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Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Titel: Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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gereinigt werden, indem wir Juden und andere Degenerierte aus dem Volkskörper entfernen und gemischtrassige Verbindungen verhindern, aus denen nur Bastarde entstehen können. Doch die Euthanasie gehörte nie zur nationalsozialistischen Politik. Wir sind entschlossen, manchmal auch brutal, aber wir ermorden keine Menschen. Das ist eine bolschewistische Lüge.«
    Die Vorwürfe seines Vaters waren also unbegründet gewesen. Dennoch weinte Erik manchmal um ihn.
    Zum Glück hatte er viel zu tun. Ständig wurden neue Patienten gebracht, zumeist Männer, die am Tag zuvor verwundet worden waren. Dann folgte jedes Mal eine kurze Ruhephase, bevor die ersten Verwundeten des neuen Tages eintrafen. Nachdem Weiss den Soldaten mit dem Frostbrand operiert hatte, gönnte er sich gemeinsam mit Erik und Hermann eine kurze Pause in der überfüllten Kantine.
    Hermann schaute von seiner Zeitung auf. »In Berlin heißt es, wir hätten bereits gesiegt!«, sagte er. »Die sollten lieber mal herkommen und sich das selbst ansehen.«
    Dr. Weiss legte wieder seinen gewohnten Zynismus an den Tag. »Der Führer hat im Sportpalast eine hochinteressante Rede gehalten«, sagte er. »Er hat über die Minderwertigkeit der Russen gesprochen. Also, ich finde das sehr beruhigend. Ich hatte nämlich schon den Eindruck, als wären die Russen der zäheste Feind, mit dem wir es bis jetzt zu tun gehabt haben. Sie haben länger und härter gekämpft als die Polen, die Belgier, die Niederländer, die Franzosen und die Briten. Sie mögen schlecht ausgerüstet, miserabel geführt und halb verhungert sein, aber sie rennen mit ihren veralteten Gewehren gegen unsere Maschinengewehre an, als wäre es ihnen egal, ob sie leben oder sterben. Da freut es mich wirklich, wenn der Führer sagt, dieses Verhalten sei nur ein weitererBeweis für die Tierhaftigkeit der Russen. Ich hatte schon Angst, sie könnten todesmutige Patrioten sein.«
    Wie immer tat Weiss so, als würde er mit dem Führer übereinstimmen, während er in Wirklichkeit genau das Gegenteil meinte. Hermann schaute verwirrt drein; Erik jedoch verstand seinen Vorgesetzten sehr genau und reagierte gereizt. »Egal, was die Russen sind, sie verlieren so oder so«, sagte er. »Wir sind nur noch sechzig Kilometer von Moskau entfernt. Der Führer hat recht gehabt.«
    »Und er ist auch viel klüger als Napoleon«, fügte Dr. Weiss hinzu.
    »In Napoleons Heer gab es nichts Schnelleres als die Pferde«, sagte Erik. »Heute haben wir Motorfahrzeuge und Funk. Dank moderner Technik haben wir Erfolg, wo Napoleon gescheitert ist.«
    »Sagen wir lieber, wir werden Erfolg haben … wenn Moskau fällt.«
    »Bis dahin sind es nur noch wenige Tage, vielleicht sogar Stunden. Das können Sie doch nicht anzweifeln!«
    »Nicht? Ich habe gehört, dass einige unserer eigenen Generale vorgeschlagen haben, anzuhalten und eine Verteidigungsstellung zu errichten. Dann könnten wir uns den Winter über neu versorgen und im Frühling mit der Offensive weitermachen.«
    »Das klingt für mich nach Feigheit und Verrat!«, stieß Erik erregt hervor.
    »Ja, da haben Sie wohl recht. Sie müssen sogar recht haben, denn das hat auch Berlin den Generalen gesagt, wenn ich richtig informiert bin. Die Leute im Oberkommando haben offenbar eine bessere Perspektive als die an der Front.«
    »Wir haben die Rote Armee so gut wie ausgelöscht!«
    »Ja, aber Stalin zieht immer neue Armeen aus dem Hut … wie ein Magier. Zu Beginn des Feldzugs haben wir geglaubt, er verfüge über ungefähr zweihundert Divisionen. Jetzt gehen wir schon von mehr als dreihundert aus. Das ist ein Unterschied von hundert Divisionen. Wo kommen die her?«
    »Die Entscheidungen des Führers werden sich als richtig erweisen – wieder einmal.«
    »Natürlich, Herr von Ulrich.«
    »Der Führer hat sich noch nie geirrt!«
    »Einst glaubte ein Mann, er könne fliegen, also ist er von einemzehnstöckigen Gebäude gesprungen. Als er am fünften Stock vorbeisauste und sinnlos mit den Armen flatterte, hörte man ihn sagen: ›So weit, so gut.‹«
    Ein Soldat kam in die Kantine gerannt. »Es hat einen Unfall gegeben, Herr Oberstabsarzt«, meldete er. »Im Steinbruch nördlich der Stadt. Ein Zusammenstoß. Drei Fahrzeuge. Mehrere SS -Offiziere wurden verletzt.«
    Die SS , ursprünglich Hitlers persönliche Leibwache, hatte sich als mächtige Elite etabliert. Erik bewunderte sie für ihre außerordentliche Disziplin, ihre schmucken Uniformen und ihre besonders enge Beziehung zu Hitler.
    »Wir

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