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Wind Die Chroniken von Hara 1

Wind Die Chroniken von Hara 1

Titel: Wind Die Chroniken von Hara 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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Zum Beispiel von den Untoten. Und dann wären sie mit Sicherheit verloren. Abgesehen davon hatte Luk recht: Er stellte bei diesem Unternehmen keine Hilfe dar. Er stapfte durch den Wald wie ein wilder Eber, sodass ihn selbst ein Tauber hören musste. Er, Ga-nor, verließ sich also wirklich besser auf sich selbst. »Gut, versuchen wir’s.«
    Er kroch an der Wand entlang zum Fenster und von dort aus zum Ofen. Nun galt es, den Abschnitt zu überwinden, bei dem er unter Beschuss geraten konnte. Da Luk ahnte, was Ga-nor vorhatte, rückte er etwas zur Seite. Der Irbissohn setzte zum Sprung an – und entkam auch diesmal nur um Haaresbreite dem Pfeil.
    »Dieses sture Miststück«, zischte Ga-nor.
    »Hauptsache, er hat nicht getroffen!«
    Sofort ließ sich Ga-nor ins Loch hinab. Die Grube war etwa halbmannshoch, sodass sein Oberkörper noch herausragte. »Warte hier! Wenn was ist, schreie ich.«
    »Kann ich sonst noch was tun?«
    »Bete für mich«, erwiderte Ga-nor und tauchte vollends ab.
    In der Grube herrschte Dämmerlicht, und es stank gewaltig nach Schimmel, Feuchtigkeit und Erde. Nachdem sich Ga-nor kurz orientiert hatte, entschied er sich für die Wand, die der Tür gegenüberlag. Die dürfte die Ascheseele kaum im Auge behalten, schließlich nahm sie ja an, der einzige Weg hinaus führe durch die Tür oder die Fenster.
    Da es beim besten Willen nicht möglich war, gebückt zu laufen, musste er auf allen vieren kriechen. Zum Glück brauchte er aber nur ein kurzes Stück zu überwinden, bis er die Wand erreichte. Sobald sich der Irbissohn dort gegen eines der Bretter stemmte, tat sich ein Spalt auf.
    Ga-nor lauschte aufmerksam, vernahm jedoch kein verdächtiges Geräusch. Die Vögel zwitscherten, die Insekten surrten, der Wind spielte in den Wipfeln der hochgewachsenen Platanen. Der Fährtenleser presste sich gegen die Wand und spähte durch den Spalt hinaus. Dummerweise beeinträchtigten die Sicht Brombeersträucher, die förmlich unter der Last der dunkel-violetten Früchte zusammenbrachen. So konnte er nur hoffen, dass ihr Feind tatsächlich immer noch auf der anderen Seite lauerte.
    Er zog den Dolch heraus, setzte die Klinge als Hebel ein und brach sich auf diese Weise den Weg frei. Dabei legte er größte Vorsicht an den Tag, damit – da sei Ug vor! – das Holz nicht barst. Und er schaffte es, nicht ein Geräusch war zu hören. Die Bretter gaben willig nach, und nach wenigen Minuten geduldiger Arbeit kroch der Irbissohn unter der Hütte hervor.
    Wie eine Natter robbte er bäuchlings zu den Brombeersträuchern. Ohne auf ihre Dornen zu achten, brachte er auch dieses Hindernis hinter sich und kroch schließlich über Moos zur nächsten Platane. Die Strecke von lächerlichen zehn Yard kostete ihn geschlagene fünfzehn Minuten, aber dafür übertraf er in der Kunst, mit dem Wald zu verschmelzen, sogar noch die Hochwohlgeborenen: Nicht ein einziger Ast brach, nicht einmal der kümmerlichste Strauch erzitterte, ja, selbst die Vögel schreckte er nicht auf.
    Nachdem er eine Vertiefung zwischen den gewaltigen Baumwurzeln erreicht hatte, atmete er erleichtert durch. Damit lag der schwierigste Teil hinter ihm. Von nun an dürfte es einfacher werden. Immerhin wusste er einen Vorteil auf seiner Seite: Der Feind hatte nicht die geringste Ahnung, dass jemand aus der Hütte entkommen war. Das musste er nutzen.
    Nach der Kriecherei durch die Brombeersträucher bedeckten zwar blutige Kratzer seinen Körper und das Gesicht. Doch um die würde er sich später kümmern. Zum Glück war eine Ascheseele ja kein Untoter. Sie besaß kein so feines Näschen – und Blut witterte sie schon gar nicht.
    Geduckt eilte er von Baum zu Baum und sah sich erst um, als er achthundert Yard tief in den Wald eingedrungen war.
    Wenn Luk nicht gewesen wäre, hätte er selbst jetzt nicht innegehalten, sondern wäre weitergerannt, bis ihm die Kräfte versagten. Seine Spuren hätte er so verwischt, dass nicht einmal die Verdammten ihn fänden. Aber er musste zurück. Ug würde ihn hart bestrafen, wenn er den Gefährten im Stich ließe. Und die Aussicht, nach dem Tod durch die eisigen Untiefen des Vergessens zu streifen, schreckte ihn mehr als der Gedanke, einer Ascheseele gegenüberzutreten.
    Deshalb rannte er nicht weiter nach Norden, sondern schlug einen Haken nach Osten und legte weitere vierhundert Yard zurück. Von außen mochte es aussehen, als hetze er ohne jeden Sinn und Verstand durch den Wald – doch auf diese Weise könnte er dem Feind am Ende

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