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Winter in Maine

Winter in Maine

Titel: Winter in Maine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerard Donovan
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zuzulegen - wenn schon nicht zur Jagd, dann damit ich Gesellschaft hätte. Sie sagte, ein Mann sollte nicht wie ich ganz allein im Wald leben. Wir gingen alle Geschöpfe Gottes durch, die mir Ge sellschaft leisten könnten, und einigten uns auf einen Hund, was angesichts meiner Lebensumstände eine gute Entscheidung war.
    Das war jetzt vier Jahre her.
    Wir waren zum städtischen Tierheim in Fort Kent gefahren, denn ich wollte keinen Hund kaufen, und schon gar keinen Zuchthund, die beanspruchen viel Zeit und sind in großen Häusern besser aufgehoben. Im Tierheim gingen wir an den Käfigen entlang, lauter Pfoten und Köpfe, die sich nach Aus lauf sehnten, nach ein bisschen frischer Luft, und nach ihren Herrchen bellten, die sich ihrer auf alle möglichen Arten ent1edigt hatten, die sie verloren, vor Supermärkten ausgesetzt, sie mit Stöcken davongeprügelt oder ihnen nichts zu fressen gegeben hatten. Und die Hunde warteten darauf, dass ihre Herrchen zurückkamen und sie holten, jedes Gesicht nahmen sie in Augenschein, um zu sehen, ob sie es kannten.
    Hier, sagte meine Begleiterin, und wir blieben vor einem Käfig stehen, in dem ein Hündchen, das so groß war wie meine Hand, ständig im Kreis herumlief.
    Der Junge, der dort arbeitete, nickte traurig, als wüsste er, dass die Zeit dieses Kerlchens bald abgelaufen war. Seine Rasse und die geringe Größe würden niemandes Herz gewinnen und ihm kein Zuhause einbringen. Man würde ihn einschläfern.
    Der Junge sagte: Er wurde von einem Ehepaar hergebracht, das Zwillinge bekommen hat und ihn vorsichtshalber nicht im Haus behalten wollte. Er ist schon eine Woche hier.
    Können Sie ihn kurz rauslassen ?, fragte ich.
    Der Junge öffnete den Käfig und packte das gefleckte Kerl chen - größtenteils Terrier, aber Schnauze und Brust eines Pitbulls - im Genick. Ich nahm ihn und beugte mich zu ihm, und da zwickte mich der kleine Mistkerl doch in die Nase.
    Den nehme ich, sagte ich und deutete mit dem Finger auf ihn, obwohl er der Einzige war, der nicht im Käfig saß, son dern auf meiner Hand. So sicher war ich mir. Wir nahmen ihn gleich mit nach Hause. Er sprang aus dem Pick-up, lief auf die Lichtung und spazierte überall herum, um alles in Besitz zu nehmen und zu begutachten, den ganzen Platz, der ihm plötzlich zur Verfügung stand.
    Das war wirklich eine glückliche Zeit für mich, noch nicht so sehr wegen des Hundes, sondern wegen der Frau, die mich aufgefordert hatte, mir einen zu suchen. Ein paar Wochen vorher war sie an einem Spätfrühlingstag aus dem Wald auf getaucht und über die Lichtung zur Hütte gekommen, und als ich vor die Tür trat, um sie zu begrüßen, erzählte sie, sie habe sich auf einem Spaziergang verlaufen, und ihr Wagen stehe irgendwo ziemlich weit weg, doch dabei zeigte sie nicht die leiseste Spur von Angst. Wenn sie in diesen Wäldern spazieren ging, hieß das, dass sie eine Einheimische war. Sie deutete auf die Blumen, die gerade ihre Köpfe herausstreckten.
    Sie haben Blumen gepflanzt.
    Ich nickte. Stimmt. Die leisten mir hier draußen Gesell schaft.
    Diese Antwort schien ihr zu gefallen, und sie betrachtete ihre Hände, die sie aus den Handschuhen geschält hatte. Die Hände waren weiß, eingerieben mit einer Creme, höchstwahr scheinlich einer leichten Salbe, deren Duft ich roch. Ich fragte, ob sie eine Tasse Tee trinken wolle.
    Als sie die Bücher sah, öffnete sie den Mund, sagte aber kein Wort.
    Ich hantierte mit dem Kessel, ließ das Wasser so lange aus dem Hahn laufen, bis es klar war, und sah nach, ob ich irgend welche Papiere oder ein Buch auf dem Stuhl liegengelassen hatte. Das Feuer war warm und knisterte schön, aber die Frau kümmerte sich nicht darum, sondern ging in den von den Bäumen und dem Fensterrahmen gebrochenen Sonnenlichtstreifen an den Regalen entlang. Ihre eleganten Schuhe klackten auf den nackten Dielen.
    Das müssen Tausende sein, sagte sie schließlich. Es dauerte eine Weile, bis sie die Worte hervorbrachte. Ihr Akzent hatte eine lokale Färbung.
    Dreitausendzweihundertzweiundachtzig, sagte ich.
    So etwas hab ich noch nie gesehen, erwiderte sie lächelnd und klatschte in die Hände. Und dann haben Sie auch noch überall Grünpflanzen und Gemälde. Das ist herrlich.
    Sie ließ die Finger über die Buchrücken gleiten und betas tete die aufgeprägten Titelbuchstaben. Dann beugte sie sich dicht heran, roch am Leder und schloss die Augen. Als sie die Autoren mit H hinter sich ließ, verlor ich sie aus den Augen, doch ich

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