Wintermaerchen
und Weiblein splitternackt miteinander badeten, solange es nur ohne alle Scheu und ohne Geheimnistuerei geschah. Diese Art des Badens hatte er in Japan kennen gelernt. Sie war ein Ausdruck höchster Kultiviertheit, davon war er felsenfest überzeugt.
Die Wanne, ein kleiner, einladender, schaumbedeckter See, war nun halb voll. Oben auf dem Dach hatte Peter Lake soeben die große Luke und die hell erleuchtete Wendeltreppe entdeckt. Zuerst dachte er, es sei eine Falle, aber dann überlegte er sich, dass es auch Glück sein konnte. Die Tür war nämlich aus Stahl. Jemand musste nach Verlassen des Solariums vergessen haben, sie zu schließen. Peter beschloss, es auf einen Versuch ankommen zu lassen. Er zog eine Pistole aus der Tasche und machte sich auf den Weg nach unten.
Beverly hob die Arme über den Kopf und stellte sich vor den Spiegel. Ja, sie war schön. Wie herrlich, schön zu sein und sich gesund zu fühlen!
Gerade als sich Peters Augen an das helle Licht auf der Wendeltreppe gewöhnt hatten, sprang Beverly mit den Füßen voran in die große Wanne, dass das Wasser hoch aufspritzte.
Auf der Wendeltreppe wurde es Peter fast schwindelig.
Beverly drehte sich wohlig auf den Rücken und breitete die Arme aus.
Peter kam unten an. Mit vorgehaltener Pistole blickte er sich argwöhnisch um.
Beverly hielt sich am Rand des Beckens fest und plantschte mit den Beinen. Dazu trällerte sie ein Liedchen. Das lange, blonde Haar hatte sie hochgesteckt. Ihre Haut war feiner und weißer als Elfenbein, ihr schlanker Körper mit den langen Beinen von vollendeter Schönheit. Falls das Fieber überhaupt zurückkehrt, dann hoffentlich erst nach dem Bad, sagte sie sich. Dann würde sich ihre Haut plötzlich röten wie ein blühendes Rosenbeet … Aber daran wollte sie jetzt nicht denken.
Peter fürchtete nicht mehr, in eine Falle gegangen zu sein. Er stand nun in Isaac Penns Arbeitszimmer. Es war in der Tat luxuriös eingerichtet, für einen Einbrecher ein wahrer Augenschmaus. Hier gab es zehntausend in Leder gebundene Bücher, eine schimmernde Kollektion alter Navigationsinstrumente, Chronometer und Ferngläser aus Messing, von einem halben Dutzend Ölgemälden ganz zu schweigen. Peters Blick fiel auf den Rücken eines Buches, das zusammen mit vielen anderen hinter Glas in einer Vitrine stand. Unten am Rand des Regals war ein Kärtchen befestigt. Darauf standen die beiden Wörter Gutenberg und Bibel . Wertloser Schmöker, dachte Peter Lake. Sehr alt konnte dieses Buch nicht sein. Anscheinend fand jemand in Guttenburg, einer kleinen Stadt in New Jersey im Nordwesten von New York, Spaß daran, solche dicken, unhandlichen Bibeln zu drucken. Genau über dem Schreibtisch aus dunklem Mahagoni, der größer war als die Kammer einer Hausmagd, hing ein Gemälde, auf dem ein Rennpferd auf einer grünen Wiese dargestellt war. Hinter solchen Bildern, das wusste Peter Lake, befand sich meist die Tür eines in die Mauer eingelassenen Panzerschranks. Er rückte das Gemälde ein wenig von der Wand ab und sagte verblüfft: »Eine Tür so groß wie bei einem Tresorraum in einer Bank!«
Der alte Penn war in vielerlei Hinsicht ein Genie. Aber er war auch schrullig und hatte seine Launen. Als Liebhaber der Wissenschaften hatte er sein zuletzt geborenes Kind Oxygen – Sauerstoff – nennen wollen, aber die ganze Familie hatte ihn bestürmt, doch bitte einen etwas gebräuchlicheren Namen zu wählen. Die kleine Willa hatte Glück gehabt. Immerhin hatte es Isaac Penn einige Jahre zuvor fertiggebracht, seinem Sohn Harry einen zweiten Vornamen zu verpassen, der ebenfalls recht ungebräuchlich war: Brasilius.
Beim Bau seines Hauses war Isaac Penn ebenfalls eigene Wege gegangen. Der Panzerschrank, über den Peter Lake sich gerade so freute, gehörte zu den ausgefalleneren Ideen des Hausherrn. Obwohl das ganze Gebäude eine Art Festung war, hatte Isaac Penn dafür gesorgt, dass sich niemand, der diesen Panzerschrank zu knacken versuchte, über Mangel an Arbeit hätte beklagen können. Der Tresor befand sich in einem Gehäuse aus gehärtetem Spezialstahl, das aus mehreren Schichten bestand und insgesamt fünfzehn Zoll dick war.
Von all dem wusste Peter Lake natürlich nichts. Ahnungslos begann er zu bohren. Eine halbe Stunde später war das Loch so tief, dass der Zwei-Zoll-Bohrer ganz darin verschwand. Peter legte die Bohrmaschine beiseite und steckte die spitze Ahle in das Loch, um die genaue Tiefe auszumessen. Vielleicht war die Panzerung aufgrund einer
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