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Winterlicht

Winterlicht

Titel: Winterlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melina Marchetta
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war.
    Balthasar.

Kapitel 3

    D ie Stadt Sprie in Sarnak stank nach verfaulten Beeren und gekochtem Kohl. Unrat war zwischen den Pflastersteinen zu ihren Füßen festgetreten, der Schmutz schien den Reisenden bis unter die Haut dringen zu wollen. Es war die letzte Stadt vor der Grenze zu Charyn, und Sir Topher und Finnikin wollten sicherheitshalber lieber hier ihre Vorräte auffüllen, als in irgendeiner Stadt in Charyn zu rasten. Aber auch in Sprie fühlte sich Finnikin stets von Feindseligkeit umgeben. Sarnak hatte neben Lumatere in den vergangenen zehn Jahren am meisten gelitten, und deshalb war die Wut der Einwohner auf die Flüchtlinge aus Lumatere schier grenzenlos. Einst war der Fluss Skuldenore durch Lumatere nach Belegonia und Yutlind geflossen. Tag für Tag waren die besten Erzeugnisse aus Sarnak über den viel befahrenen Strom in alle Teile des Landes verschifft worden. Im milden Klima von Sarnak gedieh fast alles, von saftigen Mangos bis hin zu dicken, süßen Trauben. Frische Forellen aus dem Fluss hatten früher den Weg auf manche königliche Tafel gefunden.
    Aber ohne einen Handelsweg nützten auch die köstlichsten Erzeugnisse nichts. Nach den Fünf Tagen des Unsagbaren hatte sich der Skuldenore in einen nebligen Wirbel aufgelöst, und der einzige Weg, der nun Sarnak mit dem Rest des Landes verband, verlief nach Westen über Sendecane oder nach Osten über Charyn: Das eine Land war eine Wüste, das andere von Feinden bewohnt. Wenn man einmal die Flüchtlingslager außer Acht ließ, war die Armut in Sarnak am größten. Vor zwei Jahren hatten bewaffnete Bewohner ihren ganzen Hass an den Lumaterern, die sich an der südlichen Landesgrenze eingerichtet hatten, ausgelassen. Der König von Sarnak weigerte sich bislang, dieses Gemetzel zur Kenntnis zu nehmen oder es gar zu verurteilen. Warum auch?, dachte Finnikin. Niemand forderte ein Schuldeingeständnis, außer dem Obersten Ratgeber eines ermordeten Königs und seinem jungen Gehilfen, beide Vertreter eines Landes, das gar nicht mehr existierte.
    In der ersten Nacht ließ Sir Topher das Lager tief im Wald aufschlagen. Sie wollten sich hier nur ein wenig ausruhen und die Vorräte auffrischen, um dann unverzüglich weiterzureisen. Sie wagten nicht, ein wärmendes Feuer anzuzünden, denn sie wollten keinesfalls die Aufmerksamkeit von Fremden auf sich ziehen. Und noch mehr fürchteten sie jene Verzweifelten aus Sarnak, die für ihre Misere einen Schuldigen suchten.
    Sir Topher und Finnikin bereiteten sich sorgfältig vor. Sie waren nicht wie die Leute in den Lagern, die darauf warteten, dass sie jemand nach Lumatere zurückbrachte oder dass der Hauptmann der Königlichen Garde entkam und ihre Heimat befreite. Finnikin wusste, dass die Lumaterer nach vorne und nicht zurück blicken mussten, um zu überleben. Obwohl sie den Umweg über Sendecane gemacht hatten und die Novizin mit dem seltsamen Anliegen sie begleitete, verfolgten er und Sir Topher weiter ihr ursprüngliches Ziel: ein Stück Land zu finden, auf dem die Vertriebenen siedeln konnten. Dies war immer ihr konkreter Plan, nie ein bloßer Wunschtraum gewesen.
    Sir Topher hatte beschlossen, dass Finnikin auf den Markt gehen sollte, um ausreichend Proviant für die Reise nach Sorel zu kaufen. „Nimm das Mädchen mit“, sagte er. „Hier verehrt man die Göttin Lagrami. Deshalb wird man eine Novizin und ihren Begleiter in Frieden lassen. Aber gib gut auf sie acht!“
    Die Stadt war ein einziger Irrgarten aus Buden und Straßen. Mehr als einmal verlor die Novizin die Orientierung.
    „Hör zu“, sagte Finnikin energisch. „Bleib in meiner Nähe. Hast du verstanden? Nicke, wenn du mich verstanden hast!“
    Sie nickte, aber er war noch immer nicht zufrieden.
    „Ich möchte, dass du dir diesen Pfiff merkst, für den Fall, dass wir uns verlieren.“ Er imitierte einen Voge l – zweimal, nur um sicherzugehen, dass sie auch wirklich verstanden hatte. Vergeblich wartete er auf eine Reaktion.
    „Du selbst musst gar nicht pfeifen. Horch einfach auf meinen Pfiff.“
    Sie nickte wieder.
    Die Sonne stand bereits tief und die Händler begannen, ihre Waren einzupacken. Finnikin trat an einen Stand, um Vorräte zu kaufen. Augenblicke später hörte er wütendes Geschrei, und als er sich umwandte, sah er einen Jungen in einer der Seitenstraßen verschwinden. Dann beobachtete er, wie die Novizin benommen vom Boden aufstand. Und ehe er ihr etwas zurufen konnte, hatte sie sich schon dem Fliehenden an die Fersen

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