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Winter in Maine

Winter in Maine

Titel: Winter in Maine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerard Donovan
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mit blinkender Festbeleuchtung geschmückt, mit Schildern, auf denen stand, dass es nur noch sieben kurze Wochen bis Weihnachten seien. Obwohl der Ton leise gedreht war, über nahmen die Fernseher das Reden für uns, denn wir standen eine Weile stumm da, während die Leute an uns vorbeigingen. Eine Schneefahne wirbelte durch die Straße und verschwand so schnell wie der Strahl eines Leuchtturms.
    Ich wollte Claire nicht anstarren, darum blickte ich sie nur flüchtig an. Ihr Haar sah anders aus, lockiger. Glatt hatte es mir besser gefallen, weil es besser zu ihrem Knochenbau passte.
    Nachdem wir eine Weile so dagestanden hatten, sagte sie: Julius, es tut mir so leid.
    Was denn?
    Alles. Dann küsste sie mich plötzlich und sagte: Nimm dich in Acht.
    Wovor denn?
    Ich weiß nicht. Ich muss oft an dich denken, so allein da oben. Ist bloß ein Gefühl.
    Die nächste Bö war so stark, dass sich die Lichter am Baum schräg stellten, es war ein kälterer Wind, der bestimmt Schnee brachte. Ich dachte über ihre Bemerkung nach. Da nn schwie gen wir beide wieder. Ich kann mich nicht gut verabschieden, besonders wenn es für immer ist. Ich weiß nicht, mir war, als würde ein eisiger Wind um sie herumwehen und sie in Stein einschließen, aber vielleicht wehte er auch bloß an ihr vorbei und hatte es auf mich abgesehen.
    Wie geht's Hobbes?, fragte sie. Gut.
    Was hatte es für einen Sinn, sie traurig zu machen? Wenn ich meine Trauer teilte, würde sie nicht geringer werden, son dern sich nur vergrößern.
    Du weißt, dass ich diesen Hund gern habe. Ich weiß. Es geht ihm gut.
    Ein Mann tr at zu uns, er trug eine Polizei uniform und hakte sich bei ihr ein, ohne mich anzusehen.
    Hallo, Schatz.
    Er küsste sie und zog sie fest an sich. Bloß um irgendwo hinzuschauen, betrachtete ich etwas über ihrem Kopf, das gar nicht existierte. Lächelnd schmiegte sie den Kopf an seine Schulter. Er küsste ihr Haar, strich darüber. Das Fernsehen hinter mir tanzte, die Apparate diesmal, nicht die Leute auf den Bildschirmen. Sie schrien mir zu, ich solle nach Hause fahren, weg aus dieser Stadt.
    Gehen wir, sagte er zu Claire. Es ist schon spät. Denk daran, dass wir heute noch Gäste haben.
    Er sah mich immer noch nicht an. Troy, das ist Julius, sagte sie.
    Er wandte mir den Kopf zu und starrte mich an, ausdrucks los, mit verkniffenem Mund und einem Nicken, das nur ein guter Schütze wahrnehmen konnte. Ich streckte die Hand aus, aber er führte Claire bereits weg.
    Nach ein paar Schritten hörte ich ihn sagen: Sag bloß nicht, das ist der Kerl.
    Sc ht, machte sie.
    Mit dem warst du zusammen? Was hast du dir dabei ge dacht?
    Troy, halt die Klappe, okay? Er hat ein gutes Gehör.
    An seinen Lippen und dem Gefuchtel seiner Hände sah ich, dass er beim Überqueren der Straße noch etwas sagte.
    Ich ging weiter, es war nicht mehr weit bis zum Supermarkt.
    Es war Stoßzeit, Leute kamen mit ihren Einkäufen herausge stürmt, schneebestäubte Autos hielten und blinkten die mit Lebensmitteln auf dem Gehsteig Wartenden mit der Lichthupe an. Ich warf einen Blick auf die Anschlagtafel, um mich zu vergewissern, ob das Plakat noch hing. Ja, und nicht nur das, jemand hatte mit dickem Stift etwas drauf geschrieben: »Menschen sind wichtiger als Hunde!!! Gebt den Menschen Weihnachten genug zu essen!!« Ich riss das Plakat ab, und ein Paar trat zur Seite, um mir Platz zu machen, während ich es zerrupfte und die Fetzen in die Manteltasche stopfte. Gut, das war's mit Plakaten. Nichts Geschriebenes mehr.
    In der Festbeleuchtung von Fort Kent fuhr ich nach Hause, in die Nacht, wo es kein Licht außer den Sternen gab, aber die ließen sich an diesem Abend nicht blicken, sie wurden von niedrigen Wolken verdeckt, der Sorte Wolken, die in der Dämmerung über den Horizont jagen, zusammen mit den Gerüchen der Erde und der Luft, wobei sie die Luft, kalte Luft, vor sich herschieben.
    Während ich durch die Landschaft fuhr, brach die Nacht herein. Als die Scheinwerfer den Weg zur Hütte abkämmten, stellte ich mir vor, Hobbes wie immer herbeilaufen zu sehen, aus der Dunkelheit in den Lichtstrahl, ihn auf der Suche nach etwas Leckerem an den Tüten schnuppern zu sehen, sobald ich sie in die Küche gebracht und auf den Boden gestellt hatte.
    Dann beschwor ich auf der Fahrt durch die Dunkelheit meinen Kindheitsfreund Shakespeare herauf und dachte mir einen neuen Satz aus: »Mein Magen war in Wirrnis, als dieser Mann Claire umarmte. Während er sich bemühte, mich nicht zu

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