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Wintermaerchen

Wintermaerchen

Titel: Wintermaerchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Helprin
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Transporter für flüssigen Wasserstoff umbauen. Mr Wooley, zeichnen Sie die Pläne für eine Titanschmelze in Botswana. Mr Wooley, tun Sie dies, Mr Wooley, tun Sie das! Ich kann nicht mehr !«
    Mootfowl erschien wie aus dem Nichts. »Er will, dass Sie herausfinden, wie weit sich das Feuer schon ausgebreitet hat. Es kommt mit rasender Geschwindigkeit von Norden her, und er sagt, Sie sollen ganz nah rangehen, sich ein bisschen umsehen und vielleicht etwas über die Short Tails herausfinden.«
    »Und was wird aus dem hier?«, fragte Cecil und zeigte auf den Stapel Memos mit dem Vermerk Dringend. »Was ist mit dem Spannungsabfall in Black Tom, der Polarisierungsumkehr in Diamand Shoals und den Schaltrelais, die in South Bay ausgewechselt werden müssen? Wie soll das alles fertig werden?«
    »Er sagt, darum brauchen Sie sich nicht weiter zu kümmern.«
    »Mich nicht kümmern? Nach all den Jahren? Wollen Sie sagen, er selbst kümmert sich auch nicht mehr darum?«
    »Genau.«
    Cecil war verblüfft. »Und was ist mit Ihnen? Sind Sie nicht auch nervös? Ich bin es, bei Gott! Die Stadt brennt, wir sind von allen Seiten unter Druck, im Hafen geht es derart zu, dass ich wirklich nicht weiß, wie in aller Welt die Objektive stabil bleiben sollen – und sie müssen absolut stabil sein, damit die Strahlen perfekt ausgerichtet werden können, wo nun die Eislinsen futsch sind, und …«
    »Machen Sie sich deswegen keine schlaflosen Nächte, Cecil«, sagte Mootfowl. » Ich tue es jedenfalls nicht.«
    Cecil wollte seinen Ohren nicht trauen. »Wie ist das möglich?«, fragte er. »Sie? Dabei kenne ich keinen Kirchenmann, der so nervös, sprunghaft, starrköpfig und überdreht ist wie Sie! Wir sind doch so dicht vor dem Ziel!«
    »Begreifen Sie eigentlich, was passiert, wenn wir die Brücke schlagen und sie hält tatsächlich, Cecil?«
    »Ewiges Heil, Himmel auf Erden, der Anblick Gottes, das goldene Zeitalter, alles schön und schlank«, antwortete Cecil mit einer Ehrfurcht, in die sich flammende Begeisterung mischte.
    »Genau das«, bestätigte Mootfowl. »Aber was bleibt dann für uns?«
    »Was?«, sagte Cecil und fiel beinahe vom Stuhl.
    »Wir hätten nichts mehr zu tun. Wenn alles eitel Freude wäre, dann würde man uns nicht mehr brauchen, oder?«
    »Aber wünschen Sie sich das denn nicht?«
    »Offen gesagt, nein. Ich habe meine Meinung geändert. Und er scheint es sich auch noch einmal zu überlegen. Uns gefällt alles, wie es ist. Es macht uns Spaß, dieses Auf und Ab der Waagschalen, dieser dauernde Krieg zwischen Gut und Böse, diese wunderbaren kleinen Siege der Seele. Vielleicht ist es zu früh, um mit all dem ein Ende zu machen. Vielleicht brauchen wir noch etwas Zeit, um das alles zu durchdenken.«
    »Noch einmal hundert Jahre?«, fragte Cecil.
    »Wir haben der herrlichen Zeiten gedacht, die uns vergönnt gewesen sind, und wir haben uns für weitere tausend Jahre entschieden, vielleicht sogar zweitausend.«
    »Und was ist mit Peter Lake?«
    »Muss sein Sieg denn absolut sein? Keiner hat das erreicht, nicht einmal Beverly Penn oder irgendjemand von denen, die vor ihr waren. Allerdings – wenn sein Augenblick gekommen ist, dann könnte es passieren, dass er seine Vorgänger ganz schön in den Schatten stellt und uns die ganze Angelegenheit aus der Hand nimmt. Bis jetzt hat das niemand geschafft, aber wer sagt uns, dass er es nicht tut? Soweit wir wissen, läuft bei ihm alles bestens.«
    »Haben Sie ihn gefunden?«
    »Gegen zwei Uhr morgens«, sagte Mootfowl. »Er schlief, an eine Maschine gelehnt. Das hat er von mir .«
    »Von wegen!«, zischte Cecil. »Erinnern Sie sich nicht, wo und wie Sie ihn aufgegabelt haben?«
    »Nun ja, aber ich habe seine Sinne für das Wesen der Maschinen geschärft! Erinnern Sie sich nicht, dass er glaubte, Maschinen seien Tiere?«
    »Wo ist er jetzt?«
    »Sie haben ja immer zu ihm gehalten, mehr als jeder andere.«
    »Er hat eine Menge durchgemacht.«
    »Das haben wir alle«, sagte Mootfowl. »Soweit ich weiß, war er zuletzt bei der Sun . Bleiben Sie nicht zu lange fort! In wenigen Stunden schlagen wir die Brücke, und wenn sie hält … Wenn sie hält, nun, dann denke ich mir, dass Sie ganz gern dabei wären.«
    *
    Auf dem Printing House Square wimmelte es von Überlebenden. Benommen hielten sie Ausschau nach Menschen, die sie liebten. Aus Angst, sich allzu sehr von jenen abzuheben, die dem Untergang nah und allein waren, unterdrückten Familien, die sich wiedergefunden hatten, ihre Freude,

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