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Winterland

Winterland

Titel: Winterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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und Schreie miteinander verwoben und dann abgeschnitten wurden, als alle durch die Tür zum Schlafzimmer verschwanden.
    Kurz darauf hörte ich im oberen Stockwerk Schritte. Vielleicht suchten sie da weiter nach mir.
    Ich versuchte, meine Augen an die Dunkelheit zu gewöhnen, und ich hielt das ausgeschaltete Handy vor mich hin. Ich wusste nicht, ob ich wagen würde, es einzuschalten. Vielleicht würde das kleine Piepen durch die Decke in der anderen Etage zu hören sein, oder durch die Wand zur Küche. Ich musste warten. Vielleicht würden sie rausgehen. Wegfahren. Uns in Ruhe lassen. Ich überlegte, was mein Vater wohl mit ihnen zu schaffen haben könnte, aber ich hörte auf, darüber nachzudenken, als mein Körper anfing wehzutun. Ich bewegte mich vorsichtig, damit meine Beine nicht einschliefen und taub wurden.
    Da hörte ich leise Stimmen aus der Küche. Es war nicht möglich zu hören, was geredet wurde. Ich fragte mich, wie lange ich wohl noch hier sitzen würde und darauf warten, dass sie mit einer Taschenlampe zurückkamen, hochleuchteten und das Brett entdeckten. Sie würden meinen Vater zwingen, diesen Kumpel anzurufen, bei dem ich angeblich war. Wenn er sich weigerte, dann würden sie etwas Schlimmes machen … noch Schlimmeres, als sie schon gemacht hatten.
    Ich hielt das Handy in der Hand und versuchte, auf den Einschaltknopf zu drücken, damit die Zahlen leuchten und ich irgendeine Nummer würde anrufen können. Eine Notrufnummer. Oder ich könnte einen meiner Freunde anrufen. Meine Hände zitterten. Ich schwitzte und konnte nicht richtig zupacken, das Telefon war glitschig in meiner Hand. Ich setzte mich auf und ließ die Beine über die Kante des Bretts hängen, und als mir das Telefon aus der Hand rutschte, fiel es direkt in Richtung Boden. Ich hörte es aufschlagen, aber das Geräusch war nicht sehr laut. Das Telefon musste auf den Stiefeln gelandet sein, die da unten standen. Ich hatte wieder aufgehört zu atmen und horchte auf Laute aus der Küche. Es klang, als würde jemand reden. Hatten sie das Geräusch gehört?
    Ich wartete lange, und dann schob ich mich über die Kante, klemmte mich an der Wand fest und kletterte herunter. Ich tastete nach dem Telefon und fühlte es in einem der Stiefel. Ich stopfte es in mei…
    Die Tür wurde aufgerissen. Ich spürte ein starkes Licht in den Augen, das schmerzte. Ich konnte nicht sehen.
    »Das war ein guter Trick, Jungchen. Aber du solltest lernen, etwas leiser zu sein.«
    Ich war immer noch blind. Eine Hand packte mich am Arm.
    »Jetzt raus mit dir.« Ich wurde ins Zimmer gezerrt. »Da haben wir also die ganze Familie versammelt.« Wieder Lachen. »So soll es sein, wenn Weihnachten ist.«
    Ich wurde durchs Zimmer gestoßen, in die kleine Diele hinaus und dann in die Küche. Mein Vater saß am Tisch. Sein Gesicht war blutig. Ein Mann stand neben dem Tisch. Er trug eine schwarze Strickmütze auf dem Kopf und eine Lederjacke, die braun aussah. Er hatte einen Schnauzbart. Der Mann, der mich in die Küche geschubst hatte, trug keinen Schnauzbart.
    Seine Haare waren hell und lang. Er roch nach Alkohol. Beide Männer waren ungefähr so alt wie mein Vater.
    »Die ganze Mannschaft beisammen«, sagte der Blonde. Der Dunkle sagte nichts. Er betrachtete mich mit seltsamen Augen, die durchsichtig wirkten, als ob er blind sei. Die Augen waren hellblau und blass, wie Wasser in einem gefärbten Glas. Ich hatte die ganze Zeit Angst gehabt, doch als er mich ansah, bekam ich schreckliche Angst. Ich glaubte, dass sie uns töten würden, und als ich daran dachte, fing ich an zu weinen. Das hier war kein Traum. Ich begriff, dass in dieser Nacht etwas Schreckliches passieren würde.
    »Setz dich hierher«, sagte der mit der Mütze und den Augen. Er zeigte auf den Stuhl neben sich. Ich blieb stehen. Der andere gab mir einen Stoß in Richtung Tisch, ich verlor die Balance, fiel auf den Tisch und schlug mir das Kinn an. Mein Vater stand auf, und der Blonde, der hinter mir stand, machte einen Schritt zur Seite und schlug meinen Vater ins Gesicht mit … mit einem Gewehr oder einer langen Pistole, die ich vorbeisausen sah, als ich zu Boden fiel.
    »Hinsetzen, Wester.« Er beugte sich über mich. »Hoch mit dir, Kerl.« Er zog an mir. »Hoch mit dir, und setz dich an den Tisch.« Er sah zu dem anderen. »Hast du mal in den Kühlschrank geguckt? Ich habe Hunger.«
    Der mit der Mütze durchquerte die Küche und öffnete die Kühlschranktür.
    »Ein roher Schinken«, sagte er nach einer

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