Winter
diese unhandlichen und unfaÃlichen Umstände immer mitzunehmen; und so kam man überein, sie ab und zu hinauszustellen. â Da sie aber Ãberfluà waren, das Stärkste, ja eben zu Starke, das Gewaltige, ja Gewaltsame, das Unbegreifliche, oft Ungeheuere â: wie sollten sie nicht, an einer Stelle zusammengetragen, EinfluÃ, Wirkung, Macht, Ãberlegenheit ausüben? Und zwar nun von AuÃen. Könnte man die Geschichte Gottes nicht behandeln als einen gleichsam nie angetretenen Teil des menschlichen Gemütes, einen immer aufgeschobenen, aufgesparten, schlieÃlich versäumten, für den eine Zeit Entschluà und Fassung da war, und der dort, wohin man ihn verdrängt hatte, nach und nach zu einer Spannung anwuchs, gegen die der Antrieb des einzelnen, immer wie
der zerstreuten und kleinlich verwundeten Herzens kaum noch in Frage kommt.
Sehen Sie, und so ging es nicht anders mit dem Tod. Erlebt, und doch, in seiner Wirklichkeit, uns nicht erlebbar, uns immerfort überwissend und doch von uns nie recht zugegeben, den Sinn des Lebens kränkend und überholend von Anfang an, wurde auch er, damit er uns im Finden dieses Sinnes nicht beständig unterbräche, ausgewiesen, hinausverdrängt, er, der uns wahrscheinlich so nahe ist, daà wir die Entfernung zwischen ihm und der inneren Lebensmitte in uns gar nicht feststellen können, er wurde ein ÃuÃeres, täglich Ferngehalteneres, das irgendwo im Leeren lauerte, um, in bösartiger Auswahl, den und jenen anzufallen â; mehr und mehr stand der Verdacht wider ihn, daà er der Widerspruch, der Widersacher sei, der unsichtbare Gegensatz in der Luft, der, an dem unsere Freuden eingehen, das gefährliche Glas unseres Glücks, aus dem wir jeden Augenblick können vergossen werden.
Gott und Tod waren nun drauÃen, waren das Andere, und das Eine war unser Leben, das nun um den Preis dieser Ausscheidung menschlich zu werden schien, vertraulich, möglich, leistbar, in einem geschlossenen Sinn das Unsrige. Da aber in diesem gewissermaÃen für Anfänger eingerichteten Lebenskurs, in dieser Lebensvorklasse, der zu ordnenden und begreifenden Dinge immer noch unzählige waren und zwischen gelösten Aufgaben und nur eben vorläufig übersprungenen nie ganz strenge Unterschiede gemacht werden konnten, so ergab sich, selbst in dieser eingeschränkten Fassung, kein gerader und zuverlässiger Fortgang, sondern man lebte, wie es kam, von wirklichen Erträgen und Fehlersummen und aus allem Ergebnis muÃte endlich wiederum als Grundfehler eben diejenige Bedingung hervortreten, auf deren Voraussetzung dieser gan
ze Daseinsversuch aufgerichtet war, indem nämlich aus jeder in Gebrauch genommenen Bedeutung Gott und Tod abgezogen schienen (als ein nicht Hiesiges, sondern Späteres, Anderwärtiges und Anderes), beschleunigte sich der kleinere Kreislauf des nur Hiesigen immer mehr, der sogenannte Fortschritt wurde zum Ereignis einer in sich befangenen Welt, die vergaÃ, daà sie, wie sie sich auch anstellte, durch den Tod und durch Gott von vorneherein und endgültig übertroffen war. Nun hätte das noch eine Art Besinnung ergeben, wäre man imstande gewesen, Gott und Tod als bloÃe Ideen sich im Geistigen fernzuhalten â: aber die Natur wuÃte nichts von dieser uns irgendwie gelungenen Verdrängung â blüht ein Baum, so blüht so gut der Tod in ihm wie das Leben, und der Acker ist voller Tod, der aus seinem liegenden Gesicht einen reichen Ausdruck des Lebens treibt, und die Tiere gehen geduldig von einem zum anderen â und überall um uns ist der Tod noch zu Haus und aus den Ritzen der Dinge sieht er uns zu, und ein rostiger Nagel, der irgendwo aus einer Planke steht, tut Tag und Nacht nichts, als sich freuen über ihn.
Und auch die Liebe, die zwischen den Menschen die Zahlen verwirrt, um ein Spiel von Nähen und Fernen einzuführen, in dem wir immer nur so weit einreihen, als wäre das Weltall voll, und nirgends Raum als in uns; â auch die Liebe nimmt nicht Rücksicht auf unsere Einteilungen, sondern reiÃt uns, zitternd wie wir sind, in ein endloses BewuÃtsein des Ganzen hinein. â Die Liebenden leben nicht aus dem abgetrennt Hiesigen; als ob nie eine Teilung vorgenommen worden wäre, greifen sie den ungeheueren Besitzstand ihrer Herzen an, von ihnen kann man sagen, daà ihnen Gott wahrhaft wird und daà der Tod
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