Winter - Erbe der Finsternis (German Edition)
sorgfältig.
»Im Übrigen, haben Sie nie daran gedacht, dass Winter Ihnen lebend viel mehr nützt als tot? Sie werden keinen besseren Köder finden.«
»Aber auch keinen gefährlicheren.«
Susan betrachtete seinen finsteren Gesichtsausdruck und erkannte, dass er das tatsächlich glaubte.
»Ach, kommen Sie!«, rief sie aus. »Glauben Sie wirklich, dass auf der Welt Frieden herrschen würde, wenn es Winter Starr nicht gäbe? Dass die Vampire und Familien die Formel für die perfekte Ordnung gefunden hätten?«
Iago Rhoser wurde sich erst in dem Moment der unterschwelligen Anklage bewusst.
»Sie sind immer noch überzeugt, ich hätte versucht, sie zu töten …«
Die Frau senkte den Kopf, aber es genügte ihm als Zustimmung.
»Denken Sie wirklich, ich tue mit Vergnügen, was ich tue? Dass ich ein Interesse daran habe, ein junges Mädchen zu quälen?«
»Warum waren Sie in ihrer Zelle?«
»Großer Gott, Bray! Wenn Lochinvar nicht eingegriffen hätte, wäre sie Fennah in die Hände geraten. Ich musste sie unbedingt wegbringen von dort!«
Susan starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an. Sie wollte etwas sagen, sich vielleicht sogar entschuldigen, aber sie brachte keinen Ton heraus.
Der Exekutor fuhr mit der Hand durch die Luft, als wollte er das Thema streichen.
»Uns steht eine bewegte Zeit bevor, Bray …«
Als sie sich wieder unter Kontrolle hatte, sah sie ihn zweifelnd an.
»
Ihnen
steht sie bevor.
Sie
werden sich dem Pater widersetzen, im Namen des Rats.«
Sie stand auf und Rhoser half ihr unerwartet mit einem schiefen Lächeln in den Mantel.
»Streng genommen, Frau Rechtsanwältin, tun Sie das ebenfalls bereits. Und es ist die richtige Entscheidung, welches auch immer die Gründe sein mögen, die Sie dazu bringen.«
»Hätten wir bereits früher miteinander gesprochen, wären mir ein Haufen Zweifel erspart geblieben.«
Iago Rhoser nickte ernst und hielt ihr die Tür auf.
Ein kaum spürbarer, aber anhaltender Nieselregen empfing sie, als sie ins Freie traten.
Während sie sich im fahlen Licht der Straßenlaternen entfernte, war Susan Bray immer noch nicht sicher, ob das, was sie taten, nicht purer Wahnsinn war. Doch sie wusste inzwischen zu viel, um sich weiter von Fennah manipulieren zu lassen.
E r hatte sie beinahe getötet, und das Schlimmste war, dass er noch immer ihren wunderbaren Geschmack auf den Lippen hatte.
Verdammt! Er hatte riskiert, das Mädchen umzubringen, das er liebte, und die Bestie in ihm schnurrte noch immer wohlig in der Erinnerung daran.
Rhys hasste sich von ganzem Herzen.
Er war ein Scheusal … Nur eine blutrünstige Bestie konnte so etwas tun.
Er hatte Winters Leben aufs Spiel gesetzt, und das würde er sich nie verzeihen.
Mörder verdienten kein Pardon.
Und der Großmeister hatte ihm in London sogar aufgetragen, über sie zu wachen, wenn er wieder in Cae Mefus wäre.
›Ein Blutstropfen für deine Treue‹, erinnerte er sich zornig.
Rhys hatte sogar geglaubt, er könnte es schaffen, könnte die Gewalt des DURSTS beherrschen. Er war überzeugt gewesen, dass das, was er für Winter empfand, ihm erlauben würde, seinen Instinkt zu überwinden.
Es war ein tragischer Fehler gewesen, er hatte seine eigenen Abgründe nicht tief genug ausgelotet, um zu erkennen, dass er alles von ihr wollte: ihr Herz, ihre glatte Haut … ihr Blut.
Er hatte alles kaputt gemacht, weil er vergessen hatte, dass er ein Mörder war. Doch die MACHT , die er eingesaugt hatte, würde nicht verschwendet sein.
Rhys machte sich keine Hoffnungen, dass ihm vergeben werden könnte. Er wollte nur noch etwas für sie tun, dann würde er sie für immer gehen lassen.
Hinter dem Haus der Chiplins duckte er sich in eine dunkle Ecke des Heuspeichers und legte sich auf die Lauer.
Eine nächtliche Jagd erwartete ihn.
Einige Stunden später rammte Rhys dem Vampir, den er bereits vom Kampf auf der Waldlichtung kannte, das Knie mit voller Wucht in den Magen. Er schleuderte ihn so heftig gegen die Wand des Heuspeichers, dass alle Luft aus seinen Lungen wich.
Der Vampir stützte sich an der Wand ab und erwiderte Rhys’ nächsten Schlag mit einem kräftigen Fußtritt.
Rhys wich zurück.
Er stürzte sich erneut auf den Vampir und versetzte ihm einen Faustschlag, dass sein Kopf nach hinten geschleudert wurde.
Rhys hatte stundenlang auf ihn gewartet. Er war sich sicher gewesen, dass einer der drei Vampire irgendwo auf der Weide hinter dem Chiplin’schen Haus Wache stehen würde, und hatte ihm
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