Winston 2 - Agent auf leisten Pfoten (German Edition)
Anna, was Babuschka gerade auf Russisch zu ihr gesagt hat. »Warum? Wir leben in Deutschland. Ich spreche nur noch ganz selten Russisch. Ich finde es wichtig, dass Kira perfekt Deutsch spricht, damit sie hier Erfolg hat. Außerdem ist Kira gut erzogen!«
Babuschka schüttelt den Kopf und murmelt irgendetwas Unverständliches. Sie ärgert sich, klare Sache. Aber auch Anna guckt, als ob ihr eine Laus über die Leber gelaufen sei. Ihr Mund ist auf einmal ganz schmal und ihre Augen sehen aus wie Schlitze. Kein gutes Zeichen! Wahrscheinlich hatte Werner recht: Anna will ihrer Mutter beweisen, dass hier in Deutschland alles bestens läuft. Und wenn Babuschka das anzweifelt, ärgert sich Anna. Die Erziehung von Kindern ist offenbar eine große Sache bei den Menschen. Da will niemand etwas falsch machen und als schlechte Mutter oder schlechter Vater dastehen. Pfff – wenn man mich fragt: Erziehung wird maßlos überschätzt! So wichtig ist die nun auch wieder nicht. Aber mich fragt natürlich niemand.
Werner steckt den Kopf durch die Küchentür. »Ah, ein Mutter-Tochter-Gespräch, wie schön!« Anna wirft ihm einen giftigen Blick zu, sie findet seine Bemerkung offenbar gar nicht lustig. Werner zuckt entschuldigend mit den Schultern. »Ich will auch gar nicht weiter stören, sondern wollte nur fragen, ob die Damen wohl an einem Restaurantbesuch interessiert wären. Nachdem die Fischstäbchen heute Mittag zwar außerordentlich lecker waren, aber unserem Gast zu Ehren vielleicht doch nicht das Richtige, würde ich euch gerne zu meinem Lieblingsitaliener einladen. Im Come Prima im Eppendorfer Weg schmeckt es einfach fantastisch.«
Anna zögert. »Ach, ich weiß nicht – Mutter, was meinst du?«
» Liebling? Ist Freund von Professor?«
Werner lacht. »Gewissermaßen, Frau Kovalenko. Ricardo kenne ich schon seit vielen Jahren, er kocht meiner Meinung nach einfach das beste italienische Essen hier in der Gegend. Kennen Sie die italienische Küche?«
Babuschka schüttelt den Kopf und macht dazu ein Gesicht, als hielte sie es für absolut ausgeschlossen, dass ein italienischer Koch in der Lage ist, etwas Schmackhaftes zuzubereiten.
Was für eine schwierige Frau! Ich kenne mich damit natürlich nicht aus, weil Werner mich noch nie zu diesem Ricardo mitgenommen hat, ABER: Wenn mein Herrchen etwas empfiehlt, ist es auch gut! Ehrensache! Abgesehen davon ist es ein bisschen unfreundlich, auf eine nette Einladung so zu reagieren. Finde ich jedenfalls.
Anna scheint das Gleiche zu denken wie ich, jedenfalls rollt sie mit den Augen und sagt dann: »Mamuschka! Die italienische Küche ist weltberühmt! Und wenn der Herr Professor ein Restaurant empfiehlt, ist es bestimmt Spitzenklasse.«
»So?« Babuschka guckt ihre Tochter zweifelnd an. »Na, dann gehst du vielleicht allein mit Professor? Sowieso besser! Ich passe auf Kind und auf Kater auf.« Jetzt lächelt sie und freut sich offenbar über ihre Idee, Werner und Anna allein loszuschicken. Was daran besser sein soll, ist mir allerdings nicht klar. Gut, ich freue mich natürlich, wenn Kira hierbleibt – vielleicht kann ich dann endlich versuchen, ihr unseren Emilia-Rettungsplan zu erklären. Auf Babuschka als Aufpasserin kann ich allerdings gut verzichten. Also, Werner, die Dame nimm mal bitte mit!
»Äh«, Werner klingt verlegen, als ob Babuschka irgendetwas gesagt hätte, was ihm ein bisschen peinlich ist, »nein, äh, also, ich freue mich, wenn Sie uns begleiten. Sie sind doch unser Ehrengast! Außerdem kann Kira gern mitkommen – ein so wohlerzogenes Kind habe ich immer gern dabei.«
Jetzt strahlt Anna Werner an und ich wünsche mir, Odette würde mich so ansehen. Babuschka hingegen zuckt mit den Schultern, sie scheint anderer Meinung zu sein. Mir unbegreiflich – sind denn wohlerzogene Kinder in diesem Russland so anders? Dazu sagt Babuschka aber leider nichts. Stattdessen ringt sie sich endlich mal zu einem Lächeln durch.
»Gutt, gutt. Dann komm ich mit. Vielen Dank, Herr Professor, für Einladung!«
»Klasse! Dann hole ich meine Jacke und sage Kira Bescheid.« Werner trabt aus der Küche, ich trabe hinterher. Im Wohnzimmer sitzt sie nicht mehr, also laufen wir weiter zu ihrem Zimmer. Kurz bevor wir es erreichen, bilde ich mir ein, Kiras Stimme zu hören – als ob sie mit jemandem redet. Und zwar ziemlich aufgeregt. Werner klopft kurz an, Kira öffnet. Außer ihr ist niemand da. Merkwürdig. Seit wann führt Kira Selbstgespräche? Werner scheint sich allerdings
Weitere Kostenlose Bücher