemand nach. Nachdem die Glimmenden die Nachbarhäuser in Schutt und Asche gelegt hatten, haben sie erst vier Tage später den Bogen gefunden. Was für eine Position für einen Schuss! Ein paar Leute haben aus purer Neugier versucht, ihn nachzuahmen. Allerdings vergeblich.«
Moltz schob den Beutel zur Seite, machte sich übers Essen her und plauderte selbstvergessen über allerlei Themen, angefangen vom Wetter bis hin zu den Mehlpreisen. Wir konnten nur selten etwas einflechten. Stumpf trank mehr, als er aß, und blickte immer mürrischer drein. Erst nachdem das Geschirr wieder abgeräumt war, kamen wir zur Sache.
»Wollt ihr lange in der Stadt bleiben?«, fragte Moltz.
»Das wird sich zeigen«, antwortete ich. »Du willst sie wohl nicht verlassen?«
»Wohin sollte ich schon gehen? Mein ganzes Leben habe ich in Alsgara zugebracht. Und ein altes Pflänzchen wie mich topfst du nicht mehr um.«
»Was, wenn die Stadt belagert wird?«
»Oh, ich werde gewiss nicht verhungern. Glaub mir, meine Vorräte reichen vollauf, um mich und meine lieben Kinderchen durchzufüttern. Außerdem steht die Belagerung längst nicht vor der Tür. Dafür müssten die Nabatorer erst einmal unsere Armee überwinden.«
»Was ihnen aber mit Sicherheit gelingen wird. Und wenn der Hunger erst mal da ist, werden die Bäcker als Erste kaltgemacht.«
»Das soll nur mal jemand wagen«, knurrte Stumpf und kippte einen weiteren Becher Wein hinunter, der bei ihm jedoch nie auch nur die geringste Wirkung zeigte.
»Dass du allen Plünderern den Hals umdrehst, daran habe ich nun wirklich keinen Zweifel«, murmelte Lahen. »Aber was, wenn Soldaten auftauchen? Oder die Gardisten des Statthalters? Bei allem Respekt gegenüber deinen Männern, aber denen habt ihr kaum etwas entgegenzusetzen.«
»Wenn jemand auf Befehl des Statthalters oder des Stadtrats hier auftaucht, dann schließe ich die Keller auf«, erklärte Moltz gelassen. »Schließlich lasse ich mich nicht lumpen, wenn es um meine Heimatstadt geht.«
»Schon gar nicht, wenn es noch ein geheimes Lager gibt, das doppelt so groß ist wie das offizielle«, sagte Stumpf grinsend. »Nein, um meinen Bauch mache ich mir keine Sorgen.«
Moltz warf ihm einen unzufriedenen Blick zu. Ich wusste, wie umsichtig das Oberhaupt der Gilde plante. Manche Neider, die heute allerdings tot waren, hatten gern behauptet: Wenn jeder Mensch ein Geheimversteck hat, dann hat Moltz deren zehn.
»Ich hätte jedenfalls nie damit gerechnet, dass ihr zurückkommt«, fuhr Moltz fort.
»Du hast doch selbst nach uns geschickt.«
»Trotzdem hatte ich angesichts der Umstände nicht damit gerechnet. Aber ich bin froh, dass meine Warnung euch erreicht hat. Ich habe mir große Sorgen um euch gemacht.«
»Reden wir doch offen miteinander«, verlangte ich. »Du hast all das doch nicht nur in die Wege geleitet, um uns zu helfen. Wenn du mich fragst, tätest du nichts lieber, als Yokh endlich abzuservieren. Genauer gesagt, von uns abservieren zu lassen. Und da trifft es sich ganz ausgezeichnet, dass wir keine andere Wahl haben und diesen Kerl tatsächlich aus dem Weg schaffen müssen.«
»In den Jahren, in denen wir uns nicht
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