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Wintermond

Wintermond

Titel: Wintermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Sie versuchte, den Riegel mit der anderen Hand zu öffnen, doch nun ließ er sich gar nicht mehr bewegen. Sie gab auf. Sie schob Toby hinter sich, drehte sich mit dem Rücken zur Tür und stand den beiden Geschöpfen gegenüber. Waffenlos.
    Der Schneepflug war von einem Ende bis zum anderen gelb lackiert. Der Großteil des massiven Stahlgerüsts lag frei, und nur der starke Dieselmotor und das Führerhäuschen waren umschlossen. Dieses schmucklose Fahrzeug sah aus wie ein riesiges exotisches Insekt. Die Planierraupe wurde langsamer, als der Fahrer mitbekam, daß jemand mitten auf der Straße stand, doch Jack befürchtete, daß der Bursche wieder beschleunigen würde, sobald er das Schrotgewehr sah. Er bereitete sich darauf vor, neben dem Fahrzeug herzulaufen und während der Fahrt aufzuspringen. Doch der Fahrer hielt trotz der Waffe an. Jack lief auf die Seite, wo er etwa drei Meter über dem Boden die Tür des Fahrerhäuschens sah. Die Reifen des Schneepflugs waren etwa anderthalb Meter hoch, und ihr Profil sah schwerer und härter aus als das von Panzerketten. Der Bursche oben würde wohl kaum die Tür öffnen und zu einem Pläuschchen herabsteigen. Er würde wahrscheinlich nur das Fenster herunterkurbeln, eine gewisse Distanz bewahren und ein Gespräch führen, bei dem sie den kreischenden Wind übertönen mußten - und wenn er etwas hörte, das ihm nicht gefiel, würde er aufs Gaspedal treten und zusehen, daß er Land gewann. Falls der Fahrer keinem vernünftigen Argument zugänglich sein oder zu viel Zeit mit Fragen verschwenden sollte, würde Jack zur Tür hinaufklettern und tun, was er tun mußte, um die Herrschaft über das Fahrzeug zu gewinnen, wenn er den Burschen nicht gerade umbringen mußte. Zu seiner Überraschung öffnete der Fahrer die Tür vollständig, lehnte sich heraus und sah herab. Er war ein rundlicher Kerl mit einem Vollbart und langem Haar, das unter einer John DeereKappe hervorquoll. Er übertönte das gemeinsame Tosen des Motors und des Sturms: »Haben Sie Probleme?«
    »Meine Familie braucht Hilfe!«
    »Was für Hilfe?«
    Jack wollte nicht einmal versuchen, dem Fahrer zu erklären, daß es sich um die Begegnung mit einem Außerirdischen handelte. »Um Himmels willen, sie könnten sterben!«
    »Sterben? Wo?«
    »Auf der Quartermass-Ranch!«
    »Sind Sie der Neue?«
    »Ja!«
    »Kommen Sie hoch!«
    Der Typ hatte ihn nicht einmal gefragt, warum er ein Schrotgewehr dabeihatte, als würden alle Bewohner Montanas mit so einem Ding herumlaufen. Zum Teufel, vielleicht war dem ja auch so. Die Schrotflinte in der rechten Hand, zog Jack sich zum Führerhäuschen hoch. Dabei achtete er genau darauf, wohin er trat. Er war nicht so töricht zu versuchen, wie ein Affe hinaufzuklettern. Schmutziges Eis verkrustete stellenweise das Gerippe. Jack rutschte ein paarmal ab, fiel aber nicht. Als Jack die offene Tür erreicht hatte, griff der Fahrer nach der Schrotflinte, um sie im Führerhäuschen zu verstauen. Jack gab sie dem Mann, obwohl er einen Augenblick lang befürchtete, einen Tritt vor die Brust zu bekommen und wieder auf die Straße geworfen zu werden, sobald er die Mossberg aus der Hand gegeben hatte. Doch der Fahrer blieb ein guter Samariter. Er verstaute die Waffe. »Das hier ist keine Limousine«, sagte er dann, »nur ein Sitz, ziemlich eng. Sie müssen hinter mir auf dem Boden Platz nehmen.«
    Die Nische zwischen dem Fahrersitz und der Rückwand des Führerhäuschens war gut einen halben Meter breit und anderthalb Meter tief. Die Decke war niedrig. Auf dem Boden standen ein paar rechteckige Werkzeugkisten, und er mußte den zur Verfügung stehenden Platz mit ihnen teilen. Als der Fahrer sich vorbeugte, kroch Jack mit dem Kopf zuerst in diesen engen Lagerraum und zog die Beine nach, so daß er halb auf der Seite lag und halb saß. Der Fahrer schloß die Tür. Das Poltern des Motors war noch immer ziemlich laut, und das Pfeifen des Windes ebenfalls. Jacks angezogene Knie befanden sich hinter dem Fahrer, und sein Körper krümmte sich in einer Linie mit der Gangschaltung und den anderen Kontrollen rechts von dem Mann. Wenn er sich nur ein paar Zentimeter vorbeugte, konnte er direkt ins Ohr seines Retters sprechen.
    »Alles klar?« fragte der Fahrer.
    »Ja.«
    Sie mußten im Führerhäuschen nicht schreien, aber doch laut sprechen.
    »Dann machen Sie es sich bequem«, sagte der Fahrer. »Wir kennen uns zwar noch nicht, aber wenn wir da oben ankommen, können wir das Aufgebot bestellen.« Er legte den

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