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Winterland

Winterland

Titel: Winterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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schon hier«, hatte er geantwortet und das Ticket gegen das Licht gehalten.
    »Ich habe fast schon gedacht, dass du gar nicht wieder hinfahren möchtest«, hatte sie gesagt, »dass du das nur immer gesagt hast.«
    Er hatte nicht geantwortet.
     
    Er rennt durch ein Hotelfoyer. Eine Frau hinter dem Tresen schaut ihm nach, als er über den glänzenden Fußboden rutscht. Als würde man auf Eis laufen. Im Augenwinkel sieht er, wie sich jemand von einem Sofa erhebt und etwas ruft, das an ihn gerichtet sein könnte, aber er bleibt nicht stehen. Auch auf dem Parkplatz, der sich in fünfzig Meter Entfernung von der Straße auftut, bleibt er nicht stehen.
    Er sieht keine Bewegung auf der Straße, als er über den Parkplatz läuft. In der Entfernung die Berge, ihre weißen Kappen. Da gibt es genug Schnee. In diesem Land wohnt der Weihnachtsmann vielleicht dort hinten, kann er gerade noch denken, ehe die Sonne über den Bergen aufgeht, ihre Strahlen auf seine Augen richtet und ihn blind macht.
     
    Sie waren in einem Meer aus Sonne gelandet. Es war die Stunde vor der Dämmerung gewesen.
    »Wie wunderschön«, hatte sie gesagt.
    Als sie aus dem Flugzeug ausstiegen, strömten alle Gerüche auf ihn ein, und es war, als wäre er nie weg gewesen, als würden zwanzig Jahre seines Lebens auf die viereinhalb Stunden komprimiert, die es gedauert hatte, bis zu dieser Insel im östlichen Mittelmeer zu fliegen. Es ist doch etwas Erstaunliches mit Gerüchen, hatte er gedacht. Wenn man einen Geruch vernimmt, kommt die Erinnerung sofort zurück.
    »Und erkennst du alles wieder?«, hatte sie gefragt, als sie über die warme Landebahn zur Ankunftshalle gegangen waren.
    »Flugplätze sehen doch alle irgendwie gleich aus.«
    »Ich meinte die da«, hatte sie gesagt und auf die schneebedeckten Berge im Nordwesten gezeigt.
    »Ich nehme mal an, dass das dieselben Berge sind wie damals.«
    »Sie sind schön.«
    »Man kann dort Ski fahren«, hatte er gesagt, »es gibt sogar Lifte dort.«
    »Ich bin nicht hierher gekommen, um Ski zu fahren.«
    Unerwarteterweise hatten sie nur kurze Zeit auf ihre Taschen warten müssen. Und er hatte alles wiedererkannt. Er hatte angenommen, dass der Flughafen in der Zwischenzeit bis zur Unkenntlichkeit umgebaut worden wäre, aber es schien nicht viel geschehen zu sein. Das war seltsam. Als ob die Zeit stillgestanden hätte, als ob alle Gerüche konserviert und die Zeit und die Erinnerung bewahrt worden wären.
    Sie hatten ein Taxi zur Stadt genommen, die vier Kilometer östlich vom Flugplatz lag. Ihm war, als wären auch die Taxis dieselben, sie waren genauso heruntergekommen wie damals.
    »Das Camp ist immer noch da«, hatte er gesagt und nach links aus dem heruntergekurbelten Fenster gezeigt.
    Sie hatte den Kopf gedreht und die niedrigen Gebäude auf der anderen Seite des kleinen Salzsees betrachtet. Auf dem Grund des Sees gab es jetzt Wasser, nicht viel, aber immerhin Wasser. Im Sommer war der See ein ausgetrockneter Krater.
    Er war in einem schrecklich trockenen Sommer einmal über den Grund des Sees gewandert.
    »Es sieht kleiner aus, als ich gedacht hatte«, hatte sie gesagt. »Das Camp, meine ich.«
    »Es wirkt größer, wenn man näher herangeht«, hatte er geantwortet.
    »Wirklich?«
    »Ja.«
    »Wusstest du, dass es noch existiert? Dass die Gebäude noch da sind?«
    »Nein. Wie sollte ich das wissen?«
    »Wann sind die Vereinten Nationen denn hier weg?«, hatte sie gefragt.
    »Sie sind immer noch da«, hatte er erwidert und einem schwarzen Vogel nachgesehen. Er schwebte über einem der Gebäude des Camps.
    »Ich meine die schwedischen Vereinten Nationen. Du weißt ja wohl, was ich meine.«
    »Die sind auch noch da. Glaube ich. Ein Dutzend Polizisten in Zivil oder so.«
    »Aber die halten sich ja wohl nicht mehr dort auf, oder?«, fragte sie und nickte zu den Gebäuden hinüber. Im Licht der Dämmerung wirkten sie dünn. Da waren fast keine Farben mehr. Es hatte dort noch nie viel Farbe gegeben, ein schwaches Gelb, ein schwaches Blau, aber jetzt hatte die Zeit auch noch die bleichen ursprünglichen Farben weggewaschen. So hatte die Zeit hier gearbeitet, hatte er gedacht, als sie weiter Richtung Stadt gefahren waren. Das Camp ist von der Zeit gezeichnet.
    Sie waren an dem antiken Fort vorbeigefahren, das die Grenze zu der alten Stadt markierte. Die Ruinen waren im Licht der sinkenden Sonne schwarz gewesen. Der Weg wand sich immer noch wie damals um die Festung.
    Die Palmen auf der Strandpromenade waren dieselben

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