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Winterland

Winterland

Titel: Winterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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kleinen Weile. Er nahm irgendetwas in die Hand, das ich nicht sehen konnte, weil die Tür vom Kühlschrank im Weg war. »Halb aufgetautes Hackfleisch.« Er sah zu dem anderen hinüber.
    »Hier sollte es ein Weihnachtsessen geben.«
    Der Blonde sah meinen Vater an. Dann schaute er aus dem Fenster, wo der Schnee in dichten Flocken fiel. Er sah auf seine Armbanduhr und dann wieder zu meinem Vater.
    »Was heißt hier sollte?«, meinte er. »Heraus mit den guten Sachen.«
    »Was?«, fragte der Mützenmann.
    »Hol den Schinken und das Hackfleisch raus, dann kann Wester hier ein Weihnachtsessen kochen.«
    »Es dauert aber doch Stunden, einen Schinken zu kochen. Der ist nicht sonderlich groß, aber es wird trotzdem Stunden dauern.«
    Der andere sah wieder aus dem Fenster. »Wir werden auf jeden Fall bis morgen bleiben.«
     
    Es war drei Uhr früh. Ich war nicht müde. Die Furcht hielt mich wach. Es war, als würde man auf einem Messer sitzen. Eine falsche Bewegung, und ich würde mich daran schneiden.
    Mein Vater stand am Herd. Der Schinken garte in dem großen Topf. Mein Vater hatte Zwiebeln geschnitten und mit in Milch eingeweichtem Weißbrot, mit dem Hackfleisch, einem Ei und schwarzem Pfeffer und Salz vermischt. Er hatte Fleischbällchen gerollt und wollte gerade anfangen, sie zu braten. Ich hatte versucht, aufzustehen und zum Herd zu gehen, damit ich ihm auf irgendeine Weise das Handy geben könnte, aber ich war gezwungen, weiter am Tisch zu sitzen. Sie hatten mir Fragen nach einer großen Geldtasche gestellt, aber ich wusste nichts, und das kapierten sie vielleicht auch. Nach einer Menge Fragen ließen sie mich in Ruhe. Sie fragten meinen Vater auch nichts mehr, und das war vielleicht das Schrecklichste.
    Mein Vater briet die Fleischbällchen. Ich hatte Angst, aber ich merkte doch, dass es gut roch.
    »Du bist ja eine richtige Hausfrau, Wester. Da macht es ja gar nichts, dass deine Frau verreist ist, oder?« Ich sah meinen Vater an, aber er erwiderte meinen Blick nicht. Was hatte er über meine Mutter gesagt? Wussten die nicht … was geschehen war?
    Der Blonde lächelte und sah zum Herd. »Was macht denn der Schinken so?«
    »Der ist fertig«, sagte mein Vater und zog den Topf von der Platte.
    »Verdammt noch mal!« Der Blonde sah zu dem anderen.
    »Du musst den Topf nehmen und den Schinken rausholen, damit der verdammte Kerl nicht das Kochwasser über uns schüttet!« Er sah wieder zu meinem Vater. »Weg vom Herd, Wester!« Er machte eine Bewegung mit seiner Waffe. Mein Vater stellte sich ein wenig abseits vom Herd. Die Fleischbällchen zischten in der Pfanne.
    Wir hörten einen Traktor in der Nähe. Der Blonde zuckte zusammen. Das Traktorengeräusch kam näher.
    »Wer um Himmels willen ist denn das?« Der Blonde sah zu meinem Vater. »Antworte, verdammt noch mal!«
    Mein Vater zuckte die Achseln. »Das muss der Bauer sein, der versucht, die Straße zu räumen.«
    »Um diese Zeit?«
    »Es ist ja fast Morgen. Er unternimmt wohl einen neuen Versuch, die Straße offen zu halten.«
    »Kommt er bis hierher rauf?«
    »Die Straße geht nun mal bis hierher. Sie endet hier.«
    »Bleibt er dann stehen?«
    »Was meinst du?«
    »Bleibt er dann stehen und redet Scheiße?«
    »Manchmal.«
    »Diesmal nicht«, sagte der Mützenmann, und ich hörte, wie er hinter meinem Rücken mit seiner Waffe hantierte.
    »Nun bleib mal ganz ruhig, Jock«, sagte der Blonde. Er sah zu dem anderen hinüber. »Hast du mich gehört?«
    »Ja, ja. Aber das gilt auch für dich.«
    Ich konnte jetzt die Scheinwerfer von dem Traktor sehen, wie Spitzen aus Licht durch all den Schnee, der wie eine weiße Wand in einem schwarzen Raum wirkte. Vielleicht sah ich auch die Silhouette von Ivar dahinter. Er war nicht alt, obwohl er einen Namen hatte, den Alte trugen. Ivar war in Ordnung. Er redete nicht viel. Er blieb niemals stehen, wenn er hierher kam, auch wenn mein Vater das gesagt halte. Ivar wusste, wie es um uns stand, mit meiner Mutter und allem.
    Er musste doch das Licht von der Küche sehen. Vielleicht wunderte er sich. Ich betete zu Gott, dass er stehen bleiben würde. Der Traktor brummte und bollerte beim Wenden, und ich konnte hören, wie Ivar da draußen die Handbremse zog, und den kleinen Bums, als er aus dem Führerhäuschen sprang.
    »Verdammte Scheiße«, sagte der Mützenmann.
    »Ganz ruhig«, sagte der Blonde. »Wir sind nur ein paar Freunde, die zu Besuch sind, nicht wahr, Wester?« Er sah zu meinem Vater. »Nicht wahr, Wester?«
    »Ja«, sagte

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