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Winterkind

Winterkind

Titel: Winterkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Mer
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das Holzreh an sich gedrückt. Es stemmte seine kleinen harten Hufe in ihren Bauch. Sie konnten nicht fort sein, die Gnädige ging niemals hinaus! Niemals! Sie konnten nicht … Was sollte sie nur tun? Fräulein Sophie hatte ihr doch verboten, das Haus zu verlassen! Aber wenn Johanna gar nicht mehr hier war? Sie musste hier sein! Sie musste! Ach, Willem! Wenn er doch nur hier wäre! Er wüsste, was zu tun wäre, er wusste es immer … Aber er kämpfte mit den anderen Männern oben um die Glashütte. Vor einiger Zeit hatte sie einen zweiten dumpfen Knall gehört …
    Lieschen ging zum Fenster hinüber, drehte den Kopf, bis sie den roten Turm und die anderen Gebäude auf dem Hügel sehen konnte. Viele Menschen schienen dort herumzulaufen. Aber Willem konnte sie nicht erkennen. Die Hütte war zu weit entfernt und das Licht zu schwach, sie nahm nur Gestalten wahr, die durcheinanderliefen. Lieschen schüttelte bekümmert den Kopf und wollte sich schon abwenden, als irgendetwas, irgendeine Bewegung im Augenwinkel, sie innehalten ließ. War da etwas? Draußen, nicht bei der Hütte oben, sondern – im Park?
    Sie strengte die Augen an, drückte sich enger an die Scheibe und verdrehte den Hals in die andere Richtung. Da hinten, dort, wo der Prinzessinnenbrunnen lag – bewegte sich dort etwas?
    Aufgeregt presste Lieschen die Nase gegen das Glas.

    „Weg von der Hütte!“, brüllte Marek, „alle soweit wie möglich weg! Lasst alles liegen, lasst die Wanne, zurück, zurück!“
    Arbeiter strömten aus der Werkshalle auf den Vorhof. Alle schrien durcheinander. Sophie klammerte sich an Mareks Arm.
    „Oh Gott, oh Gott“, murmelte sie wie besessen vor sich hin, „was bedeutet das … was bedeutet das denn nur …“
    Marek schien sie gehört zu haben. Für einen Augenblick wandte er sich ihr zu und sagte:
    „Hinter den Kisten lagern Kohlen im Turm.“ Seine Stimme war jetzt so heiser, dass sie ihn nur mit Mühe verstand. „Wahrscheinlich schon ewig. Sobald die Kisten davorstanden, hat manse vergessen, wie’s scheint. Jetzt räumen wir da drin rum, wirbeln alles auf, den ganzen Staub. Nicht nur Staub wie Dreck, Frolleinchen. Staub von den Kohlen. Solcher Staub bringt Bergmännern den Tod, habense davon vielleicht schon mal gehört? Und nich nur denen. Kohlenstaub, Frolleinchen. Ein Funke, und wenn man dann nur ein bisschen Pech hat, fliegt alles …“
    „Lasst mich durch“, schrie jemand, und ein heller Schopf schob sich durch die Menge der Arbeiter. „Lasst mich durch, ich hab was – ich muss zum Turm, lasst mich durch!“
    „Willem!“, brüllte Marek, „was zum Teufel machst du da!“
    Eine Lücke tat sich auf, und jetzt sah Sophie ihn auch. Willem wuchtete etwas vor sich her, das eine große Metallplatte zu sein schien, übermannshoch und mindestens daumendick. Er keuchte.
    „Wo hast du die alte Tür gefunden“, schrie Marek, „Willem, das nützt jetzt auch nichts mehr! Es sind Kohlen im Turm, hörst du mich? Willem!“
    Er rannte los, auf Willem zu, Sophie wurde mitgerissen. Der große Mann hielt an, als er die beiden auf sich zustürzen sah. Sein Gesicht war verdreckt. Nur über die Wangen zogen sich helle Schlieren. Kam es von den Schneeflocken, die der Wind ihnen immer noch um die Köpfe peitschte?
    „Marek“, schluchzte Willem, und Sophie wusste plötzlich, woher die Schlieren kamen. „Oh Mann, Marek, ich habe überall danach gesucht – ich wusste doch, dass wir noch die alte Tür hatten, und – und ich muss … Marek, der Hütte darf nichts passieren, verstehst du! Ich bring die Tür in den Turm, sie kann die andere verstärken, und dann kriegen wir die Wanne hin, und dann – dann wird alles gut! Hörst du, Marek? Alles wird gut!“
    Marek machte sich von Sophie los und packte Willem an beiden Schultern.
    „Hör auf, Willem! Hör auf! Du kannst da jetzt nich mehr reingehen. Das ganze Ding kann uns jeden Moment um die Ohren fliegen!“
    Er versuchte, Willem die Metalltür aus den Händen zu ziehen. Es gelang ihm nicht. Willem hielt eisern fest.
    „Willem“, bat Sophie, „ich glaube, Sie sollten auf ihn hören. Machen Sie doch keinen Unsinn!“
    Willem wandte ihr das tränenüberströmte Gesicht zu. „Ich krieg’s schon wieder hin, Frollein, ehrlich! Ich bring das wieder in Ordnung. Alles wird gut.“
    Sein Blick tat ihr weh, tief unten in der Brust. So voller Angst, so voller Qual. Kein siegessicheres blaues Strahlen mehr. Sie streckte die Hand nach ihm aus, aber er setzte sich wieder in

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