Winterherzen
abends nach Hause komme, gehört deine Zeit mir. Ich will deine ungeteilte Aufmerksamkeit, ohne dass du aufspringst und wegrennst, sobald es wimmert.“
„Auch wenn es krank ist?“
„Nein, natürlich nicht.“ Er blickte betroffen drein. „Ich will dich, nur dich, wie es früher war. Ich will nicht, dass jemand zwischen uns steht.“
„Wir werden es schon schaffen“, meinte Sarah sanft. Sie verspürteden Drang, die Arme um ihn zu legen, ihn ihrer Liebe zu versichern, aber sie wusste, dass er vor ihrem Bauch zurückschrecken würde. Ihre Gedanken schienen sich jedoch in ihren Augen zu spiegeln, denn er stand auf und beugte sich über sie. Zum ersten Mal seit Wochen küsste er sie nicht nur flüchtig auf Wange oder Stirn, sondern leidenschaftlich auf den Mund.
„Wie lange noch?“, murmelte er und hob den Kopf.
„Etwa drei Wochen bis zur Geburt, und danach sechs Wochen.“
Er seufzte. „Das werden die längsten neun Wochen meines Lebens.“
In der folgenden Woche musste Rome unerwartet verreisen, denn Max, den er gewöhnlich für sich einspringen ließ, befand sich an der Ostküste, als ein Notfall in Los Angeles eintrat.
Rome sah die Enttäuschung auf Sarahs Gesicht, als er es ihr mitteilte. „Es wird keine lange Reise“, sagte er tröstend. „Höchstens drei Tage. Das Baby ist erst in zwei Wochen fällig, und ich rufe dich jeden Abend an.“
„Ich sorge mich nicht um das Baby, aber ich werde dich vermissen.“
„Nicht lange. Ich werde alle antreiben und die Sache beschleunigen.“ Dann überraschte er sie, indem er sie in die Arme schloss, zum ersten Mal seit Monaten. Er küsste sie mit wachsendem Verlangen und umschmiegte ihre Brüste. Verwundert hob er den Kopf und starrte auf die üppigen Rundungen in seinen Händen. „Du bist fülliger geworden, als ich bemerkt habe.“ Er küsste sie erneut. „Ehe du dich versiehst, bin ich wieder zurück“, versprach er.
In der folgenden Nacht erwachte Sarah durch einen Schmerz im Kreuz. Lange Zeit lag sie wach, doch der Schmerz verging und kehrte nicht zurück.
Am nächsten Nachmittag setzte der Schmerz erneut ein und strahlte in den Unterleib aus. Sie rief Dr. Easterwood an, die sie anwies, gleich ins Krankenhaus zu fahren. Sarah alarmierte Marcie und rief dann Romes Hotel in Los Angeles an. Wie erwartet hielter sich zu dieser Tageszeit nicht in seinem Zimmer auf. Sie hinterließ eine Nachricht, und als sie den Hörer auflegte, lief eine Träne über ihre Wange. Sie hatte sich so sehnlichst gewünscht, dass Rome zumindest in der Nähe sein würde statt so weit entfernt.
Marcie kam herauf, trug den Koffer und fuhr sie zum Krankenhaus. Sarah wurde eingewiesen und untersucht. Alles schien normal zu verlaufen. Nun brauchte sie nur noch zu warten.
Rome saß in dem Direktionsbüro an der Westküste und hatte einen Stapel Statistiken vor sich liegen, doch er konnte sich nicht auf seine Arbeit konzentrieren. Er dachte an Sarah. Sie war so entschlossen, dieses Baby zu bekommen. Er hatte sie nie für einen mütterlichen Typ gehalten, doch Justin und Shane hatten sie angebetet.
Im Geiste sah er die beiden fröhlichen, wilden Jungen vor sich, mit Dianes blauen Augen und ihren goldbraunen Haaren. Wie sehr vermisste er sie! Wie sehr hatte er sie geliebt, von dem Moment an, als er von den Schwangerschaften erfahren hatte. Er hatte Diane stets geholfen aufzustehen, hatte ihr den Rücken massiert, ihr die Schuhe zugebunden, ihre Hand während der Wehen gehalten.
Für Sarah hatte er nichts dergleichen getan. Er hatte gesehen, welche Mühe es sie kostete, von einem Stuhl aufzustehen, und er hatte ihr nicht geholfen. Er hatte sie alleingelassen mit ihren Rückenschmerzen und nächtlichen Besuchen im Badezimmer. Sie trug die Last der Schwangerschaft allein, weil er das Kind nicht wollte.
Schweißperlen traten auf seine Stirn. Wie er auch zu dem Kind stehen mochte, er hätte Sarah dennoch helfen müssen. Impulsiv griff er zum Hörer und rief zu Hause an. Mrs. Melton meldete sich. Einen Moment später ließ er mit bleicher Miene den Hörer fallen. Die Wehen hatten zwei Wochen zu früh eingesetzt. War etwas nicht in Ordnung mit Sarah? Dr. Easterwood hatte ihn gewarnt, dass es Komplikationen geben könnte.
Er riss die Tür auf und rief der Sekretärin zu: „Buchen Sie mir sofort einen Flug nach Dallas. Meine Frau hat die Wehen bekommen.“
Nervös packte er seinen Aktenkoffer. Er wusste nicht, wie die Sekretärin es schaffte, aber sie reservierte ihm einen Platz
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