Winter - Erbe der Finsternis (German Edition)
Wissen weiterzugeben«, war seine Antwort gewesen.
Vielleicht verstand sie erst jetzt, was er damit gemeint hatte.
W inter durchquerte den Ort im Tanzschritt.
Sie zersprang beinahe vor Glück, konnte sich kaum beherrschen, und als sie an Rhys’ Arme zurückdachte, die er um ihren Rücken geschlungen hatte, und an die Gewissheit, dass es wieder geschehen würde, wurde ihr ganz schwindlig.
Sie fühlte sich so leicht, dass sie sich in die Lüfte hätte aufschwingen können.
Als sie in Sichtweite des Bauernhofs der Harrisons kam, blieb sie unvermittelt stehen und nahm einen ernsten Gesichtsausdruck an, verbarg das Lächeln, das auf ihrem Gesicht leuchtete.
Nach all der Zeit, in der sie Fröhlichkeit hatte vortäuschen müssen, war es gewissermaßen Ironie des Schicksals, dass sie jetzt, wo sie endlich einmal wirklich fröhlich war, es nicht zeigen durfte.
Dai Chiplin hatte allerdings eine ausgeprägte Beobachtungsgabe, sodass sie kein Risiko eingehen wollte.
Sie sah auf die Uhr und ging ohne Eile weiter.
Diesmal war sie sogar etwas zu früh dran.
Bethan wusste, dass der Exekutor viele Gesichter hatte: Er war ein stiller Bote und schaffte es sogar, dass man ihn lächelnd empfing.
Er konnte überall sein, auch in diesem Moment.
Vielleicht hatte er gerade die Gestalt des liebenswürdigen Mannes dort an der Ecke angenommen, der aussah, als fragte er sich, ob es bald regnen würde, oder des anderen dort mit der Kapuze über dem Kopf, der über die Felder joggte.
Dass sein Gesicht von Soldier unverkennbar gezeichnet worden war, hatte er ihm bestimmt nicht verziehen.
Die Frau seufzte.
Bist du wegen mir hier, Exekutor? Oder wegen des Mädchens?
Langsam schritt sie den Weg hoch, der zum Bauernhof führte. Das Haus, den Wald zu verlassen machte sie unruhig, denn sie hatte ihre guten Gründe, weshalb sie sich lieber nicht blicken ließ.
Doch Bethan hatte keine andere Wahl, wenn sie Winter Starr wiedersehen wollte.
Sie hätte es vorgezogen, ihr noch etwas Zeit zu lassen, um eine Entscheidung zu treffen, doch die Zeit drängte.
Sie hoffte inständig, dass Winter kommen würde …
Bethan setzte sich unter eine alte Eiche und wartete.
Beim Bauernhof spielten die Kinder schreiend Fangen.
Winter erkannte die Frau aus dem Wald sofort. Ein Schauer überlief sie. Bethan wusste vieles über die Geheimnisse der Nacht, und sie wartete auf sie.
Bethan musterte sie einen Augenblick mit einem intensiven Blick. Ihre Augen schienen ihr etwas sagen zu wollen … Sie erhob sich und kam auf sie zu.
Sie grüßte sie nicht und Winter verstand, dass sie es ihr gleichtun musste.
Dann, als sie wortlos aneinander vorbeigingen, berührte die Frau aus dem Wald ganz flüchtig ihre Hand.
Winter schloss ihre Finger um ein gefaltetes Blatt Papier.
Bethan Davies kehrte zurück, sie hatte getan, was sie konnte.
»Jetzt seid ihr Jungen dran«, murmelte sie vor sich hin, während die Stimme ihres Großvaters ihr immer wieder durch den Kopf ging.
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Um nach Hause zurückzukehren, ohne den Wald zu durchqueren, musste sie den Stadtpark entlanggehen. Dort erst ließ Iago Rhoser zu, dass sie ihn sah.
Auf einer Parkbank etwas abseits senkte er die ›Times‹, die sein entstelltes Gesicht bedeckt hatte.
Der Exekutor streifte im Nu seine harmlose Miene ab. Er reckte sich in den Schultern, seine Augen erstrahlten hellwach und das Lächeln rann wie flüssiges Wachs von seinem Gesicht.
Seine Verwandlung war ein Spektakel, das allein für Bethan Davies bestimmt war.
Als Visitenkarte war es nicht schlecht – bloß etwas überflüssig, denn die Frau kannte ihn sehr gut.
Er hob ganz leicht die Hand zu einem Gruß voller Sarkasmus, und sie grüßte von Weitem zurück.
Iago Rhoser war sicher, dass sie die Botschaft verstanden hatte. Er klemmte die Zeitung unter den Arm und ging pfeifend davon.
D ie Sonne stand noch hoch am Himmel an diesem Tag, der einer der wärmsten des Monats war.
Vaughan hatte die schweren Vorhänge zur Seite geschoben, um Licht einzulassen, und sein Büro wirkte etwas weniger nüchtern als sonst.
Ins Sonnenlicht eingetaucht, saß Winter in einem Sessel beim Fenster. Ihre Haare schillerten beinahe bläulich und ließen ihre Haut noch weißer erscheinen.
Alles an ihr strahlte.
In all den Monaten an der St Dewi’s hatte der Vampir sie noch nie so lebensfroh gesehen.
Sie sah aus, als wäre sie eingehüllt in ihre Freude wie in einen Mantel.
Der DURST machte sich träge bemerkbar und Darran Vaughan
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