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Winter in Maine

Winter in Maine

Titel: Winter in Maine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerard Donovan
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belesenen Mann zu tun, sagte er lächelnd und blickte zur Seite, in die Richtung, in die ich fuhr. Vielen Dank für Ihre Hilfe.
    Er ließ mich fahren. Das war mein Glück. Ich gab Gas, winkte kurz und beobachtete ihn auf der hinter mir liegenden Geraden, bis er im Seitenspiegel wieder zu einem kleinen, in Abgase gehüllten Punkt geschrumpft war. Dann überlegte ich, warum ich keinen Streifenwagen gesehen hatte, nicht einmal am Straßenrand, wo ohnehin kein Platz gewesen wäre, und da er auf keinen Fall zu Fuß hergekommen war, musste man ihn dort abgesetzt haben. Aber auch das ergab keinen Sinn.
    Nach der ersten Kurve hielt ich an, zog das Gewehr hervor und legte es auf de n Sitz. Wä hrend der Pick-up vor sich hin tu ckerte und Schneeflocken über die Motorhaube wehten, dachte ich über das Ganze nach. Wenn sie mir auf den Pelz rückten, musste ich handeln. Ich konnte wenden und ihn von irgendwo erschießen, aber wenn er dort abgesetzt worden war, um Autos zu kontrollieren, würde die Suche nach ihm bloß noch mehr Aufmerksamkeit erregen. Jedenfalls hatte er meinen Hund bestimmt nicht erschossen, also hatte ich mit ihm keine Rechnung zu begleichen. Dennoch beschloss ich, noch ein bissc hen darüber nachzudenken, warum er in diese Gegend gekommen war. Ich wickelte das Gewehr aus der Hülle, ging auf die andere Seite des Pick-ups, wo ich aus einem vorbeifahrenden Wagen nicht zu sehen war, und dann weiter zur Kurve. Doch der Mann stand nicht mehr da, wo ich ihn verlassen hatte. Das war ziemlich schnell gegangen. Ich wartete ein paar Minuten, für den Fall, dass er sich erleichterte, schnappte mir mein Buch, schlug es an der Stelle auf, wo ich ein Blatt hineingelegt hatte, bei einem Gedicht über die Liebe und so was, und setzte mich mit schussbereitem Gewehr neben das Lenkrad.
    Auf einem Feld in der Nähe wirbelte der Wind Schnee auf und fegte an einem reglos dastehenden Elch vorbei. Hoch oben kreiste ein großer Vogel im tosenden Wind, die Augen zweifellos auf irgendein Tier gerichtet: Die Sehkraft dieser Vögel brannte die Verunreinigung aus dem normalen Blick und offenbarte ihnen die geringste Bewegung, das winzigste Zucken, ja schon die Absicht eines Schneehasen oder einer kleinen Eule, die offene weiße Landschaft zu überqueren, ih ren letzten Weg.
    Als ich mit dem Gewehr unterm Mantel zu der Kurve zu rückkehrte, sah ich in einiger Entfernung zwei rote Punkte den Hügel hinaufgleiten, die Rücklichter eines Autos. Sie hatten ihn abgeholt, fuhren aber in eine andere Richtung, auf Nebenstraßen. Damit war es klar, sie richteten an ungewöhnlichen Stellen Kontrollpunkte ein, um das Netz um den Mörder zuzuziehen. Oder sie steckten bloß eine Nadel in die Landkarte des Bezirks und hofften. Ich spielte mit dem Gedanken, schnell einen Schuss abzugeben, auf einen Kilometer Entfernung, das war durchaus machbar, doch für zwei Schüsse hatte ich nicht genug Zeit. Und wo sollte ich die bei den Männer verstecken, ganz zu schweigen von ihrem Wagen?
    Ich wickelte das Gewehr wieder in die Hülle, legte es auf den Sitz und fuhr weiter. Außer dem Buch und der Waffe hatte ich noch eine Karteikarte und einen Bleistift dabei, eine Art Köder, denn ich hatte nicht vergessen, dass es in Fort Kent je manden gab, der mir offenbar viel zu sagen hatte.
    33
    Ich fuhr die lange Strecke, die einzige Strecke im Winter, durch Fort Kent und Frenchville und dann südwärts nach St. Agatha, überholte die langsamen Streufahrzeuge und Schneepflüge mit ihren eingeschalteten Scheibenwischern und Scheinwer fern. Der Himmel war herabgestürzt und hatte sich in Schneematsch verwandelt. Wenn der Wind nicht manchmal die Wolken aufriss, wusste man an so einem Tag nicht, wo sich die Sonne befand.
    Die Wetteransager unten in Bangor deuten auf der Karte immer auf Caribou und sagen »da oben «, doch dieser Ort liegt sechzig Kilometer südlich von uns, und wir befinden uns auch gut vier Stunden nördlich von Montreal. Fort Kent ist die nörd lichste amerikanische Stadt außerhalb Alaskas: Wenn die Leute hinterm Haus ihre Wäsche aufhängen, können sie sehen, wie in den Wohnzimmern der Leute in St. Clair, New Brunswick, die Fernseher flimmern. Wem das nicht reicht, der kann auch noch den ganzen Tag lang Französisch sprechen, wenn er will, ihm geht sogar das Englisch aus, wenn er es so weit geschafft hat. Das ganze Jahr hindurch leben hier nur ein paar tausend Leute, und die Hauptstraße schlängelt sich an ein paar Restaurants, Banken, einem Supermarkt,

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