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Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Titel: Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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schicken sofort einen Krankenwagen«, sagte Weiss.
    »Es handelt sich um eine Einsatzgruppe, Herr Oberstabsarzt«, sagte der Soldat.
    Erik hatte schon von den Einsatzgruppen gehört. Sie folgten der Wehrmacht in gerade erobertes Gebiet und trieben Unruhestifter, potenzielle Saboteure und Kommunisten zusammen. Vermutlich errichteten sie gerade ein Gefangenenlager außerhalb der Stadt.
    »Wie viele Verletzte gibt es?«, fragte Weiss.
    »Sechs oder sieben, Herr Oberstabsarzt. Sie ziehen noch immer Leute aus den Fahrzeugen.«
    »Gut. Braun, von Ulrich, los.«
    Erik freute sich. Endlich würde er Gelegenheit haben, den leidenschaftlichsten Unterstützern des Führers zur Hand zu gehen.
    Der Soldat gab ihm einen Zettel mit der Wegbeschreibung.
    Erik und Hermann kippten ihren Tee hinunter, drückten ihre Zigaretten aus und verließen den Raum. Erik zog sich einen Pelzmantel über, den er einem toten russischen Offizier abgenommen hatte, ließ ihn jedoch offen, damit man seine Wehrmachtsuniform sehen konnte. Sie eilten zur Garage hinunter, und Hermann fuhr den Krankenwagen auf die Straße. Erik las die Wegbeschreibung vor und spähte immer wieder in den leichten Schneefall hinaus.
    Die Straße führte aus der Stadt und wand sich durch den Wald. Mehrere Busse und Lkws kamen ihnen entgegen. Der Schnee auf der Straße war festgefahren, und Hermann musste auf der glatten Oberfläche die Geschwindigkeit zurücknehmen. Erik konnte sich gut vorstellen, wie es zu dem Unfall gekommen war.
    Sie suchten links nach einer Abzweigung und fanden sie nachkurzer Zeit. Ein Soldat hielt dort Wache und wies ihnen die Richtung. Langsam rumpelte der Krankenwagen über einen tückischen Waldpfad, bis sie von einer zweiten Wache angehalten wurden. »Vergesst nicht, dass ihr nicht schneller als Schrittgeschwindigkeit fahren dürft, Kameraden«, warnte er sie. »Sonst müssen wir euch auch noch aus dem Wrack kratzen.«
    Kurz darauf erreichten sie den Unfallort. Drei Fahrzeuge schienen sich geradezu ineinander verkeilt zu haben: ein Bus, ein Kübelwagen und eine Mercedes-Limousine mit Schneeketten. Erik und Hermann sprangen aus dem Krankenwagen.
    Der Bus war leer. Drei Männer lagen auf dem Boden, vermutlich die Besatzung des Kübelwagens. Mehrere Soldaten hatten sich um den Wagen versammelt, der zwischen den beiden anderen Fahrzeugen eingeklemmt war, und versuchten offenbar, weitere Personen aus dem Wrack zu befreien.
    Erik hörte eine Gewehrsalve und fragte sich kurz, wer da schoss, schob den Gedanken aber beiseite und konzentrierte sich auf seine Aufgabe.
    Er und Hermann gingen von einem Mann zum nächsten und schätzten die Schwere der Verletzungen ein. Von den drei Männern, die auf dem Boden lagen, war einer tot, ein anderer hatte einen gebrochenen Arm, und der dritte schien nur ein paar blaue Flecken davongetragen zu haben. Im Wagen war ein Mann verblutet; ein weiterer hatte das Bewusstsein verloren, und der dritte schrie. Erik gab ihm eine Morphiumspritze. Als das Medikament Wirkung zeigte, konnten Erik und Hermann den Mann aus dem Wrack bergen und in den Krankenwagen legen. Nun konnten die Soldaten den Bewusstlosen befreien, der unter der verdrehten Karosserie des Mercedes gefangen war. Erik sah, dass der Mann eine schwere Kopfverletzung davongetragen hatte, die ihn umbringen würde; aber das sagte er den Soldaten nicht. Er richtete seine Aufmerksamkeit auf die Männer aus dem Kübelwagen. Hermann schiente den gebrochenen Arm; Erik führte den von Prellungen und blauen Flecken übersäten Mann zum Krankenwagen und setzte ihn hinein. Anschließend kehrte er zum Mercedes zurück.
    »Wir haben den Toten in fünf bis zehn Minuten draußen«, sagte ein Hauptmann. »Warten Sie bitte solange.«
    »Jawohl, Herr Hauptmann«, erwiderte Erik.
    Wieder hörte er Schüsse und drang ein Stück in den Wald vor, neugierig, was die Einsatzgruppe da trieb. Der Schnee zwischen den Bäumen war festgetrampelt und von Zigarettenstummeln, Essensresten und weggeworfenen Zeitungen übersät, wie an einem Fabriktor kurz nach Feierabend.
    Erik betrat eine Lichtung, auf der Lastwagen und Busse parkten. Mehrere Busse fuhren ab; einer traf gerade ein. Hinter diesem provisorischen Parkplatz entdeckte Erik gut hundert Russen jeden Alters, offenbar Gefangene, obwohl viele von ihnen Koffer, Kartons oder Säcke dabeihatten, die sie an sich drückten. Ein Mann hielt eine Geige. Ein kleines Mädchen mit einer Puppe erregte Eriks Aufmerksamkeit, und eine Übelkeit erregende

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