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Wintermaerchen

Wintermaerchen

Titel: Wintermaerchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Helprin
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Penn?«
    »Ja«, antwortete Peter Lake. »Beverly Penn!«
    »Dann weiß ich, wer Sie sind. Ich weiß es von den Bildern in den Archiven. Sie sind der Mann, der auf allen Fotos neben ihr stand und nie identifiziert wurde. Wie kommt es, dass Sie in all den Jahren nicht gealtert sind?«
    »Das möchte ich selber gern wissen«, sagte Peter Lake. »Ich wundere mich schon die ganze Zeit darüber. Aber da kommt Cecil Mature zurück. Wenn Sie mir sagen, wo sich der Tresorraum befindet und welche Nummer das Schließfach hat, gehen wir das Tablett holen und überlassen es Ihnen statt des Pferdes. Wo ist das Pferd?«
    »Ich bin Mr Cecil Wooley«, korrigierte Cecil ihn. Er schleppte einen Sack voller Diamantbohrer und Titansonden und war völlig außer Atem. »Mr Cecil Wooley. Nicht vergessen!«
    »Ich werde daran denken«, antwortete Peter Lake. »Mr Cecil Wooley, möchten Sie ein letztes Mal einen Safe knacken?« Cecil strahlte, aber er hielt den Blick auf den Boden gerichtet. Verlegen schlenkerte er seinen rechten Fuß hin und her. Hardesty teilte Peter die Nummer des Schließfaches und die Lage des Tresorraums mit.
    »Den kenne ich noch von damals, als er das Nonplusultra eines Tresors war«, sagte Peter Lake. »Mit modernen Werkzeugen und Methoden sollte das nicht allzu schwierig sein.«
    »Wollen Sie die Kombination von dem Schließfach und einen Schlüssel für das Schloss im Kastendeckel?«, fragte Hardesty und zog einen Schlüsselring heraus, doch als er sah, dass seine Worte Peter Lake beleidigt hatten, steckte er ihn zurück in die Tasche. Christiana erklärte Peter, wo er das weiße Pferd finden konnte, nämlich in einem Hof an der Bank Street. Man merkte ihr an, dass sie sich nur ungern von dem Hengst trennte.
    »Ich behalte Ihn auch nicht«, sagte er zu ihr. »Er wird dahin zurückkehren, woher er gekommen ist.«
    Während dieses Gespräches hatte Mrs Gamely abseits auf einer Bank vor sich hingeschmollt. Peter Lake ging zu ihr.
    »Sarah, es tut mir leid, dass ich so grob zu Ihnen war. Ich habe mich wirklich an nichts erinnert. Können Sie mir verzeihen?«
    »Aber ja«, antwortete sie. »Sie sind Peter Lake, nicht wahr?« Er nickte.
    Peter und Mr Cecil Wooley, wie sich Cecil lieber nennen ließ, weil er der Meinung war, Wooley würde im Unterschied zu den gewichtigeren Silben von Mature ganz leicht und anmutig klingen – Peter und Cecil gingen los, um den Tresor zu knacken.
    Sie lehnten sich über den Fenstersims und ließen sich von den Mechanikern die restlichen Werkzeuge hochreichen. Dann gingen sie von der Sun in Richtung auf die Bank davon, für die sich Hardesty vor Jahren entschieden hatte, weil sie so nobel, Vertrauen erweckend und einbruchssicher ausgesehen hatte.
    Wenn man mit Willenskraft, Fantasie und Sehnsucht von einer Zeit in die andere springen kann, dann taten dies Peter Lake und Cecil Mature auf der halben Meile, die sie noch von ihrem Ziel trennte. In der Gegenwart existierten sie ohnehin nur für den Preis von viel Leid. Sie ahnten, dass sie sich bald erheben und davonfliegen würden. Nachdem sie nur noch mit einem Faden an diesem Zeitalter hingen, hörten sie beinahe schon die Chöre der Stimmen, die auf- und abschwellenden Töne, welche die Erde erbeben lassen und von jenseits des wirbelnden Rauchvorhangs zu ihnen dringen würden. Sie spürten zuinnerst, dass die Vereinigung von Chaos und Ordnung unmittelbar bevorstand, denn schon kam sie auf die turbulente, von ruhigen blauen Buchten umgebene Stadt zu. Sie erblickten Bilder, die von weither auf den wogenden, in Stößen hervor quellenden Rauch projiziert waren. Peter Lake begriff augenblicklich, dass die Summe aller Dinge zwar einer wegelosen Unendlichkeit entgegenstrebte, jedoch einen starken, unauslöschlichen Abglanz hinterlassen würde. Im Geiste sahen er und Cecil noch einmal kurz die Stadt in ihrer Blütezeit, wie sie sie einst gekannt hatten: Pferde, die vor Wagen gespannt waren, schwer arbeitende Schneeräumer, Feuerwehrleute mit ihren urnenförmigen Löschfahrzeugen, das Gewirr von Telefondrähten voller Eiszapfen, alte Seidenstoffe und diamantenbesetzte Revers – lauter unschuldige, flüchtige Eindrücke, die erstanden, um ein unwissendes Gesicht bis ans Ende der Zeiten zu erhellen. Sie vernahmen das Hufegeklapper, das traurige Tuten vollbeladener Fährschiffe, das Rasseln von Pferdegeschirr, die Rufe der Straßenhändler und das Geräusch hölzerner Räder über dem Kopfsteinpflaster. Peter Lake wusste, das all diese Dinge für

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