Winter - Erbe der Finsternis (German Edition)
Turnhalle, dabei zuckte sie bei jedem Geräusch zusammen.
Der Tränenschleier vor den Augen trübte ihren Blick.
Rhys war ein Vampir, und sie liebte ihn verzweifelt, sogar in diesem Moment.
Sie ging zum Waschbecken, doch selbst das Aufdrehen des Wasserhahns ging fast über ihre Kräfte.
Der eiskalte Wasserstrahl bespritzte sie mit durchsichtigen Tropfen, und Winter benetzte sich die Handgelenke auf der Suche nach etwas Kühlung.
Rhys
…
Sie wurde sich bewusst, dass sie jetzt Angst vor ihm hatte, und das brach ihr fast das Herz.
Ihre Beine gaben nach, und sie sank zu Boden.
Winter lehnte die glühende Stirn an die Fliesen und wartete, bis der Schwindel und der Schmerz nachließen.
Sie drückte die Finger auf die kühle, glatte Oberfläche und beobachtete unter den Wimpern hervor, wie das Blut sich im Wasser verdünnte. Dann zog sie sich mit immenser Anstrengung wieder hoch und begann sich wild zu waschen, in der Hoffnung, all das Leid wegzuwischen, das sie quälte.
Rhys
…
Als sie sich etwas sicherer auf den Beinen fühlte, schaute sie in den Spiegel. Sie zitterte am ganzen Körper. Die Erinnerung an den Schmerz und das süße Verlangen, das sie beide durchdrungen hatte, verfolgte sie unvermindert.
Winter wusch sich das Gesicht, immer und immer wieder.
Während sie ihr gespenstisches Spiegelbild anstarrte, ihre dunkel umrahmten Augen, die so flüssig und kristallklar wirkten, und den scharfen Umriss der Bisswunde, brach sie erneut in Tränen aus.
Es kümmerte sie nicht mehr, ob jemand sie hören könnte …
Sie musste sich von der schrecklichen Agonie befreien, sonst würde sie zusammenbrechen.
Sie zog die Bluse aus und seifte den Kragen ein, rubbelte ihn zornentbrannt.
Als nur noch ein ganz leichter Schmutzrand zu sehen war, erlangte sie wieder etwas Selbstbeherrschung.
Ganz langsam und mit vor Erschöpfung steifen Bewegungen machte sie sich auf den Nachhauseweg.
Sie liebte Rhys von ganzem Herzen, sie hatte alles für ihn getan, was sie konnte.
Und sie hatte alles zerstört.
Der Abdruck seiner Zähne erschien ihr wie ein eisiges Brandzeichen auf dem Herzen.
A n einem Morgen, der ihm endlos vorkam, warf Danny Roberts einen Blick auf die Pinnwand des Büros, das er mit Evans teilte.
Sie war überfüllt mit ausgeschnittenen Zeitungsartikeln und Notizzetteln.
Er gähnte, drehte das Radio auf und hoffte, der Sender, den sein Vorgesetzter immer einstellte, würde einmal etwas anderes spielen als die ewig gleichen alten Hits.
Erst der Jingle der Radionachrichten machte ihm bewusst, wie spät es war.
»Die unerklärliche Gewaltwelle in Wales dauert unvermindert an. Gestern Nacht wurde auf dem Hafengelände von Llandudno eine fünfundsechzigjährige obdachlose Frau tot aufgefunden«, verkündete eine weibliche Stimme mit dem aufgesetzten Tonfall, den Danny für Journalisten so typisch fand. »Die Ermittler schließen eine natürliche Todesursache noch nicht aus. In Conwy hingegen hat sich erneut ein Gewaltverbrechen ereignet. Das Opfer, J. S., ein Arbeiter und Vater von drei Kindern, steht unter Schock. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist noch nicht klar, ob er von einem Menschen oder einem Tier angegriffen wurde.«
»Cer y’r Diawl!«
, platzte der junge Polizist heraus.
Es war einfach zu viel.
»Unterdessen geht auch die Suche nach der siebzehnjährigen Madison Winston weiter, die vor fünf Tagen zwischen Cae Mefus, im Distrikt Conwy, und London verschwunden ist. Ihr Foto ist auf unserer Homepage abgebildet. Wer sachdienliche Mitteilungen zu ihrem Verbleib machen kann, wird gebeten, die örtliche Polizeidienststelle zu benachrichtigen.«
Verdammte Journalisten!
, fluchte Danny innerlich. Alles, was sie interessierte, waren Sensationsmeldungen, und dabei verbreiteten sie falsche Informationen und gefährdeten die Ermittlungen.
In der Erinnerung an den Abend bei Chiplins bebte er vor Empörung.
Was für eine Bestie kann es auf junge Mädchen abgesehen haben?
Die Welt war ungerecht.
Und sosehr er sich auch bemühte, Evans Einschätzung zu vertrauen, war er doch irgendwie überzeugt, dass es zwischen dem Verschwinden all dieser Personen eine Verbindung gab.
Emma Jones wurde Wochen später aufgefunden … und dann John Philipps.
Das war das eigentlich unerklärliche Element: Serientäter gingen normalerweise immer nach demselben Muster vor. »Das Monster von Cae Mefus« jedoch, wie er es insgeheim nannte, wies keine erkennbare Logik auf.
Er seufzte, denn er hatte den seltsamen Eindruck,
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