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Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Titel: Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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»Ein Kaffeekränzchen?«
    Hannelore kam sofort auf den Punkt. »Wir möchten Ihnen einen Vorschlag machen. Alle Gefangenen haben eine Erklärung unterzeichnet, dass Sie uns das Leben gerettet haben. Diese Erklärung könnte nun Ihr Leben retten, wenn Sie unsere Bedingungen akzeptieren.«
    »Machen Sie sich nicht lächerlich«, erwiderte Dobberke.
    »Wir meinen es gut mit Ihnen«, sagte Carla. »Laut BBC haben die Vereinten Nationen eine Liste von Nazi-Offizieren und Funktionären zusammengestellt, die an Massenmorden beteiligt waren. In einer Woche könnten Sie vor einem Gericht der Alliierten stehen. Hätten Sie da nicht gerne eine unterschriebene Erklärung, in der steht, dass Sie Menschen verschont haben?«
    »Die BBC zu hören ist ein Verbrechen«, sagte Dobberke.
    »Kein so schweres Verbrechen wie Mord.«
    Hilde hielt eine Aktenmappe in die Höhe. »Ich habe die Entlassungspapiere für alle Gefangenen getippt«, sagte sie. »Wenn Sie die unterschreiben, bekommen Sie die Erklärung.«
    »Warum sollte ich? Ich könnte Ihnen den Wisch einfach wegnehmen.«
    »Niemand wird an Ihre Unschuld glauben, wenn wir alle tot sind.«
    Dobberke wurde wütend. »Verdammt, was bilden Sie sich ein? Ich könnte Sie alle wegen Anmaßung erschießen lassen!«
    Carla ließ sich nicht beirren. »So fühlt sich die Niederlage an«, sagte sie. »Sie sollten sich daran gewöhnen.«
    Dobberkes Gesicht verdunkelte sich vor Wut, und Carla erkannte, dass sie zu weit gegangen war.
    In diesem Augenblick schlug vor dem Gebäude eine Granate ein. Die Türen klapperten, und ein Fenster zersprang. Alle duckten sich instinktiv, doch niemand wurde verletzt.
    Als der Lärm verebbte, hatte Dobberkes Miene sich verändert. Die Wut war einem Ausdruck der Resignation gewichen. In Carla keimte Hoffnung auf. Hatte Dobberke aufgegeben?
    Unterscharführer Ehrenstein kam zu ihnen. »Keine Verletzten«, meldete er.
    »Ist gut, Unterscharführer.«
    Ehrenstein wollte gerade gehen, als Dobberke ihn zurückrief. »Das Lager ist ab sofort geschlossen«, sagte er.
    Carla stockte der Atem.
    »Geschlossen?«, fragte Ehrenstein verwundert.
    »Neue Befehle. Sagen Sie den Männern …« Dobberke zögerte. »Sagen Sie ihnen, sie sollen sich im Bunker am Bahnhof Friedrichstraße melden.«
    Der Unterscharführer war misstrauisch. Offenbar ahnte er, dass es keinen solchen Befehl gab. »Und wann?«
    »Sofort.«
    »Sofort?« Ehrenstein hielt inne, als bedürfe das Wort weiterer Erklärungen.
    Dobberke fuhr herum und starrte ihn wütend an. »Worauf warten Sie noch? Führen Sie meinen Befehl aus!«
    »Jawohl«, sagte der Unterscharführer. »Ich werde es den Männern sagen.« Er ging hinaus.
    Ein Triumphgefühl erfasste Carla, doch sie ermahnte sich: Noch waren sie nicht frei.
    Dobberke wandte sich an Hilde. »Zeigen Sie mir diese Erklärung.«
    Hilde öffnete die Aktenmappe. Ein Dutzend Blätter lagendarin. Auf jedes war oben der gleiche Wortlaut getippt; darunter standen Dutzende von Unterschriften. Sie reichte Dobberke die Unterlagen.
    »Die Leute brauchen keine Entlassungspapiere«, sagte Dobberke. »Ich habe auch gar keine Zeit, das alles hier zu unterschreiben.« Er wandte sich zum Gehen.
    »Die Fliegenden Standgerichte sind auf den Straßen unterwegs«, sagte Carla. »Sie hängen Menschen an Laternenpfählen auf. Wir brauchen die Papiere!«
    Dobberke klopfte auf seine Tasche. »Wenn sie diese Erklärung finden, werden sie mich auch aufknüpfen.« Er ging zur Tür.
    »Nimm mich mit, Walter!«, rief Gisela.
    Dobberke drehte sich zu ihr um. »Ich soll dich mitnehmen? Und wie soll ich das meiner Frau erklären?«
    Damit ging er hinaus und schlug die Tür hinter sich zu.
    Gisela brach in Tränen aus.
    Carla ging zur Tür, öffnete sie und schaute dem Kommandanten hinterher. Außer ihm war niemand mehr zu sehen. Die SS - und Gestapo-Männer hatten seinen Befehl befolgt und das Lager aufgegeben.
    Dobberke erreichte die Straße und rannte los.
    Das Tor ließ er offen.
    Hannelore, die neben Carla stand, riss ungläubig die Augen auf.
    »Ich glaube, wir sind frei«, bemerkte Carla.
    »Wir müssen es den anderen sagen.«
    »Das mache ich«, erklärte Hilde und eilte nach unten.
    Carla und Hannelore gingen ängstlich über den Pfad, der vom Gebäude zum Tor führte. Dort zögerten sie und schauten einander an.
    »Du meine Güte«, sagte Hannelore. »Wir haben tatsächlich Angst vor der Freiheit.«
    Hinter ihnen rief eine Mädchenstimme: »Carla! Lass mich nicht allein!« Rebecca

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