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Winter People - Wer die Toten weckt: Wer die Toten weckt (German Edition)

Winter People - Wer die Toten weckt: Wer die Toten weckt (German Edition)

Titel: Winter People - Wer die Toten weckt: Wer die Toten weckt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer McMahon
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hinten bewegte sich schleppend ein Schatten durch den Schnee auf sie zu.
    Oh gütiger Jesus Christus, nein. Bitte nicht. Martin schloss die Augen ganz fest und zählte bis zehn, in der Hoffnung, dass dann alles verschwunden wäre.
    Er schlug die Augen wieder auf und krallte die Finger in die Erde, um aus dem Loch zu klettern. Er sah nicht auf das, was ihnen aus der Dunkelheit entgegenkam.
    »Sara«, sagte er, griff nach der Waffe und schloss die Finger um den Lauf. Die Bewegung ließ Sara zusammenschrecken, und ein Schuss löste sich.
    Er hörte den Knall, sah den Blitz, spürte die Kugel in der Brust, als sie ihn an der linken Seite dicht unter den Rippen traf. Trotz der brennenden Schmerzen in seiner Brust stürzte er los, die Hand auf die blutende Wunde gepresst.
    »Martin?«, rief Sara. »Komm zurück! Du bist verletzt!«
    Doch er hörte nicht auf sie. Er rannte immer weiter, über den Hof auf den Wald zu, die Hand über der blutenden Wunde. Er wagte nicht, sich umzudrehen und zurückzuschauen.

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Das geheime Tagebuch der Sara Harrison Shea
    (Anmerkung der Herausgeberin: Dies ist der letzte Eintrag, den ich finden konnte, obgleich die Verfasserin, wie der Leser feststellen wird, weitere Seiten erwähnt, an denen sie zu jenem Zeitpunkt schrieb. Mit Schaudern erkennt man, dass nur wenige Stunden nachdem Sara diese Worte zu Papier gebracht hatte, ihre Leiche gefunden wurde.)

31. Januar 1908
    Die Toten können zu uns zurückkehren. Nicht nur als Geister, sondern als lebende, atmende Wesen. Ich habe den Beweis mit eigenen Augen gesehen: meine geliebte Gertie, aus dem Totenschlaf erwacht. Und ich bin zu einem Entschluss gelangt: Unsere Geschichte muss erzählt werden. Die letzten Stunden habe ich über meinen Aufzeichnungen verbracht. Die Öllampe brannte hell, während ich die genauen Anweisungen zum Wiedererwecken eines Schlafenden zu Papier brachte. Ich habe Aunties Aufzeichnungen kopiert und meine eigenen Erfahrungen, die ich vor sechs Tagen im Wald gemacht habe, in allen Einzelheiten hinzugefügt. Nun bin ich endlich fertig und habe die Aufzeichnungen nicht in einem, sondern gleich in drei verschiedenen Verstecken verborgen.
    Wir sind im Haus, die Türen sind verschlossen, die Vorhänge zugezogen. Das Gewehr liegt neben mir. Ich will nicht glauben, dass Martin es war. Dass dieser Mann, den ich zu kennen glaubte – der Mann, für den ich gekocht, neben dem ich Nacht für Nacht gelegen, dem ich meine Geheimnisse anvertraut habe –, ein solches Ungeheuer sein könnte.
    Der Gewehrschuss hat ihn schwer verletzt. Er wird dort draußen in der Kälte mit einer Brustwunde nicht lange überleben. Meine Angst ist natürlich, dass es ihm gelingen könnte, sich bis zu den Bemis’ durchzuschlagen, und dass dann alle kommen und an meine Tür trommeln werden, um nach der Wahnsinnigen mit dem Gewehr zu suchen.
    Ich bin froh, dass ich Gelegenheit hatte, alles niederzuschreiben, solange es mir noch frisch im Gedächtnis war. Noch froher bin ich, dass ich meine Aufzeichnungen, sollten sie mich tatsächlich in die Anstalt sperren, in Sicherheit gebracht habe.
    Eines Tages wird man die Aufzeichnungen finden. Die Welt wird die Wahrheit über Schlafende erfahren.
    Der siebte Tag von Gerties Erwachen neigt sich dem Ende zu. Noch immer verbirgt sich meine Kleine im Schatten, nur selten erhasche ich einen Blick auf sie. Wenn es mir gelingt, ist sie bleich und schemenhaft. Sie trägt die Sachen, in denen sie an ihrem letzten Morgen das Haus verließ: ihr blaues Kleid, die wollenen Strümpfe, ihren kleinen schwarzen Mantel. Ihre Haare sind jetzt verfilzt, ihre Wangen von Schmutz verkrustet. Sie verströmt den Geruch von brennendem Fett, wie eine Talgkerze kurz vor dem Verlöschen.
    Shep macht ihre Anwesenheit nervös; er knurrt mit gesträubtem Fell und gebleckten Zähnen in die Dunkelheit hinein.
    Nun, da ich mit dem Niederschreiben unserer Geschichte fertig bin, spreche ich mit ihr, singe ihr Lieder vor und versuche, sie ins Licht zu locken. »Weißt du noch?«, sage ich. »Weißt du noch?«
    »Weißt du noch, wie wir beide uns den ganzen Morgen unter der Bettdecke versteckt und uns gegenseitig unsere Träume erzählt haben?«
    »Weißt du noch, die Weihnachtsfeste? Oder damals, als du Mumps hattest und ich nicht von deiner Seite gewichen bin? Deine Geschichten über den blauen Hund? Wie du jedes Mal schnurstracks in die Küche gelaufen bist, wenn du von der Schule heimkamst und Sirupkekse gerochen

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