Winter - Erbe der Finsternis (German Edition)
erhoffte Gareth sich nicht mehr viele Highlights an dem Abend.
»Ich kann’s kaum erwarten«, gab Winter im gleichen Tonfall zurück.
Die seltsame Vertrautheit, die zwischen ihnen entstanden war, machte sie etwas nervös. Und Eleri, die so tat, als würde sie den Horizont absuchen, der aber in Wahrheit kein Wort entging, trug nicht gerade zu ihrer Entspannung bei.
Der Junge zuckte mit den Schultern.
»Drinnen beginnt gerade die erste Wodka-Runde«, informierte er die Mädchen teilnahmslos.
Eleri kicherte.
»Na, dann werden Cynthia und ich mal reingehen.«
Gareth warf ihr einen durchdringenden Blick zu, dann schüttelte er leicht amüsiert den Kopf.
»Gib mir Bescheid, wenn es Zeit ist, Trevor abzutransportieren«, war sein lakonischer Kommentar.
Kurz darauf erreichten Winters Kopfschmerzen einen neuen Höhepunkt, aber eine perverse Form von Stolz hielt sie davon ab, das Handtuch zu werfen.
Wenn sie bis zum Schluss ausharrte, konnte sie sich wenigstens einreden, rein zufällig mit Gareth nach Hause zurückgekehrt zu sein, und nicht, weil die Chiplins es ausdrücklich verlangt hatten.
Eine neue Vibration gesellte sich zu den Bässen der Stereoanlage.
Winter zog das Handy aus der Tasche und wusste gleich, wer es war.
Nur Madison bringt es fertig, mich um diese Zeit anzurufen
.
Sie berührte den Arm des Jungen, zeigte auf das Handy und rannte in den Garten hinaus.
»… nu… Exil? … erzähl …«
Sie musste sich mehrere Meter vom Wohnhaus entfernen, bis Madisons Worte sich nicht mehr wie eine verschlüsselte Geheimbotschaft anhörten.
D u hast dich also doch entschieden, auf die Party zu gehen …«
»Na ja, es ist praktisch der ganze Ort hier …«
Winter ging auf dem asphaltierten Weg auf und ab und hoffte, sie würde sich an der frischen Luft besser fühlen.
»Donnerwetter! Du scheinst dich ja mächtig zu amüsieren!«, meinte Madison ironisch und Winter musste lachen.
»Erzähl mir lieber von der Clique. Neuigkeiten?«
Madison machte eine Pause.
»Ehrlich gesagt, ja. Aber nicht über die Jungs …«, sagte sie dann in einem seltsamen Ton. Sie holte tief Luft, wie wenn sie nach den richtigen Worten suchen würde. »Hör zu, ich weiß nicht, wie ich es dir sagen soll, aber um ehrlich zu sein, habe ich dich angerufen, weil …«, begann sie. »Na ja, es war ein bisschen … nun ja, eigenartig!«
»Madison, du machst mir richtig Angst …«
»Entschuldige. Ich war heute im St-Charles-Krankenhaus. Ich wollte deine Oma besuchen, doch dann … Win … Nun ja, sie war nicht da. Das Einzige, was ich rausgekriegt habe, war, dass man sie auf eine andere Abteilung verlegt hat. Und es war nicht einfach, das herauszufinden!«
»Was?«
»Ich schwöre dir, Winter, alles, was ich weiß, ist, dass sie jetzt in einem Einzelzimmer untergebracht ist.« Madison seufzte. Sie musste sich für diese Info ganz schön ins Zeug gelegt haben. »Leider wollten sie mir aus Datenschutzgründen nicht sagen, welches. Ich habe mit allen zu sprechen versucht – Ärzten, Krankenschwestern, Hilfspersonal –, aber da ich keine Verwandte bin, sagt mir niemand etwas. Nicht zu fassen!«
Winter schluckte. Ihre Großmutter war auf ein anderes Zimmer verlegt worden, und niemandem war in den Sinn gekommen, sie zu informieren …
»Vielleicht ist es heute erst passiert. Susan hätte es mir sonst bestimmt gesagt.«
Madison verkniff sich eine Antwort. Dass sie in letzter Zeit wenig Sympathie für die Rechtsanwältin hegte, war mehr als offensichtlich.
»Wie auch immer, morgen werde ich es noch einmal versuchen«, versprach sie mit kämpferischer Stimme, »deine Oma hat ein Recht darauf, Besuch zu bekommen!«
Für einen Augenblick spielte Winter mit dem Gedanken, den nächsten Zug nach London zu nehmen.
Es ging immerhin um ihre Großmutter, die einzige Familie, die sie jemals hatte …
»Danke, Mad«, murmelte sie mit der traurigsten Stimme, die ihre Freundin je gehört hatte. »Halt mich über alles auf dem Laufenden.«
»Bestimmt! Und wenn ich das ganze Krankenhaus auf den Kopf stellen muss.«
Winter steckte das Handy wieder in die Tasche und schüttelte den Kopf.
Sie hatte keinerlei Lust, zu dem festlichen Tumult im Hause Parry zurückzukehren. An einen Baumstamm am Straßenrand gelehnt, betrachtete sie den Mond.
Automatisch begann sie, mit ihrem Anhänger zu spielen, strich mit den Fingern über den Kristall.
Die Musik erreichte sie nur noch gedämpft, und hinter ihr waren die Geräusche des Waldes zu
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