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Wintermädchen

Wintermädchen

Titel: Wintermädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Halse Anderson
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die Putzfrau schrubbt. Dad und Mom schoben sich abwechselnd die Schuld zu und schoben damit auch Bohnenstange Lia, die kranke, verhungernde Bohnenstange Lia, hin und her, was stimmt bloß nicht mit ihr, das ist alles deine Schuldschuldschuld.
    Meine Mutter wollte bestimmen, wie es weiterging, wollte Dr . Marrigan sein statt Mutter der kranken Lia. Was nicht funktionierte. Die Klinikärzte buddelten einen Burggraben um mich herum und verboten Mom durchzuschwimmen – sie hatte zu warten, bis sich die Zugbrücke für Besucher öffnete. Dann kam sie ein paarmal nicht zur Familientherapie. Sie hatte immer irgendwelche Entschuldigungen parat, aber ich hörte nichts, meine Ohren waren mit Brot und Nudeln und Milchshakes verstopft.
    Ich humpelte neben den anderen kaputten Patientinnen her. Einem der Mädchen hatte man eine Plastiktür in den Bauch operiert, damit sie das Essen dort reinwerfen konnte und ihren Mund nicht benutzen musste. Jedes Mal, wenn sie wütend wurde, kotzte sie alles aus ihrer Bauchtür, knallte sie dann zu und schloss sich ein.
    Ich musste mir meine stoppeligen Beine in Anwesenheit einer Krankenschwester rasieren, damit ich nicht versehentlich eine Ader aufschnitt. Sobald ich eine glatte, rosarote Nacktmaus war, nahm sie mir den Rasierer wieder weg, und ich rollte mich in einer Streichholzschachtel voll Sägemehl zusammen und versteckte mein Gesicht unter dem kalten Mäuseschwänzchen. Die Seelenklempner griffen in ihre Trickkiste und teilten Tabletten aus, wenn es in die Heia ging: Ballaballa-Bonbons in Babyblau und Grau.
    Wochenlang experimentierten sie an mir herum. 4 0 Kilo. 41. 42. 43. Sie stopften die Lia-Gans mit geschmolzenem Käse und Brotbrocken. 44,9. 46,7. 47,1. 47,6. 48. Als mein Gewicht 5 0 Kilo erreichte, wurde ich mit einem nuttenroten Ringbuch voller Vorschriften entlassen: Essenspläne, weitere Sitzungen, magische Beschwörungsformeln Affirmationen, um mich vor negativem Denken zu schützen.
    Ich weigerte mich, zu meiner Mutter zurückzuziehen. Wenn ich so ein schwieriges Kind war, so eine Last für sie, würde ich eben eine andere Unterkunft finden. Sie versuchte es mir auszureden, aber ich zog die Zugbrücke hoch, schob einen eisernen Riegel vor und stellte bewaffnete Wachtposten auf.
    Die Ärzte überreichten Dad und Jennifer eine schwarze Plastiktüte mit rasselnden Fläschchen voller Psychopillen, super geeignet auch als Minikastagnetten, klapperdiklapperdiklapper.
    Elijah lässt die Knöchel knacken. »Warum gehst du deiner Mutter aus dem Weg?«
    »Magst du etwa deine Eltern?«, frage ich.
    »Ich liebe meine Mutter. Mein Dad hat mich windelweich geschlagen und dann rausgeworfen.«
    »Oh«, sage ich. »Das tut mir leid.«
    »Sekunde, wir müssen etwas mehr nach links«, sagt er und dreht sich ein bisschen, um mich weiter von den Blicken meiner Mutter abzuschirmen.
    »Danke. Schaut sie gerade her?«
    »Hatte sie, aber dann haben sich zwei Frauen mit Regenschirmen auf sie gestürzt. Und nun schlagen sie ihr gerade die Handtaschen ins Gesicht. Warum willst du nichts mit ihr zu tun haben? Hat sie deine Puppen als Opfergaben verbrannt? Oder deine Mails gelesen?«
    »Sie will mein Leben managen«, erkläre ich.
    »Was für eine fiese Ziege! Man könnte glatt meinen, dass sie sich für deine Mutter hält oder so.«
    »Sie ist psychisch gestört«, sage ich. »Das Ganze ist kompliziert.«
    »Psychisch Gestörte können sich keine Pelzmäntel leisten.«
    »Die hier schon. Was tut sie gerade?«
    »Ihr Kopf dreht sich wie wild im Kreis, und sie spuckt Frösche und Kröten.«
    »Was erzählst du den n …« Ich luge hinter seiner Schulter hervor.
    Sie steht nur drei Gräber von uns entfernt. »Lia?«, ruft sie.
    »Lia?«, wiederholt Elijah wie ein Echo.
    Er tritt beiseite und nimmt mir meine Deckung.
    Ich trete auf das nächste Grab, Fanny Lott, 188 1– 1924, und hoffe, dass der Erdboden mich verschluckt. Er tut es nicht.
    »Was machst du denn hier?«, fragt Mom Dr . Marrigan.
    »Äh«, sage ich.
    »Du heißt Lia?«, fragt Elijah.
    »Ich dachte, wir hätten uns geeinigt, dass du nicht herkommst«, sagt sie.

»Moment mal.« Elijah hebt seine Hand, um sich Gehör zu verschaffen. »Du bist Lia, die Freundin, die Cassie versucht hat zu erreichen. Warum bist du an dem Abend nicht ans Telefon gegangen?«
    Dr . Marrigan nimmt ihn eine Nanosekunde lang in Augenschein. »Wer ist das denn?«
    »Mein Freund Elijah. Elijah, meine Mutter, Dr . Chloe Marrigan.«
    Sie tritt zwischen uns. »Entschuldige

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