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Wintermädchen

Wintermädchen

Titel: Wintermädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Halse Anderson
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schwarz und tief herabhängen.
    Meine Mutter.
    Ich stelle mich hinter Elijah. »Halt mir den Wind vom Leib, okay?«
    »Was?«, fragt er. »Klar.«
    Ich zähle bis zehn, dann spähe ich hinter seiner Schulter hervor. Sie steht ganz hinten, gleich hinter der Fußballmannschaft, nickt und schenkt den Leuten um sich herum die Andeutung eines Lächelns.
    Jemand tritt auf den Priester zu und flüstert ihm etwas ins Ohr. Vielleicht erklärt er ihm ja, dass kein Mensch auch nur ein Wort von dem versteht, was er da murmelt, weil es so windig ist.
    Der Priester nickt und brüllt: »Lasset uns beten!«
    Ich lehne mich mit der Stirn an Elijahs starken Rücken.
    Am Tag, an dem wir Oma Marrigan beerdigten, folgte ich meiner Mutter über den Friedhof, während ihre Hand von Zeit zu Zeit hervorschoss, um mich vor freiliegenden Wurzeln zu warnen, damit ich nicht stolperte. Ich war dreizehn. Wir liefen unter sterbenden Eichen entlang, auf deren Ästen scharfäugige Krähen entlangschritten, und an zu Marmor erstarrten, engelsgleichen Teenagern, zwischen deren Köpfen und schmalen Schultern sich Spinnennetze spannten.
    Oma wartete in ihrem Sarg neben der frisch ausgehobenen Grube im hinteren Teil des Friedhofs, wo die frisch Verstorbenen hinkamen. Sie hatte sich den Sarg, die Lieder und Gebete selbst ausgesucht. Und sie hatte darum gebeten, lieber für die Bibliothek zu spenden, anstatt Blumen zu schicken.
    Der Pfarrer verteilte kleine Texthefte, damit man den Gebeten besser folgen konnte, aber ich wollte keins. Meine Mutter weinte, ohne das Gesicht zu verziehen, weil Oma es nicht mochte, wenn man sich in der Öffentlichkeit in Szene setzte. Ich war wegen der Tränen meiner Mutter so perplex, dass ich von dem Gottesdienst nicht viel mitbekam.
    Die Totengräber hoben den Sarg meiner Großmutter, als lägen Federn darin. Als sie ihn in die Erde hinunterließen, wehte der Wind und Geisterschatten fielen auf den Boden, die wie Schmetterlingsflügel auf- und zuklappten. Die Marmormädchen flüsterten, und die Geisterschatten schlüpften in mich hinein und versteckten sich in meinem Brustkor b …
    Ich öffne die Augen. Der Pfarrer zitiert immer noch aus der Bibel. Elijah hat den Kopf gen Himmel erhoben und ist die Ruhe selbst. Meine Mitschülerin Mira schluchzt im Arm ihres Vaters. Meine Mutter hat den Kopf gesenkt, ihre Lippen bewegen sich. Ich würde gern wissen, wofür sie betet.
    Mr s Parrish lehnt an ihrem Ehemann. Er lässt seine Wange auf ihren Kopf sinken und seine Arme und Hände halten sie fest, damit sie nicht ins Grab springt. Die Rosenblätter auf dem Sarg wirbeln im Wind. Ein paar steigen kerzengerade in den Himmel auf.
    Die anderen Trauernden erschauern, als der Sturm von Norden einfällt. Rastlose Wolken aus Geistern wirbeln Pfade von einem feuchten Grab zum nächsten.
    »Amen!«, brüllt der Pfarrer gegen den Wind.
    032.00
    Geschafft.
    Der Herr in Schwarz ruft mit Donnerstimme, dass die Familie alle zu sich nach Hause einlädt, um die Trauerfeier dort fortzusetzen und sich gegenseitig Kraft zu spenden. Als Cassies Eltern aus dem Zelt kommen, tritt meine Mutter auf sie zu und sagt irgendwas. Sie umarmen sich und Mom streicht ihnen über den Rücken.
    »Beerdigungen sind ätzend«, sagt Elijah zu mir. »Beim nächsten Mal spielen wir unbedingt Poker. Fertig zum Aufbruch?«
    »Nicht ganz«, antworte ich. »Ich will sehen, wie sie mit Erde zugeschüttet wird.«
    Er verzieht das Gesicht. »Ich warte am Wagen auf dich. Bei Toten wird mir immer ganz komisch.«
    »Lia!« Der Wind weht ihre Stimme fast davon, aber nur fast.
    Verdammt. Sie hat mich entdeckt.
    Ich trete hinter Elijah. »Beweg dich nicht.« Er will sich umdrehen, aber ich versetze ihm einen Stoß in die Rippen. »Ich mein’s ernst!«
    »Was ist denn los?«, fragt er. »Vor wem versteckst du dich?«
    »Vor meiner Mutter.«
    Er versucht schon wieder sich umzudrehen. »Warum?«
    Ich packe sein Hemd und halte ihn fest. »Sorg einfach dafür, dass sie mich nicht sieht.«
    Ich drücke mich an seinen Rücken und verstecke mein Gesicht hinter einem Vorhang aus Haaren. Wagentüren werden geöffnet und zugeschlagen, Motoren heulen auf, Reifen knirschen im Kies.
    »Und warum nicht?«, fragt er.
    Als sie mich zum zweiten Mal stationär aufnahme n … Als sie mich zum zweiten Mal einsperrten, ging es mir sehr, sehr, sehr schlecht. Und meine Eltern wurden sehr, sehr, sehr sauer. Tote, verfaulende Töchter hinterlassen einen widerlichen Geruch, der nicht mehr weggeht, egal wie sehr

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