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Winslow, Don

Winslow, Don

Titel: Winslow, Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tage der Toten
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School. Keller besucht
Cassies Volleyball-Turniere und Michaels Schwimmwettkämpfe, danach geht er mit
ihnen essen, wenn sie nicht schon etwas anderes vorhaben. Einmal monatlich
kommen sie brav zu ihm in seine Stadtwohnung, er lässt sich alles mögliche
einfallen, um sie zu beschäftigen, aber meistens hängen sie nur am Pool ab,
zusammen mit den anderen »Wochenend-Daddys« und ihren Kindern. Und sie lassen
ihn spüren, dass ihnen diese Pflichtbesuche, die ihre eigenen Pläne durchkreuzen,
immer lästiger werden.
    Keller kann daher verstehen, wenn sie ihm mit einem freundlich gemeinten
»Nächstes Mal!« absagen.
    Eine Freundin hat er nicht. Es gab da ein paar kurze Geschichten mit
geschiedenen Frauen - wenn sich denn zwischen beruflichen Terminen und
Erziehungspflichten auch einmal die Gelegenheit ergab, miteinander ins Bett zu
gehen. Aber diese Art von Sex war eher traurig als befriedigend, und bald gab
er es auf.
    In den meisten Nächten also leisten ihm die Toten Gesellschaft.
    Sie haben immer Zeit für ihn, und sie sind viele. Ernie Hidalgo, Pilar
Talavera und ihre zwei Kinder. Juan Parada. Allesamt Opfer seines Privatkriegs gegen die
Barreras. Sie besuchen ihn des Nachts, reden mit ihm, fragen ihn, ob es die
Sache wert war.
    Bis jetzt zumindest lautet seine Antwort nein.
    Keller verliert seinen Krieg.
    Das Barrera-Kartell macht mittlerweile einen Profit von acht Millionen
Dollar pro Woche. Die Hälfte des Kokains und ein Drittel des Heroins, das in
Amerika verkauft wird, wird von den Barreras geliefert. Praktisch auch das
ganze Methamphetamin westlich des Mississippi.
    In Mexiko ist Adáns Macht ungebrochen. Er hat die Federación seines Onkels wiederaufgebaut, er ist der allseits
respektierte patrón. Kein anderes Kartell kann ihm das Wasser reichen. Zudem hat er seine eigene
Logistik in Kolumbien errichtet, er ist unabhängig von Cali und Medellin.
Das Drogenimperium der Barreras trägt sich selbst - von der Coca-Pflanze bis
zum Kleindealer an der Straßenecke, von der Mohnblüte bis zum Spritzbesteck,
vom Hanfsamen bis zum Haschisch-Ziegel, vom Norephedrin bis zum
Crystal-Ecstasy.
    Das Barrera-Kartell, resümiert Keller, ist ein vertikal integrierter,
sehr vielseitiger Drogenkonzern, der zudem auch »legale« Geschäfte betreibt.
Massiv investiert haben die Barreras in Niedriglohnfabriken entlang der Grenze,
in Immobilien im Südwesten der USA, überall in Mexiko und besonders in den
Badeorten Puerto Vallaría und Cabo San Lucas - auch in Banken und Sparkassen zu beiden Seilen der Grenze.
Finanziell ist das Kartell aufs engste mit den reichsten und mächtigsten
mexikanischen Konzernen verflochten.
    Jetzt ist Keller am Weißen Haus angekommen.
    Haley Saxon kommt ins Vestibül, um ihn zu begrüßen.
    Lächel professionell und überreicht ihm den Zimmerschlüssel.
    Nora sitzl auf dem Beíí.
    Sie siehi umwerfend aus in ihrem schwarzen Kleid. »Wie gehr's dir?«, fragt
er.
    Das rote Kleid war das Signal, dass sie ihn treffen wollte. Seit mehr als
zwei Jahren schon hinterlegt sie ihm Nachrichten in diversen toten Briefkästen.
    Nora hat ihm vom Treffen der Orejuela-Brüder mit Adán berichtet, so
dass die beiden vor dem Rückflug nach Kolumbien verhaftet werden konnten.
    Nora hat ihm erklärt, wie die neue Federación aufgebaut ist. Und sie hat ihm hundert kleine
Einblicke geliefert, aus denen er tausend neue Erkenntnisse gewinnen konnte.
Vor allem ihr ist zu verdanken, dass er die Kommandostruktur des Kartells in
der Baja-Provinz und in Kalifornien kennt, die Lieferwege, die Depots, die
Kuriere. Wann die Ware kam, wann das Geld floss, wer wen warum ermordet hat.
    Sie hat jedes Mal ihr Leben riskiert, wenn sie ihn bei ihren
Shopping-Touren nach San Diego und Los Angeles traf, bei ihren Badeurlauben
und anderen Reisen in die USA, die sie ohne Adán unternommen
hat.
    Die Tarnung, deren sie sich bedienen, ist verblüffend einfach. Da das
Kartell sowieso über bessere Technik verfügt als Keller in seiner Behörde und
außerdem keinerlei gesetzlichen Schranken unterworfen ist, können sie die
Überwachungstechnik nur unterlaufen, indem sie ganz auf Technik verzichten:
Nora setzt sich einfach in ihr Hotelzimmer, schreibt ihre Informationen auf,
steckt sie in einen Umschlag und schickt sie an ein Postfach, das Keller eigens
zu dem Zweck eingerichtet hat.
    Kein Handy.
    Kein Internet.
    Die gute alte Schneckenpost.
    Nur in Notfällen hinterlässt sie ein rotes Kleid in der Umkleidekabine
ihrer Lieblingsboutique. Die

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